Page 18 - xpress_Ausgabe 19.2
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Porträt




                                                                               mehr Menschen vereinsamen, ist das beson-
                                                                               ders wichtig.
                                                                                 Für die Medizinische Fachangestellte ist der
                                                                               soziale Aspekt ihrer Arbeit von großer Bedeu-
                                                                               tung. „Mir war schon früh klar, dass ich einen
                                                                               sozialen Beruf ergreifen wollte.“ Darum absol-
                                                                               vierte die 39-Jährige nach ihrem Schulab-
                                                                               schluss 1995 zunächst eine Ausbildung als
                                                                               Kinderpflegerin. „Ich liebe Kinder, aber ich
                                                                               habe dann irgendwann gemerkt, dass dieser
                                                                               Beruf doch nicht das Richtige für mich ist“,
                                                                               erinnert sie sich. Als sich ihr dann die Gelegen-
                                                                               heit bot, in einer Hausarztpraxis eine Ausbil-
                                                                               dung zur Medizinischen Fachangestellten zu
                                                                               machen, fühlte sie sich angekommen. Die Ar-
                                                                               beit mit den Kollegen, der Austausch mit dem
                                                                               Arzt und der enge Kontakt zu den Patienten,
                                                                               das hat ihr sofort gefallen. Inzwischen arbeitet
                                                                               sie seit zwölf Jahren in der Gemeinschaftspra-
                                                                               xis der Brüder Michael und Dr. Jürgen Niesen.
                                                                                 Die Ausbildung zur Medizinischen Fachan-
          YVONNE BEHRENS                                                       gestellten erforderte Fleiß. Doch sie arbeitete
                                                                               sich begeistert in das neue Arbeitsfeld ein. Ir-
                                                                               gendwann war sie so gut, dass sie ihr Wissen
                                                                               weitergeben konnte und Vorträge zum Thema
                                                                               Hausarztverträge hielt. Gemeinsam mit ihrem
                                                                               Chef, Michael Niesen, der sich auch im Hausärz-
                                                                               teverband engagiert, organisierte sie Veran-
                                                                               staltungen und knüpfte für den Verband wich-
                                                                               tige Kontakte.
                                                                                 Vor acht Jahren bekam sie das Angebot, eine
                                             Die
         ch bin die VERAH.“ Wenn Yvonne Behrens                                Weiterbildung zur VERAH zu machen. Die Fort-
                                                                               bildung, die der Deutsche Hausärzteverband
         das sagt, schaut so mancher verwirrt, weil                            entwickelt hat und die mittlerweile zu einem
       Isie doch eigentlich Yvonne heißt. Doch es                              bundesweiten Erfolgsmodell geworden ist, war
        stimmt, die Medizinische Fachangestellte aus                           anspruchsvoll: Es galt, sich viel neues Wissen
        dem münsterländischen Ochtrup ist eine   VERAH                         anzueignen, ein Hospitationspraktikum zu
          VERAH, das ist die Abkürzung für „Versor-                            machen, eine Hausarbeit zu schreiben und auch
        gungsassistentin in der Hausarztpraxis“. Um                            noch eine abschließende Prüfung zu bestehen.
        sich so nennen zu dürfen, musste sie eine in-                          Die Mehrarbeit schreckte Behrens nicht. Im
                                              Die MFA Yvonne Behrens hat
        tensive Fortbildung absolvieren, die es ihr                            Gegenteil, für sie war es mal wieder die Gele-
                                              eine Weiterbildung zur „Versor-
        erlaubt, selbstständige Hausbesuche bei Pati-                          genheit, etwas Neues zu lernen und den eige-
        enten zu übernehmen und dort nichtärztliche   gungsassistentin in der Haus-  nen Horizont zu erweitern. Darum sagte sie zu
                                              arztpraxis“ (VERAH) absolviert.
        Tätigkeiten auszuführen.                                               und wurde gemeinsam mit einer Kollegin zur
                                              Dadurch kann sie selbstständig
          Behrens ist quasi der verlängerte Arm der                            VERAH-Pionierin in Ochtrup und ihrer Region.
        Praxis, wenn sie mehrmals in der Woche ihre   Hausbesuche bei Patienten   Mit ihrer speziellen Ausbildung, ihrem
        Hausbesuche bei Patienten macht, die chro-                               Lerneifer und der Bereitschaft, sich zu enga-
                                              durchführen und so ihren Chef
        nisch krank oder nicht mehr mobil genug sind,                          gieren, hätte sie sicher leicht in einer Großstadt
                                              entlasten.
        um in die Praxis zu kommen. Sie beobachtet                             eine Anstellung gefunden. Doch Ochtrup zu
        den Heilungsverlauf nach einem Krankenhaus-                            verlassen, sei ihr nie in den Sinn gekommen, so
        aufenthalt oder kontrolliert den Blutdruck und                         die Medizinische Fachangestellte. Sie ist tief
        die Zuckerwerte, aber – und das ist für so man-                        verwurzelt in ihrem Geburtsort. „Die Hektik
        chen Patienten fast noch wichtiger – sie fragt                         und das Überfüllte einer Großstadt sind nichts
        auch nach dem Wohlbefinden, hört zu, ist an-                           für mich. Hier habe ich doch alles, was ich brau-
        wesend. Gerade in einer Zeit, in der immer                             che“, findet sie.


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