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Thema ausgerichtet, ein Nachmittag, an dem sich in
Abb.: Adobestockphoto.com © Studio Romantic der Dermatologie engagierte IT-Start-ups im
Berliner Columbia-Theater präsentierten und
um eine Inkubator-Wildcard der Berater von
Vision Health Pioneers wetteiferten.
Google fordert die Dermatologie heraus
Den „Einheizer“ machte ausgerechnet Dr. Cí�an
Hughes von Google Health, dort als Clinical
Research Scientist zuständig für das Thema
Bildanalytik – das heißt im dermatologischen
Kontext für DermAssist. Das KI-Tool hat durch
hochrangige Publikationen auf sich aufmerk-
sam gemacht und lässt die eine oder den ande-
ren der Dermatologen um die Zukunft des
Berufs fürchten. In der Realität will natürlich
niemand Dermatologen abschaffen, auch
Google nicht. Ziel sei es, Menschen zu helfen,
unklare Hautbefunde besser einzuordnen, so
Hughes. Der Kontakt zu Arzt oder A� rztin folge
ohnehin, so die unterschwellige Botschaft, und
im Idealfall blieben den Betroffenen durch ein
Tool wie DermAssist Odysseen durchs Versor-
gungssystem – oder zumindest wochenlange
hier als klinisch relevant. „Wir haben eine Ver- „Wir stellen uns vor, im Wartezeiten auf einen diagnostischen
besserung von 4,5 Punkten gesehen und liegen Facharzttermin – erspart.
damit in ähnlicher Größenordnung wie PDE-5- nächsten Jahr zehn Pro- Der Bedarf sei enorm, so Hughes: „Google
zent der niedergelassenen
Hemmer“, so Miller. Insgesamt zeigten 96 Pro- verzeichnet zehn Milliarden Abfragen nach
zent der Patienten eine Verbesserung des Hautbefunden jährlich.“ Es gebe einfach viel zu
IIEF-Scores in jeglicher Höhe, und 93 Prozent Urologen als regelmäßige wenige Dermatologen. Hughes gab zu, dass ein
berichteten über eine höhere Lebensqualität, Verschreiber zu haben.“ robustes KI-Modell für die Dermatologie eine
quantifiziert mit dem QOL-Med-Score. größere Herausforderung sei, als viele ange-
Die anstehende randomisierte Studie, die nommen hatten – und er versicherte, dass die
den Weg zu den Preisverhandlungen mit den bei der ED nicht eine halbe Stunde reden“, so in DermAssist zur Verfügung gestellten Bild-
Krankenkassen und damit zur dauerhaften Miller. Die App mit ihrem umfangreichen In- daten ausschließlich der Modellentwicklung
Erstattung ebnen soll, wird geleitet von der formationsangebot kann hier helfen. Miller und keinerlei anderen Zwecken, auch nicht für
Vorsitzenden des Arbeitskreises Andrologie bei jedenfalls ist davon überzeugt: „Ich habe mit gezielte Werbung, dienten. Drei Jahre habe man
der DGU, Prof. Dr. Sabine Kliesch vom Klinikum fast allen Patienten, die wir bisher behandelt trainiert und entwickelt, bis man sich getraut
Münster. 190 Patienten werden teilnehmen, die haben, selbst gesprochen. Das Programm wird habe, erstmals Daten zur Erkennung von Haut-
die App Kranus Edera oder nur Informations- überwiegend sehr positiv bewertet. Wenn die befunden auf Basis von Fotos zu veröffentli-
material erhalten. Nach Ende der dreimonati- ersten Patienten zu den Urologen zurückkom- chen – vor gut einem Jahr im Fachblatt Nature
gen Intervention wechselt die ursprüngliche men und sagen, dass sie das Programm gut Medicine. In der derzeit aktuellen Version des
Kontrollgruppe dann in die Interventionsgrup- fanden, dann wird es laufen.“ Und was wäre DermAssist-Modells seien jetzt 288 verschie-
pe, sodass sowohl vergleichende Daten gene- für ihn ein Erfolg? „Es gibt in Deutschland et- dene Hautbefunde berücksichtigt, betonte
riert als auch intraindividuelle Verläufe doku- wa 2 800 niedergelassene Urologen. Wir stel- Hughes. Bei 84 Prozent aller Abfragen lande
mentiert werden können. len uns vor, dass wir im nächsten Jahr zehn der korrekte Befund in der Top-3-Liste der
Prozent davon als regelmäßige Verschreiber Vorschläge der künstlichen Intelligenz. Und in
Wie reagiert die Uro-Zunft? haben.“ 97 Prozent tauche er zumindest irgendwo auf
Die wichtigste Herausforderung wird sein, Eine andere Facharztgruppe, die im der Liste auf: „Wir glauben wirklich, dass das
genügend Urologen zu überzeugen, die App DiGA-Verzeichnis bisher noch nicht vorkommt, ein nützliches Werkzeug sein kann, um eine
auch tatsächlich einzusetzen. Miller macht sind die Dermatologen. Das ist insofern etwas Health Journey zu beginnen.“ Health Journey.
sich da keine Illusionen, denn digitale Innova- erstaunlich, als der Berufsverband der Deut- So redet die Branche.
tionen haben es nicht leicht in der ambulanten schen Dermatologen (BVDD) einer der digital
Nia will erste Neurodermitis-DiGA werden
Versorgung. Hilfreich könnte sein, dass den agilsten fachärztlichen Berufsverbände in
Urologen bei der ED oft die Zeit für eine um- Deutschland ist. Im September letzten Jahres Zurück zum Digi Derma Day des BVDD und zu
fangreiche Beratung fehlt: „Urologen wollen wurde bereits der zweite „Digi Derma Day“ seinem Start-up-Wettbewerb. Tatsächlich han-
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