Page 19 - xpress_Ausgabe 19.1
P. 19
Porträt
Alle Abb.: Dr. Bernd Steffens
ARZT: Keine Berührungsängste mit den Patienten ABENTEURER: Dr. Steffens bereist gerne die Welt.
selbst“, erklärt der Mediziner. Zum Beispiel, dem normalen Arbeitspensum ab. Solche Ar- Der Arzt schätzt die Privatheit und das Fa-
dass man nur wenig zum Leben braucht. Das beitszeiten wollen sich viele junge Kollegen miliäre. Als er in der Transkei in einem kleinen
finde auch seine Frau, die ihn auf seinen Reisen nicht mehr antun.“ Ort arbeitete, kannte ihn jeder. In Bous ist das
oft begleite. Sie reisen fernab touristischer Für den Vollblutmediziner Steffens war das nicht anders. Wenn er hier durch das Dorf geht,
Routen, werden auch mal überfallen, treffen nie eine Frage: „Ich werde arbeiten, solange es ist Steffens für alle nur „de Dokta“, wie man auf
im hintersten Winkel Afghanistans auf ande- geht. Es macht mir einfach so viel Spaß!“ Au- Saarländisch sagt. Ganze Familien kommen zu
re Saarländer. Sie erleben Abenteuer. „Auf der ßerdem liege ihm das Herumsitzen nicht. ihm. Er kennt ihre Lebensumstände, ihre
Sinai-Halbinsel haben wir mal in einem Schaf- Kommt er einmal zur Ruhe, plant er entweder Krankheiten und so manches Geheimnis. „Hier
stall übernachtet und auf den Philippinen so- neue Reisen, andere Hilfsprojekte oder geht in auf dem Dorf ist man ganz nah an seinen Pati-
gar in einem Bordell“, erinnert Steffens sich die Natur. „Hier habe ich den Wald direkt vor enten dran“, sagt der Mediziner. Diese Nähe
lachend. meiner Tür. Ich liebe das. Die Stadt wäre nichts muss man auch wollen, um den Beruf des Land-
In Deutschland wächst derweil die Praxis. für mich.“ Sicher ist das auch ein Grund, warum arztes ausüben zu können.
Es kommen weitere Mediziner hinzu. Aus der er auf seinen Reisen gerne ländliche, abseits Was die Familientradition angeht, setzt sich
Einzelpraxis wird eine Gemeinschaftspraxis, gelegene Regionen, zum Beispiel in Zentral- diese weiter fort: Steffens‘ ältester Sohn hat
in die zuletzt sein Neffe, ebenfalls ein Allge- afrika oder das Albert-Schweitzer-Hospital in Medizin studiert. Allerdings praktiziert dieser
meinmediziner, als fünfter Arzt einsteigt. Um Lambaréné (Gabun) besucht. Er hat besondere in der Großstadt, aber vielleicht kommt das ja
alle Patienten zu versorgen, reicht das jedoch Begegnungen, beispielsweise mit Gorillas in noch und er wird auch Landarzt, wie der Vater
nicht aus. In den Nachbarorten schließen im- Uganda und Orang-Utans auf Borneo. und der Großvater.< $ MIRIAM MIRZA
mer mehr Praxen, weil sich keine Nachfolger
für die in Rente gehenden Ärzte finden.
INFO
Steffens sorgt sich: „Auch das Saarland leidet SOZIALES ENGAGEMENT
in den ländlichen Regionen unter Ärzteman-
gel.“ Der Beruf eines Landarztes ist ein „Kno- Dr. Bernd Steffens engagiert sich in zahlreichen sozialen Projekten, zum Beispiel in einem Mut-
ter-Kind-Projekt in Togo, einem sozialen Projekt in Kamerun, einem HIV-Projekt in Südafrika so-
chenjob“, wie er sagt und verweist auf ein
wie einem sozialen Projekt in Peru. Steffens hat sich in Afrika an der Gründung von Schulen und
Beispiel: „Die Gemeinschaftspraxis engagiert
Krankenhäusern beteiligt und beim Bau von Brunnen geholfen. In der Transkei wird er heute
sich seit Jahrzehnten in der Palliativbetreu-
noch mit der Zulassungsnummer 115 als Arzt geführt.<
ung. Das verlangt den Medizinern regelmäßi-
ge 24-stündige Bereitschaftsdienste neben
x.press 19.1 19