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Porträt
































        Alle Abb.: Miriam Mirza





         ENGAGIERT: Die privat eingerichtete Dialyse-Station in Aleppo   GESCHÄTZT: Fachlicher Austausch mit einem Kollegen



        anders als heute“, berichtet der Internist. So  diziner. Dies sei ihm nicht immer leichtgefallen.  der  Women  Charity  Community  e. V.  das
        verwendete man bei den ersten Dialysegerä-  Aber heute sagt er: „Deutschland ist mein Zu-    Al-Saada Home, ein Dialysezentrum nach deut-
        ten Zellophan nicht in Form von Hohlfasern,  hause. Syrien ist ein Teil von mir.“  schem Standard. „Meine Schwester hatte in
        sondern als Folien. Diese wurden zwischen   Ein anderer Teil von Aboudan ist die Medi-  einem Gebäude ein Altenheim für Frauen und
        rechteckige, gerillte, harte Gummiplatten  zin. „Es gibt Mediziner und es gibt Ärzte. Arzt  eine Frauenklinik eingerichtet. Vor ihrem Tod
        platziert. In den Rillen bewegte sich dann die  zu sein ist für mich eine Berufung. Damit hört  bat sie mich, mich weiter darum zu kümmern“,
        Spüllösung im Gegenstrom zum Blut. Die Fo-  man nicht einfach mit der Pensionierung auf“,  berichtet der Nephrologe. Aboudan beschloss,
        lien wurden von den Medizinern aufgezogen.  sagt er. Folgerichtig gründete er ein Jahr nach  die Klinik weiter auszubauen. Dafür nahm er
        Ein Knochenjob, erinnert sich der Nephrologe.  seiner Pensionierung 2002 eine kleine Privat-  eigenes Geld in die Hand, besorgte bei Firmen
        „Außerdem gab es ständig etwas an den Ge-  praxis. Seine Patienten schätzen seine große  Spenden in Form von Dialysegeräten, schulte
        räten zu reparieren. Wie waren oft mehr mit  Erfahrung, sein Engagement und dass er sich  Mitarbeiter und sorgte sogar für eine Abnahme
        einem Schraubenzieher als mit dem Stethos-  viel Zeit für sie nehmen kann. Aboudan weist  der Wasseraufbereitungsanlage für die Blut-
        kop unterwegs.“                     niemanden ab, wenn er Hilfe braucht. „Kassen-  wäsche durch einen TÜV-Techniker. „2012
           Mit viel Durchhaltevermögen und Disziplin  patienten berate ich kostenlos.“  wurde das Haus leider im Bürgerkrieg zer-
        erarbeitete sich Aboudan seine Stellung als   Soziales Engagement war ihm schon immer  stört“, berichtet Aboudan. Doch Aufgeben ist
        geschätzter Arzt und Kollege. Der Mediziner  wichtig. Auch in seinem Heimatland bemühte  seine Sache nicht, sollte wieder Frieden ein-
        ist der Inbegriff eines gut integrierten Im-  sich der Mediziner um soziale Projekte. So er-  kehren, will er sich um einen Wiederaufbau
        migranten: Er spricht perfekt Deutsch, hat eine  öffnete er in Aleppo 2010 in Kooperation mit  bemühen.<   $ MIRIAM MIRZA
        deutsche Frau, drei Kinder, eine Karriere als
                                              INFO    ARZT AUS BERUFUNG
        Leitender Arzt. Er ist beliebt bei Patienten und
        Kollegen, hat zahlreiche deutsche Freunde.
        Rückblickend entschied er sich jedoch erst
                                                Soziales Engagement ist Dr. Faes Aboudan sehr wichtig. Er ist ehrenamtlicher Betreuer für ältere
        spät, im Jahr 1990, die deutsche Staatsbürger-  Leute, Gründungsmitglied des Herzsportvereins Porz e. V. und Präsident des Deutsch-Syrischen
        schaft anzunehmen. „Ich habe lange mit mir   Vereins e. V. In Zusammenarbeit mit Barada Syrienhilfe e. V. und Grünhelme e. V. organisiert er
        gerungen, ob ich das will“, sagt der Mediziner.   unter maßgeblicher Mithilfe seiner Tochter Nadja Aboudan Hilfslieferungen für syrische Flücht-
        „Ich hänge an Syrien und es war ein ständiger   linge an Notfallzentren und Krankenhäuser in Syrien und der Türkei. Außerdem kooperiert er
        innerer Kampf. Wie Goethe sagt: ‚Zwei Seelen   mit Homs League e. V. im Bereich medizinische Rehabilitation von verletzten syrischen Flüchtlin-
        wohnen, ach, in meiner Brust‘.“ Sich zu integ-  gen in Syrien und der Türkei.<           C DR-ABOUDAN.DE/CHARITY
        rieren, bedeute auch, Überzeugungen, Traditi-
        onen und Denkweisen aufzugeben, so der Me-

                                                                                                             x.press 18.4   19
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