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Abb.: © Helge KrückebergKompakt Skeptische Deutsche
Abb.: Fotolia.com © Nmedia
Interview Projekt MyHealthAvatar Eine Studie hat untersucht, wie bereitwillig
Nutzer persönliche Daten zur Verfügung stellen.
Prof. Dr. Nikolaus Forgó
Eine Mehrheit der europäischen Nutzer
Prof. Dr. Nikolaus Forgó leitet das Institut für digitaler Dienste kann sich unter be-
Rechtsinformatik (IRI) der Leibniz Universität stimmten Bedingungen vorstellen, persön-
Hannover. Zu den Schwerpunkten seiner Forschung liche Daten zu teilen. Voraussetzungen
zählen Datenschutz und Datenrechtssicherheit. hierfür sind allerdings Transparenz sowie
Das IRI ist am EU-Projekt MyHealthAvatar beteiligt. ein individueller und sozialer Mehrwert.
Dies ist das Ergebnis einer repräsentativen
Worum geht es im EU-Projekt MyHealthAvatar? Umfrage des Meinungsforschungsinstituts
MyHealthAvatar hat im Rahmen der Projektlaufzeit erforscht, inwiefern ein Ava TNS Infratest im Auftrag des Vodafone
tar entwickelt werden kann, mit dessen Hilfe der Nutzer Gesundheits- und Lifestyle- Instituts für Gesellschaft und Kommunika-
daten sammeln und bei Bedarf an Dritte, insbesondere Ärzte, freigeben kann. Ein tion, bei der über 8 000 Menschen in acht
Schwerpunkt lag hierbei darauf zu analysieren, wie dies auf europäischer Ebene tech- europäischen Ländern befragt wurden. Da-
nisch, rechtlich und organisatorisch realisierbar ist. Sowohl das Sammeln von als auch nach wären 65 Prozent aller Befragten –
der Zugang zu Gesundheitsdaten gestaltet sich aufgrund der unterschiedlichen euro- aber nur 42 Prozent der Deutschen – bereit,
päischen Gesundheitssysteme als schwierig. Wenn man im EU-Ausland plötzlich ihre Daten und die vieler anderer Men-
erkrankt, kann es aber hilfreich sein, dem behandelnden Arzt seine gespeicherten schen anonym von Gesundheitseinrichtun-
Gesundheitsdaten zu zeigen.
Freizügig: Patienten teilen ihre Gesundheitsdaten mit Dritten.
Was kommt auf Patienten und Ärzte zu, wenn der Avatar verfügbar ist?
Patienten können sich stärker mit ihren Krankheiten, aber auch mit ihrer Gesund- gen sammeln zu lassen, um Verbesserun-
heit im Allgemeinen auseinandersetzen. Der Avatar soll dem Nutzer auch einen Über- gen bei der Entdeckung und Behandlung
blick über seinen Lebensstil verschaffen und Anreize setzen, sich gesünder zu verhal- von Krankheiten zu erreichen. Eine über-
ten. Um die Potenziale des Avatars voll ausschöpfen zu können, wird der Patient mög- wiegende Mehrheit lehnt es aber ab, ihrer
lichst viele Gesundheitsdaten im Avatar verwalten wollen. Ärzte müssen damit rech- Versicherung persönliche Gesundheitsda-
nen, dass Patienten vermehrt von ihrem Recht auf Einsichtnahme in ihre Patientenakte ten zur Verfügung zu stellen. Europaweit
Gebrauch machen. Auch werden sie die im Avatar gespeicherten Informationen ihrem sprachen sich 72 Prozent dagegen aus, in
Arzt zeigen wollen. Dieser muss dann vor allem prüfen, ob die gespeicherten Daten Deutschland sogar 91 Prozent der Befrag-
einen realistischen Überblick über den Gesundheitszustand des Patienten vermitteln. ten. Weniger Bedenken gibt es hingegen bei
der Weitergabe von Gesundheits- und Fit-
Welche Aufgabe hat die Leibniz Universität Hannover in dem Projekt? nessdaten, auf deren Basis Smartphone-
Die Leibniz Universität Hannover hat während der gesamten Projektlaufzeit als Apps Gesundheitsempfehlungen geben.
rechtlicher Ansprechpartner fungiert und den Projektpartnern rechtliche Leitlinien Nur 59 Prozent der Befragten lehnen dies
zur Verfügung gestellt. So konnte sichergestellt werden, dass in allen Phasen des Pro- ab. Generell sind Spanier, Iren und Italie-
jektes die gesetzlichen Anforderungen, insbesondere in Hinsicht auf datenschutz- ner eher bereit, ihre Daten sammeln zu las-
rechtliche Bestimmungen, eingehalten wurden. In der Entwicklungsphase des A vatars sen. Franzosen und Deutsche, das zeigt die-
ging es hauptsächlich darum, die Grundsätze von Datenvermeidung und Datenspar- se Untersuchung, haben sich hingegen als
samkeit einzuhalten und anstatt echter Daten ausschließlich synthetische Daten oder eher skeptisch erwiesen.
anonymisierte Daten zu verwenden.
www.vodafone-institut.de/de/studie/wann-menschen-
Wie ist der aktuelle Stand am Ende der Projektlaufzeit, wie geht es weiter? bereit-sind-ihre-daten-zu-teilen
Das Projekt endete im Februar 2016. Es schließt sich eine Verwertungsphase an,
in der wir auch die rechtlichen Probleme analysieren, die nach Ende der Projektlauf-
zeit eintreten können. Darüber hinaus werden die verschiedenen Funktionen des
Avatars evaluiert und ein Businessplan entwickelt. Die Forschungsergebnisse von
M yHealthAvatar können dann als Ausgangspunkt für weitere Forschungen und auf
neue, spezifische Fragestellungen angewandt werden.
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