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Porträt
schwierig. Es gab zum Beispiel kein ara-
bisch-deutsches Wörterbuch, weshalb wir
Deutsch über Englisch lernen mussten. Außer-
dem legte ich gleichzeitig Prüfungen für mein
Medizinstudium ab. Der Druck war enorm“,
erinnert er sich. Aboudan lernte wie ein Beses-
sener. Um seine Deutschkenntnisse zu verbes-
sern, suchte er Kontakt zu Österreichern und
nahm sich bei österreichischen Familien eine
Unterkunft.
Nach ein paar Semestern hatte er genug
von den überlaufenen Hörsälen der Wiener
Universität und schrieb sich 1959 an der
Mainzer Universität ein. Die familiäre Atmo-
sphäre gefiel ihm, aber der junge Mann spür-
te, dass die Deutschen die Folgen des Krieges
noch nicht überwunden hatten. Seine ersten
Eindrücke waren jedoch überwiegend positiv:
„Die Deutschen waren zurückhaltend, viele
noch spürbar traumatisiert, aber freundlich.“
Dennoch waren kulturelle Unterschiede oft
DR. FAES ABOUDAN ein Hindernis für den Syrer. „Nur die Sprache
zu lernen, reicht nicht. Man muss auch lernen,
wie die Menschen denken und welche Werte
sie haben, um sich richtig verständigen zu
können.“
Nach dem Physikum zog es den Medizinstu-
denten an die Düsseldorfer Akademie, die einen
guten Ruf genoss. Hier schloss er sein Studium
Der assistenten-Stelle im Bergischen Land, wo er
ab und erhielt im Anschluss eine Medizinal-
sich zum Internisten weiterbildete und schließ-
ch würde es immer wieder tun“, sagt Dr. Faes lich seine spätere Frau, eine angehende Lehre-
Aboudan, wenn er auf seine Karriere zurück- rin, kennenlernte. Als Syrer hatte er immer
Geboren in Aleppo, legte er sein Abitur an einer Engagierte
Iblickt. Für den in Syrien geborenen 83-Jäh- wieder mit Vorurteilen zu kämpfen: „Die Men-
rigen ist die Medizin weniger Beruf als Beru-
schen wussten damals
nichts über mein Heimat-
fung. Dabei wollte er eigentlich etwas ganz
anderes machen. „Ich wollte Jurist werden.“
land. Araber kannten sie
nur aus Geschichten von
staatlichen Schule ab. Zunächst wollte er Jura Karl May oder aus dem Kino, und da wurden
studieren, doch bereits damals war das politi- natürlich viele Klischees bedient.“ Immer wie-
Dr. Faes Aboudan kam schon vor
sche System in seinem Heimatland so, dass der musste er sein Können beweisen und hart
dem Bau der Berliner Mauer zum
Aboudan wusste, es würde nicht mit seiner arbeiten, um seine Ziele zu erreichen.
Vorstellung von einem Rechtssystem überein- Medizinstudium nach Mainz. Der Aboudan: „Damals las ich von einer neuen
gebürtige Syrer, verheiratet mit
stimmen. Da er jedoch in seinem Abitur einen Fachrichtung, der Nephrologie. Etwas Neues
einer Deutschen, ist mit Leib
Schwerpunkt auf die Geisteswissenschaften zu entdecken hat mich schon immer gereizt,
und Seele Arzt und engagiert
gelegt hatte, konnte er nach syrischen Vorga- darum wollte ich mich in dieser Richtung spe-
ben auch nicht Medizin studieren. Darum folg- zialisieren.“ Der Arzt bewarb sich um eine
sich auch im Ruhestand für seine
te im Jahr 1957 der Entschluss, für das Studium Stelle im Kölner Krankenhaus Merheim, wo er
Patienten und sozial schwache
der Humanmedizin in die Türkei nach Istanbul später Leiter der nephrologischen Ambulanz
Menschen.
zu gehen. und des Dialyse-Zentrums wurde.
„Dort war die politische Lage zu diesem In seiner Tätigkeit als Arzt bleibt Aboudan
Zeitpunkt aber auch nicht stabil. Darum ging seinem Interesse für das Neue treu. Er leistet
ich im selben Jahr nach Wien“, so der Mediziner. Pionierarbeit, als er sich 1969 maßgeblich an
In Österreich angekommen, galt es zunächst, der Gründung des Kuratoriums für Heimdia-
die deutsche Sprache zu lernen. „Das war sehr lyse beteiligt. „Damals war die Dialyse ganz
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