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Thema
TELETHERAPIE
In weiter Ferne, so nah
Der Ärztetag hat den Weg für Ferndiagnose und Fernbehandlung freigeräumt. Das ist eine gute Nachricht
für niedergelassene Ärzte. Denn sie werden in der Versorgung viel mehr Spielräume erhalten als bisher.
s war so etwas wie das Lebensprojekt des Württemberg ihre Berufsordnung geändert ganz irrelevant. Stand Juli sind die beiden sehr
Chirurgen Franz Joseph Bartmann, seit und Modellprojekte gestattet, in denen eine niedrig dotierten Abrechnungsziffern für die
E vielen Jahren Präsident der Landesärzte- ausschließliche Fernbehandlung erprobt wird. Videosprechstunde (siehe Interview auf Seite
kammer Schleswig-Holstein und ebenfalls seit Diese Modellprojekte sind freilich an eine Ge- 22 und „So macht es medatixx“ auf Seite 23)
vielen Jahren im Vorstand der Bundesärzte- nehmigung der Kammer gekoppelt, die Stand die einzigen EBM-Ziffern, die bei einer Fernbe-
kammer zuständig für Telemedizin. Immer Juli 2018 sechsmal erteilt wurde. Auch handlung geltend gemacht werden können –
wieder hat er den Deutschen Ärztetag gerade- Bartmanns Landesärztekammer in Schleswig- und das auch nur dann, wenn es sich um Pa-
zu gezwungen, sich mit telemedizinischen Holstein war schneller als der Bund und hat tienten handelt, die in der Praxis bekannt sind
Fragen zu beschäftigen. Er bekam dafür nicht bereits Anfang 2018 eine sehr weitgehende und die bestimmte, relativ eng gefasste Indi-
nur Beifall, sondern musste sich von erwach- Freigabe der Fernbehandlung erwirkt: Ärzte kationen erfüllen.
senen Menschen mit Staatsexamen mitunter dürfen in Schleswig-Holstein nach eigenem Für einen telemedizinischen Erstkontakt
auch anpöbeln und beschimpfen lassen. bei Patienten mit einem breiten Spektrum an
Vor zwei Jahren drehte dann die Stimmung. Erkrankungen wäre eine andere, weniger eng
Die EBM-Ziffer
Der Anteil digitalisierungsaffiner Ärztetags- gefasste und sicher auch höher dotierte Ziffer
delegierter stieg. Und plötzlich war die Zeit reif nötig. Doch wie weit ist es damit? „Soweit wir
für jene Änderung der Musterberufsordnung lässt noch auf wissen, wird da in Berlin etwas vorbereitet“,
(MBO), die im Mai vom Deutschen Ärztetag in sich warten. betonte ein Sprecher der KV Schleswig-Hol-
Erfurt vollzogen wurde: die Streichung des stein im Gespräch mit x.press. Doch in Berlin
noch aus Telefonzeiten stammenden Verbots weiß man davon nichts: „Wir werden erst et-
der ausschließlichen Diagnose oder Therapie was vorbereiten können, wenn die Beschlüsse
über Kommunikationsmedien aus § 7 Absatz 4 Ermessen Ferndiagnose und Fernbehandlung des Ärztetags von allen Landeskammern um-
der MBO. Konkret lautet die neue Formulierung: anbieten und müssen dafür nicht – wie in Ba- gesetzt worden sind. Erst wenn berufsrechtlich
„Ärztinnen und Ärzte beraten und behan- den-Württemberg – um Erlaubnis fragen. die entsprechenden neuen Grundlagen gelten,
deln Patientinnen und Patienten im persönli- Rein gesundheitspolitisch lautet die primär können wir uns mit EBM-Ziffern beschäftigen“,
chen Kontakt. Sie können dabei Kommunika- interessante nächste Frage jetzt, ob und wie so ein Sprecher der Kassenärztlichen Bundes-
tionsmedien unterstützend einsetzen. Eine schnell die unterschiedlichen Landesärzte- vereinigung.
ausschließliche Beratung oder Behandlung kammern den Formulierungsvorschlag der Das klingt nach gesundheitspolitischem
über Kommunikationsmedien ist im Einzelfall MBO für ihre jeweiligen Berufsordnungen Tikitaka, zumal niemand derzeit so recht sagen
erlaubt, wenn dies ärztlich vertretbar ist und übernehmen. Ärztepräsident Dr. Frank Ulrich kann, was passiert, wenn einzelne Ärztekam-
die erforderliche ärztliche Sorgfalt insbeson- Montgomery hatte bereits unmittelbar nach mern aus der Fernbehandlungsfront aussche-
dere durch die Art und Weise der Befunderhe- dem Beschluss gesagt, er hoffe, dass alle Ärzte- ren. So hatte sich die Ärztekammer des Saar-
bung, Beratung, Behandlung sowie Dokumen- kammern – also auch Schleswig-Holstein und landes im Vorfeld des Ärztetags gegen eine
tation gewahrt wird und die Patientin oder der Baden-Württemberg – die MBO-Formulierung Freigabe der Fernbehandlung ausgesprochen.
Patient auch über die Besonderheiten der aus- übernehmen: „Einen Flickenteppich können Könnte die kleine Kammer etwa eine bundes-
schließlichen Beratung und Behandlung über die Ärzte nicht brauchen“, so der Präsident der weite EBM-Ziffer verhindern?
Kommunikationsmedien aufgeklärt wird.“ Bundesärztekammer. Was einer zügigen Ausbreitung der Fernbe- Abb.: iStockphoto.com © AlvaroS
Trendsetter war der Deutsche Ärztetag da- Die Umsetzung durch die Landesärztekam- handlung beziehungsweise des telemedizini-
mit allerdings nicht. Schon zwei Jahre zuvor mern ist auch im Hinblick auf die Erstattung schen Erstkontakts in der GKV-Welt derzeit vor
hatte die Landesärztekammer Baden- der Fernbehandlung bei GKV-Patienten nicht allem entgegensteht, ist die unklare Situation
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