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HILFE AUS DER FERNE: Telemedizin macht es möglich. HILFE VOR ORT: Im Einsatz für Ärzte ohne Grenzen
Diesem ersten Einsatz folgen weitere Missio- dem insgesamt 15 Länder profitierten. Heraus
nen, bei denen sich der Arzt immer wieder kam ein Gesundheitsprogramm, das das Über-
damit befassen muss, wie große Menschen- leben von Tausenden Menschen gesichert hat.
mengen medizinisch versorgt werden können. Finkbeiner arbeitet gerne an der Lösung
Finkbeiner nimmt aus dieser Zeit nicht nur von Problemen und nutzt dabei sein breit ge-
Wissen über ein effektives und effizientes Han- fächertes Wissen. Stößt er auf Hindernisse,
deln mit, um vielen Menschen schnelle Hilfe lässt er sich davon nicht abhalten – im Gegen-
zukommen zu lassen. Auch die Erfahrung, wie teil, sie motivieren ihn weiterzumachen. Der
wichtig „Proximity“ – also die Nähe zum Pati- Lohn liegt für ihn auch in der Gewissheit, etwas
enten – für die Behandlung ist, beeindruckt ihn bewirkt zu haben: „Wenn man herausfindet,
nachhaltig. wie man viele Menschen in kurzer Zeit effektiv
2001 geht der Mediziner auf seine letzte behandeln kann und man daran beteiligt war,
Mission für Ärzte ohne Grenzen. Es geht nach dass diese Menschen heute noch leben, ist das
Sierra Leone. Im selben Jahr ist er auch in sehr motivierend.“
Tübingen an der Universität in der Intensiv- Nach seiner Zeit in Amerika zieht es
medizin tätig. „Ich habe zwei sehr gegensätz- Finkbeiner mit seiner Familie zunächst wieder
Der hoch akademisierte Universitätsmedizin und mer noch viel in der Welt umher, hält Vorträge.
liche Seiten der Medizin kennengelernt – die nach Tansania. Dort arbeitet er, reist aber im-
Multiprofessionelle braucht. Das kann man als Spannungsfeld be- gezwungenermaßen mehr zu Hause und sieht
die Medizin, die man in Krisengebieten Nun, in Zeiten von Corona, ist der Mediziner
darin – ganz Pragmatiker, der er ist – auch vie-
zeichnen, aber beide Bereiche haben ihre Be-
rechtigung, und es schärft den Blick immer le Vorteile: „Ich habe schon seit Jahren dafür
wieder neu und regt zum stetigen Überdenken plädiert, Telemedizin und digitale Kommuni- NEUGIERIG: Dr. Finkbeiner war schon früh im Ausland tätig.
an“, so Finkbeiner.
kation mehr zu nutzen. Die Qualität unserer
Arbeit hat nicht gelitten, weil wir nun mehr das Joggen. „Joggen hat den Vorteil, dass man
Studium in den USA Videokonferenzen machen. Außerdem schont es überall machen kann – egal, ob man gerade
Weil ihn das Verknüpfen verschiedener Aspek- es die Umwelt, weniger zu reisen.“ Und schließ- in Tansania ist oder in Deutschland.“<
te und Disziplinen in der Gesundheitsversor- lich bleibt ihm nun mehr Zeit für sein Hobby, $ MIRIAM MIRZA
gung interessiert, beschließt der Kinderarzt,
noch einmal zu studieren und entscheidet sich
für ein Public-Health-Studium in den USA mit INFO TELEMEDIZIN FÜR OSTAFRIKA
dem Schwerpunkt Gesundheitsfinanzierung.
Nach diesem Studium absolviert er von 2004 DER UNTERNEHMER. Dr. Thomas Finkbeiner ist Geschäftsführer der Beraterfirma Capsele. Das
bis 2006 ein epidemiologisches Fellow- in Tübingen ansässige Unternehmen berät unter anderem Regierungen, Forschergruppen und
ship-Programm der amerikanischen Gesund- die Weltbank bei der Planung von Gesundheitsprogrammen mit dem Schwerpunkt auf digitalen
heitsbehörde CDC. In seiner Tätigkeit dort legt Lösungen. Capsele hat beispielsweise eine Telemedizinplattform für den ostafrikanischen Raum
er seinen Arbeitsschwerpunkt auf die Unter- entwickelt, über die Patienten mit Gesundheitsdienstleistern in Kontakt treten können. Daneben
brechung der Übertragung von HI-Viren von berät das Unternehmen Praxen, Medizinische Versorgungszentren und Krankenhäuser zu digitalen
der Mutter auf das Kind. Die US-Regierung Lösungen in der Patientenversorgung.<
hatte viel Geld in das Programm gesteckt, von
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