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Titelgeschichte
INTERVIEW DREI FRAGEN AN DIE TECHNIKER KRANKENKASSE
Dr. Susanne Ozegowski, die Beauftragte der Techniker Krankenkasse für die elektronische Gesundheitsakte
TK-Safe, gibt Auskunft über den aktuellen Stand des Betatests von TK-Safe.
Î ÎDie TK stellt ihre elektronische Akte seit Mai 2018 im Betatest zur weil die Krankenkasse diese Daten nach Ablauf DR. SUSANNE OZEGOWSKI
Verfügung. Wie läuft es? gesetzlicher Fristen löschen muss. Wie weit sind Techniker Krankenkasse Abb.: Techniker Krankenkasse
Sehr positiv. Wir haben mehrere Tausend Teilnehmer am Betatest, und es Sie mit der Anbindung der Leistungserbringer?
gibt viele, die geradezu begeistert sind, dass sie in einer App sehen kön- Wir haben im Rahmen einer ersten Kooperation 16 Agaplesion-Kranken-
nen, was Ärzte bei ihnen verordnet oder diagnostiziert haben. Auch die häuser angebunden. Dort wurden die Mitarbeiter geschult und bieten
Kostentransparenz, die wir mit TK-Safe schaffen, kommt bei vielen Versi- TK-Versicherten jetzt an, relevante Entlassdokumente in die App einzustel-
cherten sehr gut an. Gleichzeitig gibt es bei unseren Betatestern den star- len. Das beginnt aber gerade erst, sodass wir hier nur langsam Erfahrungen
ken Wunsch nach mehr. Erinnerungsfunktionen wurden angeregt, Export- sammeln. In Kürze wird auch das Uniklinikum Aachen anfangen, mit unse-
funktionen in elektronische Kalender und vieles mehr. Das wollen wir jetzt rer App zu kommunizieren. Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
umsetzen. In Kürze werden die Krankenhausdaten ergänzt, die bisher noch sowie die Helios- und Vivantes-Kliniken sollen folgen.
fehlen. Die Daten zu den Zahnarztabrechnungen haben wir im August be-
reits aufgenommen. Im nächsten Schritt werden wir dann erste intelligente Î ÎWie sieht es auf ambulanter Seite aus?
Services zur Verfügung stellen, beispielsweise Erinnerungen an Vorsor- Auch auf ambulanter Seite sind wir in Gesprächen und Projekten, aber das
geuntersuchungen und Impfungen. ist nicht trivial. Wir sprechen zum einen direkt mit AIS-Herstellern. Die Al-
ternative, die wir im Blick haben, ist die neue KV-Connect-Schnittstelle für
Î ÎBisher arbeitet TK-Safe mit Daten, die der Krankenkasse vorliegen, was Apps, die die KV Telematik gerade spezifiziert. Mit deren Hilfe könnte dann
bei den ambulanten Diagnosedaten zu mehrmonatigen Verzögerungen und jeder Arzt über KV-Connect Dokumente in unsere und andere Apps einstel-
bei den Verordnungen dazu führt, dass zum Beispiel ältere Impfungen fehlen, len. Das gäbe einen großen Schub.<
Web-Browser eingeben muss. Dann erscheint immer noch zwei Jahre Zeit, sie umzusetzen. gung gestellt werden soll, zunächst für elek-
das Bild oder Dokument, das als Fremdbefund Die tiefe und aktenübergreifend einheitliche tronische Arztbriefe.
in die eigene Dokumentation übernommen Integration in die Praxis-IT ist vor diesem Hin- Insgesamt werden durch die Patientenak-
werden kann. Dass das nicht wahnsinnig kom- tergrund eindeutig ein Mehrjahresprojekt. In tivitäten der Krankenkassen und Krankenver-
fortabel ist, ist offensichtlich. der Zwischenzeit könnten einzelne Pra- sicherungen ganz neue, moderne Versorgungs-
Hinzu kommt, dass andere Akten teilweise xis-IT-Anbieter bei einzelnen Akten auf dem szenarien im deutschen Gesundheitswesen
etwas andere Wege beschreiten. Deswegen Kooperationsweg komfortable, integrierte denkbar, zumal auch die Kassenärztliche
streben zumindest mittelfristig alle Beteiligten Lösungen entwickeln. So ist die elektronische Bundesvereinigung signalisiert hat, dass sie
an, eine direkte Schnittstelle zwischen elekt- Akte der AXA Krankenversicherung bereits in grundsätzlich nichts dagegen hat, dass Kran-
ronischer Patientenakte sowie Praxis- (und Praxis-IT-Systeme der CompuGroup Medical kenkassen und Krankenversicherungen als
Klinik-) IT-Systemen zu schaffen. Diese Schnitt- integriert. Im September diesen Jahres ist Aktenanbieter in Erscheinung treten, solange
stelle soll einheitlich sein, sodass der Arzt aus medatixx eine enge Kooperation mit dem An- sie keinen unautorisierten Datenzugriff haben
seiner Praxis-IT heraus mit den elektronischen bieter Vivy und damit den Akten von Versicher- und nicht mit der praxiseigenen Dokumenta-
Akten der Patienten kommunizieren kann, ten unter anderem der Allianz, der DAK und tion interferieren. Die Akten, die jetzt entste-
ohne ständig umdenken zu müssen. Christian zahlreichen BKKen und IKKen eingegangen. hen, dürften auf Dauer nicht nur Datensafes
Rebernik, der Geschäftsführer des Unterneh- Es könnte auch noch einen weiteren Kom- sein, sondern zu Kommunikationswerkzeugen
mens Vivy, sieht unter anderem hier die Rolle munikationsweg zwischen Praxis-IT und Pa- zwischen Patient bzw. Versichertem und den
der Selbstverwaltung: „Die gematik hat ja den tientenakten-Apps geben, nämlich ein Upload Leistungserbringern werden. Es spricht zum
Auftrag, eine elektronische Patientenakte zu über den ambulanten Kommunikationsstan- Beispiel wenig dagegen, diese Akten für Video-
spezifizieren. Darüber lassen sich Standards dard KV-Connect. Die Spezifikation für eine konsultationen zu nutzen. Sie könnten ein
etablieren, die dazu führen, dass die Kommu- entsprechende Schnittstelle hat die KV Transportmedium für elektronische Rezepte
nikation zwischen Praxis-IT und Patientenak- Telematik mittlerweile fertiggestellt. Patien- werden, eine Datenplattform für Selektivver-
ten einheitlich läuft und dass der Versicherte tenaktenanbieter wie Vivy oder IBM könnten träge oder Disease-Management-Programme
bei einem Anbieterwechsel seine Daten auch sich bei der KBV für diese Schnittstelle zerti- und auch eine Art Gesundheitszentrale, die in
mitnehmen kann.“ fizieren, und der Arzt könnte dann über KV- Sachen Prävention neue Möglichkeiten eröff-
Nun wird die Patientenaktenspezifikation Connect Dokumente an die elektronische Pa- net. Viele Szenarien sind denkbar, und zumin-
der gematik frühestens Ende 2018 vorliegen, tientenakte seines Patienten schicken. Zumin- dest im Moment macht es den Eindruck, als
und die Krankenkassen bzw. die mit den Kas- dest der Anbieter Vivy hat angekündigt, dass gebe es reichlich Akteure, die das auch auspro-
sen kooperierenden IT-Anbieter haben dann diese Funktion noch im Jahr 2018 zur Verfü- bieren wollen.< $ PHILIPP GRÄTZEL
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