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Titelgeschichte
Ärzte erfolgt nicht über einen simplen Link,
sondern zwingend über den Konnektor. Das
entschärft die in den bisherigen Sicherheits-
analysen der Gesundheitsakten sehr proble-
matische Schnittstelle zwischen Patienten-App
und Arzt-IT. Die App auf dem Mobilgerät des
Patienten wird zudem an die elektronische
Gesundheitskarte gekoppelt, was es wiederum
deutlich schwerer machen wird, sich auf dem
Weg über das Mobilgerät Zugang zu den Daten
Abb.: iStock.com © ojogabonitoo
zu verschaffen.
Macht das wirklich einen Unterschied? Die
gematik sagt Ja. „Wir haben den schriftlichen
Bericht über die Gesundheitsaktenmängel
schon vor der Präsentation analysiert und sind
froh, dass wir bei allen dort aufgeführten
Punkten sagen können: Das wäre mit einer
Akte gemäß gematik-Spezifikation so nicht Ärzte geben der Klar ist, dass diese Zugangswege dann etwas
passiert“, betont etwa Holm Diening, Leiter weniger sicher sind als die „klassische“, streng
Patientenakte der
Datenschutz und Informationssicherheit bei eGK-basierte „Dauerauthentisierung“ über
der gematik. Die Ende 2018 vorgelegte techni- Kartenlesegerät oder NFC. Auch ein Siegel des
sche Spezifikation der elektronischen Patien- gematik gute Noten. Bundesamts für Sicherheit in der Informati-
tenakte nach §291a sei nach Veröffentlichung onstechnik (BSI) werden die alternativen Au-
der Sicherheitsanalyse an nur einer Stelle nach- thentisierungswege wohl nicht bekommen. Ob
gebessert worden: „Das war aber kein Problem, kardiologische Arztbriefe oder ausschließlich er die Alternativen nutzen will oder nicht, soll
bei dem man Schweißperlen auf der Stirn be- radiologische Befunde der Schulter anzeigen jeder Versicherte selbst entscheiden können.
kommt“, so Diening. lassen können. Das funktioniert deswegen, weil Klar ist: Jede Patientenakte nach §291a muss
Die Krankenkassen, die ihre Gesundheits- die gematik ihre Patientenakte nicht als reinen den sicheren Zugangsweg anbieten. Anbieter
akten zumindest teilweise schon den Versi- Dokumenten-Container konzipiert hat, son- können also nicht einfach die Sicherheit ab-
cherten zugänglich machen, sind jetzt aufge- dern als eine Akte, die auch strukturierte Da- wählen.
rufen, sie schrittweise den Anforderungen des ten vorsieht: „Davon sind TK-Safe oder Vivy in
Notfalldaten und E-Medikationsplan
§291a anzupassen, damit im Jahr 2021 dann den derzeitigen Versionen weit entfernt. Das
wirklich jeder Versicherte die Möglichkeit hat, zeigt, dass diese Akten die Bedarfe der Patien- Anders als die elektronische Patientenakte
eine solche sicherere Akte zu nutzen. Bis dahin tenversorgung nicht auf dem Schirm haben“, sind die ebenfalls im §291a niedergelegten
können die bisherigen Gesundheitsakten ge- so Butz. elektronischen Notfalldaten und elektroni-
nutzt werden, und einige Praxis-IT-Hersteller Eine offene Flanke ist derzeit noch die mo- schen Medikationspläne bereits fertig entwi-
haben auch Schnittstellen geschaffen oder die- bile Authentifizierung der Versicherten. Bisher ckelt und sollen nach Anbindung der Ärzte
se in Aussicht gestellt. gilt eine feste Kopplung an die elektronische zügig zur Verfügung gestellt werden. Auf den
Gesundheitskarte. Das macht die Akte sehr Markt gebracht werden diese Anwendungen
Gute Noten für die gematik sicher, bedeutet aber, dass der Versicherte ein von den Herstellern der Konnektoren, zusätz-
Von Ärzteseite bekommt die Patientenakte der Lesegerät ans Mobilgerät stecken müsste oder lich müssen die Praxissoftware-Unternehmen
gematik übrigens gute Noten: „Die gematik-Ak- dass die eGK bei Nutzung der mobilen Akte ihre Systeme darauf vorbereiten. Bevor ein
te kommt unseren Vorstellungen sehr nahe“, kontinuierlich per Near Field Communication Konnektorhersteller elektronische Notfallda-
sagt etwa der Leiter des Dezernats Telemedizin (NFC) mit dem Smartphone interagiert. Letz- ten oder Medikationspläne anbieten darf, muss
und Telematik bei der Bundesärztekammer, teres wäre komfortabel, aber die derzeitigen er einen Feldtest organisieren und sich mit den
Norbert Butz. Die vorgesehene inhaltliche Drei- eGKs geben das technisch noch nicht her. Bun- Ergebnissen um eine Zulassung der gematik
teilung in eine „Patientenschublade“ für eigene desgesundheitsminister Jens Spahn hat eine bemühen. Erste Feldtests werden im Jahr 2019
Daten, eine „medizinische Schublade“ für Daten entsprechende Gesetzesänderung aber schon stattfinden, zumindest einer ist schon offiziell
medizinischer Einrichtungen und eine „Kran- auf den Weg gebracht, sodass künftige eGKs angemeldet. Notfalldaten und E-Medikation
kenkassenschublade“ für Kostenträgerdaten wohl NFC-fähig sein werden. dürften daher ab 2020 in größerem Umfang
mache Sinn. Unabhängig davon soll es zusätzliche, „al- ihren Weg in die Versorgung finden.
Gelobt wird auch der Ordnungsmechanis- ternative“ Authentisierungsverfahren geben, Beim Stichwort E-Medikation stellt sich
mus, den die gematik zumindest ansatzweise bei denen die enge Kopplung an die eGK auf- natürlich die Frage, was mit den Apothekern
entwickelt hat, und der eine umfangreiche, gehoben ist. Wie genau diese alternativen ist. Die haben sich bei dieser Anwendung sehr
schubladenübergreifende Filterung der Daten Verfahren aussehen, war bei Redaktions- zurückgehalten und wollen erst mit dem elek-
erlaubt. So soll sich ein Arzt beispielsweise nur schluss Mitte Februar noch in der Diskussion. tronischen Rezept ernsthaft in die Telematik
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