Page 14 - xpress_Ausgabe 21.1
P. 14
Titelgeschichte
QR-Code übermittelt, den er in einer App nut-
zen kann, um die Verordnung einzulösen – ent-
weder in der Apotheke vor Ort oder in einer
Online-Apotheke. Patienten, die kein Smart-
phone besitzen, erhalten weiterhin einen Pa-
pierausdruck; nur jetzt statt dem Muster 16
einen Ausdruck mit dem QR-Code zur Vorlage
in der Apotheke. Auch hier ist zu erwarten, dass
zumindest in der Anfangsphase der Aufklä-
rungsbedarf der Patienten groß ist, technische,
prozessuale und Akzeptanzprobleme bei der
Einführung dieses neuen Prozesses entstehen
und damit die Praxisabläufe beeinträchtigt
Abb.: iStock.com © AaronAmat initialen und laufenden Mehraufwendungen
werden. Auch hier gilt es, die Praxen für die
angemessen zu entschädigen – wenn erwartet
wird, dass die Ärzte und ihre Mitarbeiter aktiv
und mit Überzeugung an der Etablierung mit-
arbeiten.
Die hier betrachteten TI-Anwendungen stel-
Die ePA ist erklärungs-
Er ist an die ärztliche Gebührenordnung und len nur einen Teil der Digitalisierung in den
die zwischen KVen und Kassen dazu ausver- Praxen dar. Diesen verpflichtenden Anwendun-
handelten Punktwerte gebunden. Mit jeder bedürftig und wird zu gen stehen freiwillig nutzbare Funktionen, wie
einem erhöhten
weiteren Anwendung steigt für ihn somit die zum Beispiel die Online-Terminvergabe und
Wahrscheinlichkeit, die Investitionen und den die Videosprechstunde, gegenüber. Viele dieser
Beratungsaufwand der
laufenden finanziellen und zeitlichen Aufwand Lösungen vom freien Markt haben sich bereits
zum Betrieb dieser Anwendungen aus seinem Ärzte führen. breit in den Praxen etabliert und bieten einen
Praxisgewinn und damit seinem eigenen „kal- deutlich erkennbaren prozessualen, medizini-
kulatorischen Arztlohn“ finanzieren zu müssen. schen oder wirtschaftlichen Nutzen für den
Besonders kann dieser Effekt – so dem Arzt, sodass er auch ohne gesetzliche Verpflich-
nicht mit der noch ausstehenden Finanzie- diesem „feingranularen“ Rechtemanagement tung bereit sein wird, in deren Anschaffung
rungsvereinbarung wirksam gegengesteuert überfordert sind, werden sich an ihren Arzt und Nutzung zu investieren.
wird – bei der elektronischen Patientenakte wenden. Deshalb ist ein hoher Beratungsauf-
Fazit
(ePA) wirksam werden, zu deren Nutzung der wand zu erwarten, der – Stand heute – an kei-
Arzt ab 01.07.2021 auf Wunsch des Patienten ner Stelle in den ärztlichen Gebührenordnun- Die niedergelassenen Ärzte und Psychothera-
gesetzlich verpflichtet ist. Hier ist es nach dem gen abgebildet ist. peuten und ihre Mitarbeiter sind bereit und in
Willen des Gesetzgebers die Aufgabe des Arz- Unbestritten auch seitens der Ärzteschaft der Lage, die Digitalisierung des Gesundheits-
tes, die Akte mit Patientendaten aus der Pra- verschafft die ePA dem Arzt einen unmittelba- wesens aktiv mitzutragen und zu gestalten.
xissoftware zu befüllen und die Daten in der ren medizinischen Nutzen, wenn es gelingt, Dies zeigen nicht nur Umfrageergebnisse, son-
ePA bei seinen Entscheidungen zu berücksich- dass er seine Diagnostik und Therapie durch dern der hohe Durchdringungsgrad der Praxen
tigen. Viele Ärzte befürchten, dass auch dieser den schnellen, stets verfügbaren Zugriff auf mit digitalen Anwendungen, die nicht aufgrund
Aufwand von der durch die Kassen bereitge- Behandlungsinformationen anderer Kollegen gesetzlicher Verpflichtungen, sondern auf-
stellten Vergütung nicht abgedeckt wird. verbessern kann. Gelingen kann die flächen- grund eigener Entscheidungen von den Praxen
Denn: Mit der einfachen Befüllung der ePA ist deckende Nutzung der ePA jedoch nur, wenn etabliert wurden.
es nicht getan – der Arzt soll seinen Patienten die Praxen sie ihren Patienten erklären, sie zur Wenn wir als Gesellschaft möchten, dass
bei der Nutzung der elektronischen Akte aktiv Nutzung motivieren und der damit verbunde- sich Prozesse, deren alternativlose Digitalisie-
aufklären und unterstützen. Die Patienten ne Aufwand ehrlich bewertet und angemessen rung eine weiterhin gute Versorgung der Pati-
werden Fragen zu den Funktionen, zum Da- vergütet wird. enten auch zukünftig sicherstellt, schnell digi-
tenschutz, zur Speicherung der Daten und zur talisieren, muss sichergestellt sein, dass die
Investition in freiwillige Anwendungen
Nutzung formulieren. Die Ärzte sollen die ePA niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeu-
stets aktuell halten, indem sie jeden relevan- Weiter geht es: Anfang 2022 wird das eRezept ten nicht bei jeder neuen IT-Anwendung be-
ten Patientenkontakt in der Akte übertragen. verpflichtend eingeführt. Für den Arzt ändert fürchten müssen, dass deren Einsatz ihre Pro-
In der nächsten Ausbaustufe der ePA ab 2022 sich dadurch – vordergründig – zunächst nicht zesse verlangsamt, ihnen Mehraufwand ver-
sollen Patienten selbstständig einstellen kön- viel am Verordnungsprozess: Er sendet aus ursacht, damit die Zeit für ihre Patienten re-
nen, welcher Behandler welches Dokument in seiner Praxis-EDV ein eRezept, statt ein Papier- duziert und sich ihr eigenes zu versteuerndes
ihrer Akte einsehen darf. Patienten, die mit rezept zu drucken. Dem Patienten wird ein Einkommen reduziert.< $ DR. MICHAEL LANG
14 x.press 21.1