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Titelgeschichte
Datentransaktionen im Gesundheitswesen eine Ethikkommission grünes Licht geben.
sind nichts Neues und gelten als lukratives „Jeder, der diese Hürde nimmt, sollte in die
Geschäftsmodell. IQVIA beispielsweise, ein Gruppe der antragsberechtigten Organisati-
international agierender Anbieter von Daten, onen aufgenommen werden“, sagt Man-
Datenanalysen und Auftragsforschung, verfügt ner-Romberg und verweist auf Finnland: Bei
nach eigenen Angaben über eine der weltweit der dortigen Datentreuhandstelle Findata
Abb.: Adobestockphoto.de © He2 stammen aus unterschiedlichen Quellen, etwa gleichermaßen Daten für ihre Forschung be-
größten kuratierten Datenbanken. Die Daten können öffentliche und private Institutionen
von Apothekenrechenzentren, Arztpraxen und antragen.
Krankenhäusern – „alles datenschutzkonform
Es muss also noch einiges getan werden,
und in Absprache mit den einzelnen Landesbe-
damit der Datenschatz gehoben werden kann.
hörden“, betont Sprecherin Dr. Gisela Maag. Das Die Gesetzgebung müsse bundesweit verein-
machen, stellt auf ihrer Website einen Mus-
tertext für einen solchen „Broad Consent“ zur Unternehmen stellt die Daten sowohl öffentli- heitlicht werden, da Forschung an den Länder-
Verfügung. Die Arbeit daran sei intensiv gewe- chen Forschungseinrichtungen als auch Indus- grenzen nicht haltmache, sagt Semler. Zudem
sen, erzählt Sebastian C. Semler, Geschäftsfüh- trieunternehmen für Studien zur Verfügung, müssten Regeln für die Standardisierung und
rer der Technologie- und Methodenplattform nutzt sie aber auch für eigene Forschungsfra- den technischen Austausch geschaffen werden,
für die vernetzte medizinische Forschung e. V. gen oder für Gemeinschaftsprojekte mit uni- damit sie überhaupt für Forschungsfragen
(TMF), die die MII koordiniert. Der Text sei mit sinnvoll verknüpft werden können. „Wir reden
allen Landesdatenschutzbehörden abgestimmt ständig darüber, wie wichtig medizinische Da-
Unternehmen können
und von der Datenschutzkonferenz des Bundes ten und die Forschung mit diesen Daten sind.
und der Länder verabschiedet worden. Daten direkt beim In vielen Gremien und Festlegungen, wie jüngst
Neben der rechtlichen Ausgangslage ist un- in der Interoperabilitätsverordnung, ist die
klar, was genau mit den Daten nach der Spende Patienten erwerben. medizinische Forschung aber nicht hinreichend
passieren soll. Im SVR-Gutachten ist die Rede berücksichtigt. Das passt nicht zusammen“,
vom Forschungsdatenzentrum als zentraler, beklagt Semler.
treuhänderisch verwalteter Datensammelstel- versitären Partnern, meist im Bereich der
Forderung nach Forschungsdatengesetz
le. Die MII hingegen setzt auf eine dezentral-fö- Versorgungsforschung. Daneben führt IQVIA
derierte Datenhaltung. „Wir brauchen keinen klinische Studien für verschiedene Auftragge- „Ein guter Anfang ist gemacht“, findet Profes-
einzelnen großen Datentanker“, sagt Semler. ber durch. Beim Schweizer Unternehmen sor Jörg Debatin, der den health innovation
Der sei zu unübersichtlich, zu schwer instand Healthbank profitieren diejenigen vom Daten- hub des Bundesgesundheitsministeriums
zu halten, die Daten zu weit entfernt von ihrem handel, denen die Daten gehören: die Patienten. leitet. Bei den Digitalisierungsgesetzen, die
Ursprung. „In der Wissenschaft ist es wichtig Healthbank stellt eine Austausch-Plattform in der vergangenen Legislaturperiode auf den
zu wissen, in welchem Kontext Daten erhoben zur Verfügung, auf der Patienten ihre Daten Weg gebracht worden sind, stand er dem Mi-
worden sind“, erläutert der Mediziner. Deshalb hochladen und verwalten können. Forscher nisterium beratend zur Seite. Ein Forschungs-
werden im Rahmen der MII Datenintegrati- oder Unternehmen können diese direkt bei den datengesetz, wie es auch der SVR in seinem
onszentren an den Universitätskliniken ge- Patienten erwerben. Gutachten vorschlägt, wäre seiner Meinung
schaffen. Dort werden die Versorgungsdaten Bei der Zugriffsberechtigung auf die Daten nach sinnvoll, „da 17 Landes- und ein Bundes-
aus dem jeweiligen Krankenhausinformations- lässt das PDSG die industrielle Gesundheits- datenschützer sich nicht immer einig sind“.
system gebündelt und in eine „einheitliche wirtschaft völlig außen vor und benennt le- Ein solches Gesetz könne klar definieren,
Sprache“ übersetzt, die Computer lesen und diglich öffentlich finanzierte Forscher, die wann Daten zu pseudonymisieren oder zu
verarbeiten können. Nur so können klinische beim FDZ die Herausgabe von Daten beantra- anonymisieren (siehe Seite 16/17) sind, wann
Parameter oder Medikationsdaten zwischen gen können. „Ein Unding“, finden Dennis der Personenbezug bestehen bleiben kann
verschiedenen Klinikstandorten oder sogar Geisthardt vom Bundesverband Gesund- und wer unter welchen Umständen auf die
länderübergreifend ausgetauscht werden. Wer heits-IT (bvitg) und Tobias Manner-Romberg Daten zugreifen kann. „Was wir jetzt brau-
die Daten nutzen darf, entscheiden Use-and- vom Verband Forschender Arzneimittelher- chen, ist eine Positivliste“, sagt Debatin, „wir
Access-Komitees an den angefragten Univer- steller (vfa). Ein Großteil der medizinischen müssen endlich diesen Graubereich verlassen,
sitätskliniken. In diesen Ausschüssen sitzen Forschung fände in der Privatwirtschaft statt. dessen Grenzen niemand klar kennt und des-
Mediziner, Forscher, Ethiker und Datenschüt- So seien im vergangenen Jahr 90 Prozent aller halb vor lauter Angst, sie zu überschreiten,
zer an einem Tisch und prüfen die Anträge der klinischen Studien für neue Medikamente von lieber nichts macht.“ Auch eine Digitalisie-
Forschenden auf Datennutzung. Außerdem privaten Pharmaunternehmen initiiert wor- rungsoffensive für den ambulanten Sektor sei
prüft eine unabhängige Ethikkommission jedes den. Die Voraussetzungen sind klar definiert: angezeigt. „Das Krankenhauszukunftsgesetz
beantragte medizinische Forschungsprojekt. Forscher, egal ob aus öffentlichen oder priva- verhilft den Krankenhäusern zu einem enor-
Dieses Vorgehen könnte als Blaupause für ten Forschungseinrichtungen, müssen die men Digitalisierungsschub. Etwas A� hnliches
künftige Datentreuhänder dienen, die derzeit Studien beim BfArM beantragen und geneh- – ein Praxiszukunftsgesetz – würde uns auch
viel diskutiert werden, deren Anforderungen migen lassen. Sie müssen auch gewährleisten, im vertragsärztlichen Bereich enorm voran-
bislang kaum beschrieben sind. dass sie die Daten schützen. Schließlich muss bringen.“< $ JANA EHRHARDT-JOSWIG
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