Page 20 - xpress_Ausgabe 19.4
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Thema












        SYMPTOMCHECKER
        Hausarzt to go






        Eine neue Generation von Diagnosetools erobert die App-Stores. Ausgestattet mit künstlicher Intelligenz und
        riesigen Datenschätzen wollen mobile Anwendungen Patienten im Vorfeld des Arztbesuchs und bald auch Ärzte
        bei der Differenzialdiagnose unterstützen.



               er nicht mit der Zeit geht, geht mit  des Berliner Unternehmens Ada Health, ste-  vorzustellen: Ada hat nach eigenen Angaben
               der Zeit. An Digitalisierung und  cken zum Beispiel sieben Jahre Entwicklungs-  7 Millionen Nutzer in über 130 Ländern und
        W künstlicher Intelligenz kommt in  zeit. Warum das so lange dauert? Die Entwick-  bereits über 10 Millionen Symptomanalysen
        den nächsten Jahren kein Arzt mehr vorbei.  ler müssen einen Algorithmus programmieren  durchgeführt.
        Die Mediziner sollten sich schon einmal darauf  und eine riesige medizinische Datenbank auf-
                                                                               Einfach und schnell
        einstellen, dass Patienten künftig nicht mehr  bauen. In der Regel durchforstet ein Stab von
        unvorbereitet oder mit dem Halbwissen von  festangestellten Ärzten die evidenzbasierte  Die Bedienung von Ada ist denkbar einfach.
        Dr. Google in ihrer Praxis aufschlagen. Sie be-  Literatur nach Informationen über Gesund-  Der Nutzer legt zunächst ein Profil an, in dem
        reiten sich mit einem sogenannten Symptom-  heitszustände, Symptome, Risikofaktoren und  er Angaben zu Alter und Geschlecht sowie Grö-
        checker auf das persönliche oder audiovisuel-  vieles mehr. Diese Informationen werden in die  ße und Gewicht hinterlegt. Auch die aktuell
        le Arztgespräch vor. Vom Arzt erwarten sie  Datenbank eingepflegt. Mit der so geschaffenen  oder regelmäßig eingenommenen Medikamen-
        eine schnelle und treffsichere Diagnose – auch                         te oder bekannte Allergien kann er eintragen.
                                                      KI-basierte
        unter Verwendung professioneller Diagnose-                             Zum Nutzerprofil gehören außerdem Angaben
        tools.                                                                 über das Rauchverhalten, Bluthochdruck oder
                                                  Symptomchecker
          Symptomchecker gibt es schon seit einigen                            eine Diabetes-Erkrankung. Der Chat startet
        Jahren – Software, die mit den Patienten chat-  lernen wie ein Arzt    mit einer Begrüßung durch Ada. Nachdem der
        tet, um eine Vordiagnose zu erstellen. Nach                            Nutzer seine Beschwerden eingegeben hat,
                                                    ständig hinzu.
        dem Vorbild der professionellen klinischen                             wird ein Dialog in Gang gesetzt, in dem Ada
        Unterstützungssysteme für Ärzte arbeiten die                           Schritt für Schritt den Dingen auf den Grund
        für Patienten entwickelten Apps mit künstli-                           geht. Kopfschmerzen – Schmerzen im Kopf oder
        cher Intelligenz. Die ersten Anwendungen  Basis an medizinischem Wissen trainieren die  hinter dem Auge? Wie lange schon? Wo genau?
        konnten noch nicht wirklich überzeugen. Bei  Entwickler ihre App. Täglich kommt neues  Pochend? Stark? Weitere Beschwerden? Am
        einem 2015 im British Medical Journal (BMJ)  Wissen hinzu, der Algorithmus lernt nie aus.  Ende des Dialogs präsentiert Ada das Ergebnis.
        veröffentlichten Test mit 23 englischsprachi-  Hinzu kommt die Rückmeldung der Patienten.  Im Falle der „Schmerzen im Kopf" könnte sich
        gen Programmen trafen die Symptomchecker  Traf die Vordiagnose zu? In vielen Fällen listet  Ada für eine „virale Sinusitis“ entscheiden. Ada
        nur in 34 Prozent aller Fälle ins Schwarze. Im-  die App mehrere infrage kommende Krank-  blendet dann den folgenden Hinweis ein: „Per-
        merhin verbesserte sich die Trefferquote ein  heitsursachen auf, sortiert nach berechneter  sonen mit ähnlichen Symptomen können sich
        Jahr später auf 51 Prozent, wie eine ähnliche  Wahrscheinlichkeit. Der Chef des Unterneh-  normalerweise selbst behandeln, du kannst
        Studie in JAMA Internal Medicine zeigte.  mens Infermedica, ein weiterer Anbieter von  dich aber auch in der Apotheke beraten lassen.
                                           Symptomcheckern, schätzt, dass seine Ärzte  Wenn die Symptome länger anhalten als er-
        Lange Entwicklungsdauer            bereits über 18 000 Stunden für diese Arbeit  wartet, schlimmer werden oder neue hinzu-
        Inzwischen hat sich eine neue Generation von  aufgewendet haben.       kommen, solltest du einen Arzt aufsuchen.“
        Symptomcheckern etabliert, die von den Fort-  Ada ging 2016 mit einer englischsprachigen   Nicht immer ist das Ergebnis eindeutig.
        schritten auf dem Gebiet der künstlichen In-  Version an den Start. Im Jahr darauf folgte die  Dann listet das Programm mehrere Vorschläge
        telligenz in den vergangenen Jahren profitiert.  deutsche. Rund 40 Ärzte und medizinische  auf, jeweils versehen mit der berechneten
        Jahrelange Vorarbeiten sind nötig, um ein Sys-  Redakteure füttern den Algorithmus fortlau-  Wahrscheinlichkeit, mit der diese Vordiagnose
                                                                                                                       Abb.: Wikipedia
        tem zu entwickeln, das in wenigen Minuten  fend mit den neuesten medizinischen Infor-  zutrifft. Im Fall der „Kopfschmerzen hinter dem
        eine korrekte Vordiagnose liefern soll. In Ada,  mationen und den freiwilligen Rückmeldungen  Auge“ könnte Ada beispielsweise zu zwei Er-
        einem der weltweit besten Symptomchecker  der Benutzer. Um sich einmal die Dimensionen  gebnissen kommen:

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