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Titelgeschichte




        rungen warnen. Dies geschah in 0,5 Prozent  wickelt, die ihre Ernährung üblicherweise in   Amft weist darauf hin, dass Wearables, wie
        aller Fälle, was die Wissenschaftler als Hinweis  einem Tagebuch oder einer Smartphone-App  etwa intelligente Brillen, schon bei der Herstel-
        werteten, dass die Apple Watch keine unnöti-  festhalten müssen. „Das System braucht drei  lung an den späteren Benutzer angepasst wer-
        gen Warnungen versendet. Bei 84 Prozent die-  bis fünf Sekunden, um die Speisekategorie zu  den müssen. „Sie können eine solche Brille nicht
        ser Warnhinweise wurde bei den Probanden  erkennen“, sagt Prof. Dr. Oliver Amft, der sich  wie sonst üblich bei einem Optiker nachjustie-
        ein Vorhofflimmern festgestellt. Die neueste  schon seit vielen Jahren mit der Entwicklung  ren lassen. Die Elektroden im Brillenbügel
        Version der Apple Watch enthält an der Gehäu-  von Wearables beschäftigt.  müssen anatomisch korrekt passen“, erklärt
        seunterseite einen elektrischen Sensor und an                          er. Das Brillengestell muss daher per 3D-Scan
        der Krone eine Elektrode. Dadurch kann der   Intelligente Brillen      des Kopfes und anschließend mittels 3D-Druck
                                               müssen bei der Herstel-
        Nutzer auch eine EKG-Messung vornehmen.                                hergestellt werden.
           In Deutschland gibt es bereits erste Über-                             Mit intelligenten Textilien verhält es sich
        legungen zum Einsatz der Apple Watch. Prof.   lung an den Benutzer     ähnlich. Die Idee, dass in die Bekleidung inte-
        Dr. Thomas Deneke, Chefarzt der Klinik für   angepasst werden.         grierte Sensoren Vitaldaten und andere Para-
        Kardiologie am RHÖN-KLINIKUM in Bad Neu-                               meter erfassen könnten, erscheint auf den
        stadt und Vorsitzender der AG Rhythmologie                             ersten Blick charmant. „Die Textilien und Sen-
        der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, hat                        soren müssen exakt an die Körpergröße des
        die Smartwatch selbst getestet. Er möchte mit                          Benutzers angepasst werden“, erklärt Amft.
        ihr Patienten mit Vorhofflimmern nach Abla-                            „Das muss bereits beim Herstellungsverfahren
        tion überwachen. Hierzu kommen beide Herz-                             berücksichtigt werden, vor der Weiterverar-
        funktionen der Smartwatch zum Einsatz: Der                             beitung zum Wearable.“ Weltweit arbeiten
        optische Sensor misst den Herzrhythmus.                                Forscher an intelligenten Textilien, die bei-
        Spürt der Patient Störungen im Herzrhythmus                            spielsweise im Sportbereich zum Einsatz kom-
        oder erhält er von der Uhr eine Warnmeldung,                           men. Zu den Schwierigkeiten bei der Herstel-
        misst er mit dem elektrischen Sensor sein EKG.                         lung kommen auch hohe Anforderungen an die
        Gegenüber dem Portal kardiologie.org erklär-                           eigentlichen Messungen. Im Unterschied zu
        te Deneke: „Hier arbeiten wir im Moment mit                            einem aufgeklebten, stationären Pflaster, wel-
        rund 50 mobilen, kabelgebundenen EKGs, die                             ches ein Signal akkurat empfangen kann, ist
        ihre Daten an ein iPad übermitteln und dann                            eine Textilie am Körper fast immer in Bewe-
        automatisiert via Telemedizin an unser Zent-                           gung. Dies hat zur Folge, dass bei den Messun-
        rum weiterleiten. Wir hoffen, dass sich diese                          gen Artefakte auftreten können. „Ich kenne im
        Art der Überwachung künftig auch mit der                               medizinischen Bereich nur ein paar EKG-Shirts
        Smartwatch realisieren lässt.“                                         weltweit, die eine FDA-Zulassung haben“, er-
           Es geht aber auch eine Nummer kleiner: Die                          klärt Stammel, „und diese funktionieren nur
        neue Smartwatch Heartguide von Omron hat                               zuverlässig, wenn sie eine perfekte Passform
        auf der Gehäuseunterseite ein kleines Polster,                         für den Träger haben.“
        das sich zur Blutdruckmessung ähnlich auf-                                Einfacher zu messen und deshalb bereits
        pumpt wie die Oberarm-Manschette eines                                 erhältlich sind Wearables für die Ohren. Bei
        herkömmlichen Blutdruckmessgeräts.                                     den sogenannten Hearables handelt es sich um
           Noch im Entwicklungsstadium befindet sich                           kabellose In-Ear-Kopfhörer, die das Ohr mit
        die intelligente Brille des Lehrstuhls für  Digital                    Musik versorgen und zeitgleich Gesundheits-
        Health der Universität Erlangen-Nürnberg. Das                          daten erfassen. Erfunden hat diese Weara-
        Brillengestell enthält mehrere Sensoren. Ober-                         bles-Klasse das Münchner Unternehmen  Bragi,
        halb der Ohren wird die elektrische Spannung                           dessen „The Dash“ neben den üblichen Funk-
        der Kaumuskulatur erfasst, die bei der Bewe-                           tionen (Schritte zählen, verbrauchte Kalorien
        gung des Muskels entsteht. Außerdem werden                             messen) die Herz- und Atemfrequenz misst
        Kaugeräusche über die Vibration des Schädels                           und auf eine Smartphone-App überträgt. In-
        erfasst. Die Messwerte werden von einem                                zwischen bieten viele Hersteller solche
        Smartphone ausgewertet. Die unterschiedli-                               Hearables an.
        chen Kaugeräusche der verschiedenen Lebens-
                                                                               Energiewende
        mittel haben ein Geräuschmuster, das ähnlich
        eindeutig ist wie ein Fingerabdruck. Auf diese                         Der Trend zur Integration verschiedener Sen-
        Weise kann ein Algorithmus die Speisekatego-                           soren und zur Miniaturisierung hält an. „Wea-
        rie erkennen und protokollieren, was eine Per-                         rables werden immer weniger sichtbar“, stellt
        son zu einer bestimmten Uhrzeit isst. Die App                           Abb.: iStock.com © StudioM1             Stammel fest. Noch erfolgt die Energieversor-
        dient zur Ernährungsbeobachtung und wird                               gung der meisten Wearables über Lithium-Io-
        beispielsweise für Adipositas-Patienten ent-                           nen- oder Lithium-Polymer-Batterien. Deren

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