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Thema
delte es sich bei den fünf Unternehmen, die um Berlin durch seine CTO Katharina Dormanns doch eine Patientenanwendung – allerdings
die Wildcard für den Inkubator konkurrierten, vertreten war. Dermagnostix ist eine digitale eine Anwendung, die wahrscheinlich keine
eher um „Grown-ups“, also Unternehmen, die Plattform für die molekulare Hautdiagnostik DiGA wird, oder die jedenfalls so aufgestellt
über die unmittelbare Gründungsphase schon – und damit ein Tool für die personalisierte, ist, dass eine Direct-to-Consumer-Platzierung
etwas hinaus sind. Mehr als deutlich wurde dermatologische Therapie, das im besten Fall auf Anhieb naheliegender erscheint. Die Rede
auch, dass die klassische BfArM-DiGA allen- abschätzen hilft, ob eine teure Therapie an- ist von UVisio, eine präventiv ausgerichtete
falls ein Teilaspekt der digitalen Dermatologie schlagen wird oder nicht. Basis ist entweder Anwendung mit Medizintechnikperipherie,
ist. Von den Unternehmen, die vorstellig wur- Biopsiematerial oder eine Art Klebeband- die sich der UV-Exposition der Haut und damit
den – nämlich UVisio, Dermagnostix, Nia abstrich des Hautbefunds. Das Material wird der Vermeidung von Hautkrebs und anderen
Health, Dermus und Legit.Health –, war nur in einer Plastikscheibe platziert, die aussieht UV-abhängigen Hauterkrankungen ver-
eines, Nia Health, mit einer klassischen DiGA wie eine Art DVD, in Wahrheit aber ein minia- schrieben hat. UVisio besteht in der Basisver-
am Start. Die App ist eine Chroniker-App, die turisiertes Labor ist. Nach Verarbeitung inner- sion aus einer App mit UV-Sensor, die zum
als Medizinprodukt zertifiziert wurde, als Beispiel auf Reisen oder beim Sport im Som-
erste Neurodermitis-App überhaupt. Sie be- mer die UV-Exposition misst. Die zweite Ver-
rechnet klinisch validierte Scores, zeichnet „Wir müssen den Nutzen sion verbindet diesen UV-Sensor mit einem
einer DiGA darlegen kön-
Hautbilder auf, integriert Umweltfaktoren auf der Photoplethysmographie basierenden
und gibt auf Basis der gesammelten individu- Sensor, der die Hautreaktion auf Sonnenex-
ellen Gesundheitsdaten personalisierte Emp- nen, was bei bei einer position direkt misst, konkret den Mela-
fehlungen für das Krankheitsmanagement. Vergütung von zwei Euro nin-Index und den Erythem-Index. So können
BVDD-Präsident Ralph von Kiedrowski be- – in Abhängigkeit von den Umweltbedingun-
schwierig ist.“
tonte, dass eine App wie Nia aus seiner Sicht gen und dem individuellen Hauttyp – perso-
eine sinnvolle Ergänzung der Neurodermi- nalisierte Empfehlungen für die Dauer einer
tis-Versorgung sein könne. Dabei dürften noch gesunden Sonnenexposition gegeben
aber die behandelnden A� rzte nicht vergessen halb der „DVD“ wird die Probe von einer ent- werden.
werden: „Wir müssen auch den Kollegen den sprechenden Apparatur KI-unterstützt vor Ort Angesichts der Tatsache, dass ein insge-
Nutzen darlegen können. Das ist aber vor dem in der Praxis in 60 bis 90 Minuten analysiert. samt bemerkenswert spannender, digitaler
Hintergrund einer geplanten Vergütung von Der erste Test, der auf dieser Plattform entwi- Nachmittag der Dermatologie das Thema DiGA
zwei Euro pro Verordnung einer DiGA schwie- ckelt wurde, ist eine molekulare Abgrenzung nur am Rande tangierte, bleibt am Ende die
rig.“ Aus von Kiedrowskis Sicht sind DiGA auf von Psoriasis und Ekzem, was rein optisch im Frage nach der Zukunft der DiGA in der Ver-
Dauer zum Scheitern verurteilt, wenn die Einzelfall nicht ganz einfach und gleichzeitig sorgung. Zumindest in der Dermatologie wür-
A� rzteschaft bei den Verhandlungen zwischen sehr relevant ist, weil sich die Therapien dia- de der digitale Sektor davon profitieren, wenn
Start-ups und Krankenkassen nicht stärker metral unterscheiden: „Insgesamt haben wir die rein digitalen Apps sehr viel stärker an die
berücksichtigt werde. jetzt drei Tests auf dieser Plattform verfügbar Welt der klassischen Medizintechnik heran-
und planen, damit 2023 in den Markt zu gehen“, rücken würden – was für den DiGA-Prozess
Digitale Arztunterstützung – wer zahlt? betonte Dormanns. die Frage in den Raum wirft, wie mit solchen
Näher dran an Arzt oder A� rztin ist ein Unter- Auch die Nummer vier im Wettbewerbs-Club Hybrid-Systemen umzugehen ist.
nehmen wie Legit.Health, das sich nicht als des Digi Derma Day, Dermus, richtet sich an Neben der Frage nach der Weiterentwick-
Patientenanwendung versteht, damit auch ärztliche Anwender. Das Unternehmen hat ei- lung des DiGA-Verfahrens lautet die zweite,
keine DiGA-Listung anstrebt, sondern den nen ultraschallbasierten Hautscanner entwi- brennende Frage nach dem Digi Derma Day:
Dermatologen in der Praxis digital zur Hand ckelt, der am Point-of-Care 3D-Rekonstrukti- Wie können jene digitalen Innovationen besser
gehen will. Dies geschieht in diesem Fall über onen der Haut anfertigt und so die Dermato- in die Arztpraxen kommen, die schon deswe-
eine KI-gestützte Fotodokumentation von skopie unterstützt. Mittels erneut KI-gestütz- gen keine DiGA werden, weil sie sich nicht
Hautbefunden mit Automatisierung des Sco- ter Software können Dermatoskopie- und Ul- direkt an Patienten richten? Politische Stich-
rings. Bei der Psoriasis beispielsweise sind traschallbefunde übereinander projiziert und worte dazu sind „Praxismodernisierungsge-
Dermatologen angehalten, einen Hautscore zu für die Hautrekonstruktion genutzt werden, setz“ oder „Arztpraxenzukunftsfonds“, sprich
bilden, den PASI. Das kann zeitaufwendig sein, mit im Ergebnis wesentlich präziserer Befund- umfangreiche finanzielle Förderprogramme
nicht nur, aber insbesondere auch im Rahmen darstellung, als das bisher im Rahmen einer für eine bessere Ausstattung der Arztpraxen
klinischer Studien, bei denen oft mehrere ver- normalen Hautarztpraxis möglich ist. Relevant mit innovativen Anwendungen und Tools nach
schiedene Scores erforderlich sind. Hier, beim sei das vor allem beim weißen Hautkrebs, so dem Vorbild des Krankenhauszukunftsgeset-
Thema Arbeitsentlastung, setzt Legit.Health von Kiedrowski. Allein: Auch bei diesem Tool zes. Ob das allerdings politisch und finanziell
mit seiner arztunterstützenden KI-Anwen- stelle sich aus ärztlicher Sicht die Finanzie- durchsetzbar ist, darüber gehen die Meinun-
dung an. Von Kiedrowski vergibt dafür gute rungsfrage. gen in Berlin stark auseinander.<
Noten: „Dokumentation ist für uns ein rele- $ PHILIPP GRÄTZEL
… and the winner is
vantes Thema.“
Noch medizinischer ist Dermagnostix un- Gewonnen hat die Wildcard für den Vision
terwegs, ein Freiburger Unternehmen, das in Health Pioneers Inkubator am Ende dann
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