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Porträt
Ingenieur ist. Dieser hatte ein neues, günstige-
res Gegengift gegen Schlangengifte entwickelt
– ein Erfolg, der den jungen Mediziner zum
Nachdenken brachte: „Ich dachte, dass mein
Freund jetzt den Rest seines Lebens einfach
gar nichts mehr machen muss und wahrschein-
lich trotzdem mehr Menschen geholfen hat, als
ich das als Arzt im Krankenhaus tue.“ Dennoch
hat er nie bereut, Arzt geworden zu sein.
Der 1985 in Saarbrücken geborene
Jungmann hat nach dem Abitur ursprünglich
andere berufliche Ziele. Im Anschluss geht er
zunächst zur Bundeswehr und absolviert die
Ausbildung zum Reserveoffizier der Fall-
schirmjäger. Doch nach zwei Jahren, mit 20
Jahren, zieht es ihn an die Universität und er
beginnt sein Medizinstudium in Homburg. Weil
er seinen Horizont erweitern und das Thema
Abb.: Kathrin Schafbauer Gesundheit von einer zusätzlichen Perspektive
betrachten möchte, macht er währenddessen
auch noch den Master in Public Health an der
SVEN JUNGMANN London School of Hygiene & Tropical Medicine
und schließt an seinen Studienabschluss im
Jahr 2012 einen Master in Public Policy an der
Universität Oxford an.
Von der Klinik in die Start-up-Szene
Um praktische Erfahrung als Mediziner zu
sammeln, sucht Jungmann nach seiner Stu-
dienzeit erst einmal eine Anstellung an einer
Klinik. In den folgenden drei Jahren arbeitet er
Der
liner Krankenhäuser, darunter der Charité.
r. Sven Jungmann ist das, was man kli- in der inneren Abteilung verschiedener Ber-
scheehaft als jung und dynamisch be- Dabei spielt er immer mit offenen Karten und
Dzeichnet. Stillstand ist nicht sein Ding. informiert seine Vorgesetzten, dass er nicht
Der gebürtige Saarländer ist Mediziner, Entre- gedenkt, für immer in der Klinik
preneur, Speaker und coacht Start-ups zur Vermittler zu bleiben. „Mein Chef war sehr
Marktreife. Dazu reist er in der Welt herum, verständnisvoll und hat mich un-
trifft Ärztinnen und Ärzte, Politikerinnen und terstützt“, erinnert er sich.
Politiker, Unternehmerinnen und Unternehmer Schließlich folgt der Anruf aus der
und nimmt oft eine Vermittlerposition ein. Konzernzentrale der Helios Klini-
Der Arzt und Entrepreneur
Jungmann arbeitet gerne mit unterschied- ken. Ihm wird eine Position als Venture Archi-
Dr. Sven Jungmann berät
lichen Menschen und Professionen zusammen. tect in der Geschäftsführung des ersten digita-
In multiprofessionellen Teams fühlt er sich Start-ups bei der Entwicklung len Start-ups der Klinikkette angeboten. Später
von Digital-Health-Lösungen.
wohl und blüht auf, wenn er etwas voranbrin- wird Jungmann Chief Medical Officer des da-
gen kann. Das war unter anderem einer der mals neu gegründeten Unternehmens.
Gründe, warum er sich im Jahr 2017 entschloss, „Zu dieser Zeit war mein Freundeskreis
die Arbeit als Krankenhausarzt hinter sich zu überwiegend nicht medizinisch, viele waren
lassen und sich in die freie Wirtschaft zu be- im Start-up-Bereich tätig. Das wollte ich auch“,
geben. „Ich wusste schon früh, dass ich mehr erklärt Jungmann seine Beweggründe für den
bewegen wollte, als ich als Arzt in einer Klinik Jobwechsel. Dieser markiert seinen ersten rich-
erreichen kann. Die Digitalisierung und die tigen Schritt in die Start-up-Szene – zunächst
Möglichkeiten, die sie eröffnet, um die ärztliche noch in sicheren Gefilden mit einem starken
Arbeit effizienter und die Patientenversorgung Unternehmen im Hintergrund. Aber der junge
besser zu machen, haben mich immer interes- Arzt fühlt sich beruflich angekommen. Er
siert.“ Inspiriert hatte ihn auch ein Freund, der schätzt das diverse, interdisziplinäre Team mit
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