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Thema
Angebote schneller erfolgen sollte. Und 60 strengen Regelungen für die Videosprechstun-
Prozent sind der Auffassung, dass Deutschland de gelockert und Russland die gesetzlichen
im internationalen Vergleich bei der Digitali- Voraussetzungen dafür geschaffen. Die Russen
sierung des Gesundheitssystems zurückliegt. wollen auch das elektronische Rezept einfüh-
ren. Es muss aber nicht immer die Videosprech-
Blick über die Grenzen stunde sein. Italienische Regionen setzen auch
Damit liegen die Angaben der Patienten auf Chatbots für Patienten.
im welt weiten Trend, wie die Studie Restriktiver als Deutschland geht Polen in
SmartHealthSystems von Bertelsmann zeigt. der Krise vor. Dort hat die Regierung zusätzlich
Bei der Untersuchung der E-Health-Nutzung in zu einer Nachverfolgungs-App eine Quarantä-
17 Ländern noch vor der Corona-Krise landete ne-App eingeführt, mit der die Regierung über-
Deutschland auf dem vorletzten Platz. In prüft, ob die Menschen die Quarantäne einhal-
Dänemark, Israel und den Niederlanden gehör- ten. Die App erfasst den Standort des Smart-
te die Videosprechstunde schon vor der Pan- phone-Besitzers, der regelmäßig ein Selfie
demie zur Regelversorgung. Noch stärker ver- machen muss. Auf diese Weise kann die Regie-
breitet als die Videosprechstunde war, eben- rung kontrollieren, ob sich der Patient in seiner
falls vor Corona, das Telekonsil. Es gehörte in eigenen Wohnung aufhält. Größere Ausflüge
sechs der untersuchten Länder bereits zur sind auch deshalb nicht möglich, weil der Be-
Regelversorgung. Wie andere Länder während troffene regelmäßig Aufgaben auf sein Smart-
der Corona-Pandemie die Digitalisierung für phone gesendet bekommt, die er innerhalb von Abb.: iStockphoto.com © franckreporter
das Gesundheitswesen nutzen, zeigt beispiel- 20 Minuten erledigen muss. Besonders um-
haft ein Blick über die Grenzen. In der Schweiz stritten: Die Regierung möchte die Daten der
stieg die Nutzung der Videosprechstunde eben- Quarantäne-App bis zu sechs Jahre speichern.
falls stark an. Die Eidgenossen haben auch eine
App zur Kontaktnachverfolgung entwickelt. genutzt wird, hängt von mehreren Faktoren
Das Telekonsil gehört
Ähnlich wie bei uns soll in der Schweiz eine ab: Zum einen sind die Videosprechstunden-
elektronische Patientenakte (EPD, elek- lösungen dann wieder kostenpflichtig, zum
tronisches Patienten Dossier) erst zum Jahres- in mehreren Ländern anderen tritt möglicherweise wieder die alte
wechsel zur Verfügung stehen. Medienberich- bereits zur Regelung in Kraft, nach der die Ärzte bis zu 20
ten zufolge hat die Covid-19-Pandemie die Di- Prozent ihrer Patientenkontakte per Vi-
Regelversorgung.
gitalisierung der Schweizer Arztpraxen be- deosprechstunde abrechnen dürfen. Die Stu-
schleunigt. So haben sich viele Arztpraxen bei dienautoren des health innovation hub emp-
der Laborkommunikation mittlerweile vom fehlen der Selbstverwaltung aber, die Regelung
Fax verabschiedet und sind auf ein einheitli- nach der Pandemie noch für eine bestimmte
Was nach der Pandemie bleibt
ches Datenaustauschformat umgeschwenkt, Zeit auszusetzen. Einerseits ließen sich so wei-
das schon länger zur Verfügung stand. Obwohl aus heutiger Sicht 2021 mit den ersten tere Erfahrungswerte sammeln, um eine sinn-
In Österreich konnten die Ärzte schon vor Impfungen gegen das Sars-CoV-2-Virus begon- volle Zahl von Videosprechstunden festzule-
Corona auf die ELGA (elektronische Gesund- nen werden kann, ist ein Ende der Pandemie gen, die über dem bisherigen Wert liegen
heitsakte) zugreifen. Wie in Deutschland und aktuell noch nicht absehbar. Die TI-Anwendun- dürfte. Zudem könnte eine Verlängerung dazu
der Schweiz boomt die Videosprechstunde. „68 gen elektronische Patientenakte, elektronische dienen, den tatsächlichen Aufwand für eine
Prozent der Ärzte betreuen heute mehr Pati- Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und Videosprechstunde zu evaluieren. Die Studie
enten telemedizinisch als vor der Krise”, sagte elektronisches Rezept, die 2021 ausgerollt des health innovation hub ergab nämlich, dass
Thomas Holzgruber, Direktor der Ärztekam- werden, können die Arbeit der Ärzte in der viele Ärzte mit der Vergütung der Videosprech-
mer Wien, auf einer Veranstaltung der Wirt- Krise erleichtern. Unabhängig davon wird sich stunden unzufrieden sind. Die Autoren brin-
schaftskammer Wien. Mit Blick auf eine breite die Videosprechstunde endgültig etablieren. gen deshalb auch eine völlige Freigabe ins
Akzeptanz in der Bevölkerung ergänzte er: Wie intensiv sie aber nach der Pandemie Spiel.< $ DR. MICHAEL LANG
„Das wird nicht mehr zurückgehen, wir werden
nie wieder in eine Vor-Pandemie-Zeit kom-
SO MACHT ES MEDATIXX Q
men." Die Österreicher treffen bereits Vorkeh-
rungen, im nächsten Jahr sämtliche Coro-
na-Impfungen mit einem elektronischen Impf-
UNTERSTÜTZUNG. medatixx unterstützt Ärzte in der Pandemie mit der Video-
pass digital zu erfassen und zu dokumentieren.
sprechstunde x.onvid (kostenfrei bis 30.11.2020) sowie mit weiteren digitalen
Die Videosprechstunde hat in der Krise auch
Angeboten, wie der elektronischen Terminvergabe und der Möglichkeit, über
in anderen Ländern an Bedeutung gewonnen.
die Praxissoftware auf digitale Nachschlagewerke zuzugreifen.<
Einer Studie von Germany Trade and Invest
(GTAI) zufolge hat Japan die bislang geltenden
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