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Titelgeschichte




                                                 ichtlich stolz verkündete die gematik am  zufolge geht er davon aus, dass sich die Akte bei
                                                 6. Januar: „Wir haben geliefert: ePA ist  den Ärzten und Patienten erst in vier bis fünf
                                             S gestartet“. Gemeint war, dass die 103  Jahren etabliert haben wird. Über 73 Millionen
                                             gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland  Versicherte sollen in den kommenden Jahren
                                             die gesetzlichen Vorgaben eingehalten haben  vom Mehrwert der Akte überzeugt werden,
                                             und ihren Versicherten zum Stichtag 1. Januar  diese – auf freiwilliger Basis – zu nutzen. Ärzte
                                             2021 eine elektronische Patientenakte (ePA)  sind zwar gesetzlich dazu verpflichtet, auf Ver-
                                             zur Verfügung stellen konnten. Wie geht es  langen ihrer Patienten Dokumente in eine ePA
                                             jetzt weiter?                      einzustellen. Sie werden die neue Akte aber nur
                                               Die Einführung der ePA ist in drei Phasen  dann für ihre Arbeit nutzen, wenn sie darin
                                             geplant. In Phase 1 (ab dem ersten Quartal  ebenfalls einen erkennbaren Mehrwert sehen.
                                             2021) stellen die gesetzlichen Krankenkassen   Am Anfang müssen sich alle Beteiligten in
                                             ihren Versicherten eine ePA in Form einer App  Geduld üben. Das Henne-Ei-Problem wird
                                             zur Verfügung. Die Versicherten können die  dazu führen, dass die Ärzte zunächst einmal
                                             ePA-App von einem App Store herunterladen  einen Mehraufwand mit der ePA haben, ohne
                                             und auf ihrem mobilen Endgerät (Smartphone  einen tatsächlichen Mehrwert in ihrem Alltag
                                             oder Tablet) installieren. Sowohl die zur Ver- zu erfahren. Letzterer entsteht erst nach und
                                             fügung gestellten ePA-Apps als auch die da- nach, wenn die Akten umfangreicher werden.
                                             hinterliegenden Aktensysteme zur Speiche- Das Befüllen der Akte mit Behandlungsdaten
                       ELEKTRONISCHE PATIENTENAKTE
                       Staffel 1, die Erste!







                        Die elektronische
                        Patientenakte (ePA)   rung der ePA-Daten in den Rechenzentren der  ist so konzipiert, dass es aus der Praxissoft-
                        ist gestartet. Ob     Kassendienstleister haben alle Zulassungs- ware heraus möglich ist. Der Arzt darf das
                        die angestrebte      verfahren erfolgreich durchlaufen. Parallel  Speichern der ePA-Daten an sein Praxisteam
                        Vernetzung aller     dazu findet in ausgewählten Praxen ein er- delegieren. Der eigentliche Aufwand für den
                        Ärzte, Apotheken     weiterter Feldtest – eine Kombination aus  Arzt entsteht durch die Beratungsleistung.
                                                                                Zunächst muss er seinen Patienten darüber
                                             Erprobung und Einführung – statt.
                        und Krankenhäuser      In Phase 2 (zweites Quartal 2021) sollen  informieren, dass dieser seine Daten in einer
                        zum Publikumslieb-   nach und nach alle rund 200 000 Ärzte sowie  ePA speichern kann. Eine Umfrage des Unter-
                        ling avanciert oder   die Apotheken und Krankenhäuser mit der ePA  nehmens Socialwave unter 1 000 Patienten
                        floppt, hängt ent-   verbunden werden. Die Arztpraxen benötigen  kurz vor dem Start der ePA ergab, dass nur
                        scheidend von der    hierzu ein Softwareupdate für ihren Konnek- jeder zehnte Versicherte die Funktionsweise
                        Akzeptanz aller Be-  tor. Vom Anbieter ihrer Praxissoftware erhal- der ePA verstanden hat und damit einen Mehr-
                        teiligten, Ärzte wie   ten die Ärzte zusätzlich ein ePA-Modul, mit dem  wert verbindet. Ein gutes Viertel der Befrag-
                        Patienten, ab. Die   sie die Daten zwischen der ePA und der Praxis- ten ging sogar davon aus, dass es eine Pflicht
                                             software austauschen können. Außerdem müs- zur ePA-Nutzung gibt. Die Versicherten wer-
                        Chancen für ein      sen die Ärzte über einen elektronischen Heil- den nicht nur Fragen zur Funktionsweise der
                        Happy End stehen     berufsausweis verfügen. Ab dem 1. Juli 2021  ePA haben, sondern auch zum Datenschutz
                        nicht schlecht.      (Phase 3) müssen alle Praxen in der Lage sein,  und zur Verwaltung der Daten: „Wer kann
                                             Daten über die Telematikinfrastruktur in eine  meine Daten einsehen? Kann ich eigene Ein-
                                             ePA zu übertragen oder von dort auszulesen.  träge hinzufügen? Darf ich Daten löschen?“
                                             Ende des Jahres folgen die Apotheken und  Laut der Studie möchten die Patienten die
                                             Krankenhäuser. Und dann?           Antworten auf ihre Fragen zur ePA am liebsten
                                                                                von ihrem Arzt (79,5 Prozent) erhalten, ge-
                                             Akzeptanz nur bei Mehrwert         folgt von ihren Krankenkassen (56,0 Prozent).
                                             Dr. Gottfried Ludewig, Leiter der Abteilung Di-  Die Krankenkassen als Anbieter der Akte ha-
                                             gitalisierung des Gesundheitswesens beim  ben bereits viele Informationen und Anleitun-
                                             Bundesgesundheitsministerium, hat vorsorg-  gen ins Netz gestellt. Offensiv für die Akte
                                             lich die Erwartungen an den Start der ePA ge-  geworben haben sie jedoch noch nicht flächen-
                                             dämpft. Einem Bericht der „Ärzte Zeitung“  deckend (siehe Interview Seite 12).

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