Page 18 - xpress_Ausgabe 19.4
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Porträt




                                                                               zweite Meinung einholen. Rosenthal geht es
                                                                               dabei auch darum, in den ehrlichen Austausch
                                                                               mit ihren Kollegen zu kommen. „In unserem
                                                                               Beruf gibt es teilweise einen schmalen Grat
                                                                               zwischen Leben und Tod, und man muss nicht
                                                                               ein schlechter Chirurg sein, wenn in Therapie-
                                                                               verläufen Komplikationen auftreten“, so die
                                                                               Kinderherzchirurgin.
                                                                                 Früher reiste Rosenthal viel in Entwick-
                                                                               lungsländer und operierte unentgeltlich. Das
                                                                               Wissen, Kindern geholfen zu haben, die sonst
                                                                               auf keine Heilung hoffen konnten, hat sie mit
                                                                               Befriedigung erfüllt. Es gab aber etwas, das sie
                                                                               störte: „Da war immer diese Abhängigkeit von
                                                                               uns ausländischen Ärzten. Inzwischen bin ich
                                                                               der Meinung, dass man die Mediziner ausbilden
                                                                               und vor Ort unterstützen muss, damit sie die
                                                                               Eingriffe in Zukunft ohne unsere Hilfe durch-
                                                                               führen können.“ Der Gedanke bestärkte sie in
                                                                               ihrem Entschluss, sich an der Uniklinik
                                                                                 München für die Ausbildung ausländischer
         DR. L. LILY ROSENTHAL                                                 Kollegen einzusetzen.
                                                                                 Mit Erfolg. Mittlerweile ist die Ausbildung
                                                                               ausländischer Kollegen zu Kinderherzchirur-
                                                                               gen eine feste Institution geworden. Es exis-
                                                                               tieren Kooperationen zur Kostenübernahme
                                                                               mit den jeweiligen Konsulaten und Botschaften
                                                                               der Herkunftsländer der Ärzte. An den Pro-
                                                                               grammen teilnehmen können solche Mediziner,
                                                                               die nachweislich bereits Herzchirurgen sind.
                                                                               In München können sie dann einen Teil ihrer
                                             Die
                                                                               vieren. Die Weiterbildung soll die Ärzte befä-
            r. L. Lily Rosenthal ist Kinderherzchirur-                         Ausbildung zum Kinderherzchirurgen absol-
            gin und Oberärztin an der Medizinischen                            higen, in ihren Heimatländern einfache Ein-
       DFakultät der Ludwig-Maximilians-Uni-                                   griffe selbstständig vorzunehmen. Brauchen
        versität (LMU) München. Ihr Engagement geht
        weit über die eigentliche ärztliche Tätigkeit
        hinaus. „Wir haben oft mit schwer herzkranken   fliegende Ärztin
        Kindern zu tun. Deren gute Betreuung ist mir
        sehr wichtig und dazu gehört auch, dass deren
        Eltern sich gut aufgehoben fühlen“, sagt sie. Im                       sie für komplizierte Operationen Unterstüt-
                                              Die Kinderherzchirurgin
        hektischen Klinikalltag kommen ausführliche                            zung, reist Rosenthal auch schon einmal an und
                                              Dr. L. Lily Rosenthal engagiert
        Gespräche mit den Eltern ihrer Patienten oft                           gibt Hilfestellung. „Aber nur als Beraterin,
        zu kurz. Deshalb führt sie diese ehrenamtlich   sich ehrenamtlich für junge   operieren müssen die Kollegen selbst. Nur so
                                              Herzpatienten und bei der
        in ihrer Freizeit. Eltern können sich von ihr                          können sie irgendwann ganz ohne uns agieren“,
                                              Ausbildung von Kollegen aus
        medizinische Sachverhalte erklären lassen                              sagt sie. Für ihre ehrenamtlichen Tätigkeiten
                                              Entwicklungsländern. Für dieses
        oder eine zweite Meinung einholen. „Ich will,                          erhielt die Medizinerin im November letzten
                                              Engagement hat sie die Aus-
        dass sie sich in unserem Krankenhaus mit ih-                           Jahres das „Dr. Pro Bono“-Siegel der Stiftung
        ren Sorgen angenommen fühlen. Außerdem ist                             Gesundheit.
                                              zeichnung „Dr. Pro Bono“ der
        es notwendig, sie in der Therapie einzubinden“,                          Rosenthal hat lange Arbeitstage und meh-
                                              Stiftung Gesundheit erhalten.
        so Rosenthal.                                                          rere ehrenamtliche Projekte, die viel ihrer
          Inzwischen nehmen sogar Eltern von Kin-                              freien Zeit beanspruchen. Hinzu kommen der
        dern, die gar nicht ihre Patienten sind, das                           ständige Druck und die enorme Verantwor-
        Gesprächsangebot in Anspruch. Die Ärztin                               tung, die sie als behandelnde Ärztin herzkran-
        weist niemanden ab. Aus ganz Deutschland                               ker Kinder hat. Sie ist sich bewusst, dass sie
        wenden sich Betroffene an sie und wollen eine                          nicht allen Patienten helfen kann. „Wir sind alle

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