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Thema
91 Prozent der Patienten,
bis Ende 2020 (Stand Redaktionsschluss) per Pandemie stehen, wie zum Beispiel Bequem-
Videosprechstunde durchführen und abrech- die eine Videosprech- lichkeit oder Neugier.
nen dürfen. Bei den meisten Patienten ist die neue digi-
Von den niedergelassenen Ärzten haben im stunde genutzt haben, tale Kommunikationsform offenbar recht gut
Mai 2020 knapp die Hälfte der Hausärzte und angekommen. 56 Prozent der Befragten gaben
der nichtoperativ tätigen Fachärzte die Vi- würden sie im Freundes- an, dass der Arzt während der Videosprechstun-
und Familienkreis
deosprechstunde bereits genutzt oder geplant, de gut auf sie eingegangen sei. 91 Prozent wür-
diese zumindest kurzfristig anzubieten. den sie im Freundes- und Familienkreis weiter-
Fachärzte, die operieren, machten zu zwei Drit- weiterempfehlen. empfehlen und 80 Prozent wünschen sich, dass
tel keinen Gebrauch von der Videosprechstunde. das Angebot ausgebaut wird. Überhaupt sind
Eigentlich wäre zu erwarten gewesen, dass sehr viele Patienten digitalaffin. Der Bit-
Wie es die Patienten sehen
die Videosprechstunde auf dem Land stärker kom-Umfrage zufolge nutzen drei Viertel Ge-
genutzt wird als in der Stadt. Die Erhebung in Auch bei den Patienten kommt die Video- sundheits- oder Fitness-Apps. So zeichnet zum
der Pandemie hat jedoch ergeben, dass etwas sprechstunde überwiegend gut an. Einer Um- Beispiel die Hälfte der Patienten bereits Körper-
mehr Ärzte in den städtischen Regionen Vi- frage des Branchenverbands Bitkom zufolge und Fitnessdaten mittels App auf oder hat das
deosprechstunden angeboten haben als auf stieg der Anteil der Patienten, die Videosprech- zumindest vor. Groß ist auch das Interesse an
dem Land. Insgesamt bieten 72,2 Prozent der stunden in Anspruch genommen haben, von Anwendungen, die es in Deutschland noch gar
2 240 Befragten in der Pandemie mehr Vi- Mai 2019 bis Juli 2020 von 39 auf 45 Prozent. nicht gibt, die aber in der Pandemie durchaus
deosprechstunden an. 60,1 Prozent der Ärzte Hauptmotivation für die Nutzung der Vi- hilfreich wären, wie zum Beispiel die elektro-
empfehlen ihren Patienten, die Videosprech- deosprechstunde war die Angst vor einer In- nische Patientenakte ePA, die laut Umfrage 83
stunde zu nutzen. Die meisten Ärzte rechnen fektion mit dem Corona-Virus in der Praxis. Prozent nutzen möchten oder zumindest in Er-
zwar mit einem Rückgang nach der Pandemie, Außerdem wollten viele Patienten in der Pan- wägung ziehen. Auch das elektronische Rezept
gehen aber davon aus, dass sie auch in Zukunft demie schnell den Rat des Arztes einholen und findet großen Anklang (66 Prozent).
deutlich mehr Videosprechstunden anbieten lange Wartezeiten vermeiden. Es gab aber auch Die Patienten sind mehrheitlich (65 Pro-
werden als früher. Gründe, die nicht in Zusammenhang mit der zent) der Meinung, dass der Ausbau digitaler
INFO LESSONS LEARNED
COVID-19. Die niedergelassenen Ärzte haben in der Covid-19-Pandemie die positiv getesteten Patienten ambulant versorgt und nur Patienten mit schweren
Verläufen in die Kliniken überwiesen. Dadurch haben sie einen wesentlichen Anteil daran, dass es nicht zu einer Überlastung des stationären Bereichs
gekommen ist. Aus dieser Erfahrung im Umgang mit der Pandemie fordert die Bundesärztekammer:
1. Flächendeckender Ausbau und unkomplizierter, diskriminierungsfreier 7. Flächendeckende Einführung einer einheitlichen und sicheren
Zugang zu nach Möglichkeit BSI-zertifizierten Videokonferenzmöglichkei- Messenger-App/Anwendung für eine schnelle asynchrone, unproblemati-
ten. sche Kommunikation im gesamten medizinischen Bereich.
2. Besserer Zugang zu Wissensdatenbanken und aktuellen Forschungsergeb- 8. Etablierung von (elektronischen) Signalisierungs-, Melde- und
nissen für Ärztinnen und Ärzte. Informationswegen für die Koordinierung der Versorgung sowie für
die Beschaffungen beispielsweise von Schutzausrüstungen in vergleich-
3. Ausbau von Telekonsilen (beispielsweise zu Fragestellungen bei der Beat- baren Situationen. Quelle: Digitale Transformation in der Medizin in Pandemiezeiten (Behandlung - Information - Kommunikation – BIK) – Erfahrungen und Perspektiven,
mung von an Covid-19 erkrankten Patienten) mit Experten, unmittelbar
beteiligten Kollegen und auch anderen Berufen und Einrichtungen im 9. Dauerhafte Möglichkeit der Bescheinigung einer Arbeitsunfähigkeit über
Gesundheitswesen, insbesondere für die ärztliche Betreuung von Pflege- Telefon- und Videokontakt für Bestandspatienten von Haus- und
einrichtungen und Altersheimen. Kinderärzten.
4. Ausbau von Monitoring-Möglichkeiten für ambulante Patientinnen und 10. Erweiterung von Registern für medizinische Ressourcen (zum Beispiel
Patienten. DIVI-Intensivbettenregister).
5. Die Qualifizierung der Ärzteschaft, der medizinischen Fachangestellten 11. Medizinische und ethische Begleitforschung bei der Weiterentwicklung
und der Angehörigen der Pflegeberufe für den Umgang mit digitalen digitaler Anwendungen.
Anwendungen stellt eine besondere Herausforderung dar. Bundesärztekammer 20.05.2020
12. Zurverfügungstellung von digitalen Kommunikationsmöglichkeiten
6. Etablierung eines einheitlichen Identity-Access-Managements für Ärzte in zwischen Patienten und ihren Angehörigen, insbesondere bei bestehen-
der Verantwortung der Ärztekammern. den Besuchseinschränkungen.
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