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Porträt
Wien und arbeitet drei Monate in einem
Berliner Krankenhaus. Nach seinem Staats-
examen im Jahr 1972 begibt sich der junge
Mediziner auf eine zweijährige Weltreise, von
der er am liebsten gar nicht mehr zurückge-
kehrt wäre. Als er es schließlich doch tut, ab-
solviert er die Facharztausbildung zum Gynä-
kologen. „Die Geburtsheilkunde hat mir immer
gefallen“, so Steffens.
Sein Wissen anwenden und erweitern kann
er auf seiner ersten Reise nach Afrika, die er
mit einem Freund unternimmt. „Seitdem hat
mich der Kontinent nicht mehr losgelassen“,
sagt der Arzt. In der Transkei (Südafrika) beim
Stamm von Nelson Mandela arbeitet er in ei-
nem Missionskrankenhaus und muss dort die
komplette Bandbreite medizinischer Heil-
kunst anwenden – vom Zähneziehen bis zum
Absaugen tuberkulöser Lungen und viel in der
Geburtshilfe. Steffens: „Ich habe in dieser Zeit
sehr viel gelernt. Das hat mir gefallen, vor al-
DR. BERND STEFFENS lem, dass ich nicht nur auf eine Disziplin be-
schränkt war.“
Der Gynäkologe will in Afrika bleiben, doch
es erreicht ihn ein Hilferuf seiner Familie: Sein
Cousin ist erkrankt und braucht eine Vertre-
tung für seine allgemeinmedizinische Praxis
in Bous. Aus der Kurzzeitvertretung wird im
Herbst 1982 eine volle Praxisübernahme. Es
folgt die Qualifizierung als Allgemeinmedizi-
ner. Das Besondere: Weil er zu dem Zeitpunkt
Der
bis heute in seiner Landarztpraxis sowohl als
igentlich könnte es sich Dr. Bernd Steffens bereits zahlreiche Schwangere betreut, darf er
als Rentner gut gehen lassen. Doch Müßig- Allgemeinmediziner als auch als Gynäkologe
Egang ist seine Sache nicht. Darum führt
der 72-Jährige immer noch seine Gemein-
schaftspraxis im saarländischen Bous – und Land- und Weltarzt
reist in seiner Freizeit rund um die Welt.
Geboren wurde der Mediziner in St. Wendel.
Aufgewachsen ist er in Oberthal, einem
Dr. Bernd Steffens ist sein ganzes
3 000-Einwohner-Ort, unweit von St. Wendel. praktizieren. Er betreut seine Patienten sprich-
Medizinerleben zwischen seiner
„Ich bin nie auf die Idee gekommen, etwas an- wörtlich von der Wiege bis zur Bahre. Seinem
deres als Arzt zu werden“, sagt Steffens. Er Landarztpraxis und fernen Län- ursprünglichen Plan, in der Transkei zu blei-
habe dem Vater, der schon als Landarzt prak- dern gependelt. ben, hängt Steffens nicht lange nach: „Ich bin
tizierte, nacheifern wollen. Zwei seiner acht Pragmatiker. Ich wurde gebraucht, also blieb
Geschwister sind ebenfalls Ärzte. Es liegt also ich.“ Zwei Jahre später heiratet er. Bald darauf
in der Familie. kommt das erste von vier Kindern auf die Welt.
Darum beginnt er nach seinem Abitur im Richtig sesshaft wird Steffens jedoch nur
Jahr 1966 in Homburg das Medizinstudium. vordergründig. Immer wieder zieht es ihn in
Während des Studiums entdeckt der Saarländer die Ferne. Kaum ein Land, das er nicht bereist.
seine Reiselust. Und auch diese ist quasi eine Er pflegt enge Kontakte ins Ausland, unter-
Familienkrankheit. Schon sein Vater unter- stützt zahlreiche Projekte in der ganzen Welt
nahm zahlreiche Reisen und verdingte sich – und unternimmt immer wieder Reisen, be-
sogar zeitweilig als Schiffsarzt. sonders nach Zentralafrika und in die Sahara.
Der Student Steffens hat ebenfalls Fernweh „Beim Reisen erfährt man nicht nur viel über
und reist nach Kalifornien, studiert ein Jahr in andere Länder, man lernt auch viel über sich
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