Page 20 - xpress_Ausgabe 20.3
P. 20

Thema












        NOTFALLDATENMANAGEMENT UND ELEKTRONISCHER MEDIKATIONSPLAN
        Mobile Helfer






        In den nächsten Monaten starten mit dem Notfalldatenmanagement und dem elektronischen Medikationsplan
        die ersten Telematikinfrastruktur-Anwendungen, die die Patientensicherheit erhöhen sollen. Informationstechnik
        unterstützt die Ärzte bei ihren neuen Aufgaben.


                                                                               Daten auch für reguläre Behandlungen
           ine ältere Dame betritt an einem Nach-  komponenten. Ein neuer Konnektor ist jedoch
           mittag eine Arztpraxis. Kreidebleich legt  nicht erforderlich. Über ein Softwareupdate des  Anders als der Name vielleicht vermuten lässt,
       E sie ihre Gesundheitskarte vor. Es gehe ihr  Herstellers wird aus dem heutigen Konnektor  sind die Notfalldaten nicht primär für den Ret-
        nicht gut, sagt sie, und ihr Hausarzt sei in Ur-  ein E-Health-Konnektor, in Fachkreisen auch  tungsdienst oder den Notarzt bestimmt, son-
        laub. Danach bricht sie ohnmächtig zusammen.  PTV3-Konnektor genannt. Dieser enthält unter  dern in erster Linie für eine Behandlungssitu-
        Der Arzt entnimmt dem Notfalldatensatz  anderem die drei Fachmodule für QES (qualifi-  ation, in der dem niedergelassenen Arzt not-
        (NFD) auf ihrer Gesundheitskarte, dass sie  zierte elektronische Signatur), NFDM und eMP.  fallrelevante Informationen fehlen: Der Arzt
        bereits wegen Herzinsuffizienz in Behandlung  Die qualifizierte elektronische Signatur versetzt  hat diesen Patienten zuvor noch nie behandelt
        ist und eine Reihe weiterer Vorerkrankungen  den Arzt in die Lage, Dokumente rechtsverbind-  oder der Patient kann sich nicht äußern, weil
        hat. Einige Stunden später, die Praxis hat be-  lich digital zu unterschreiben – die Vorausset-  er bewusstlos ist, kaum Deutsch spricht oder
        reits geschlossen, begibt sich ein älterer Herr  zung zur Abrechnung von elektronischen Leis-  sehr starke Schmerzen hat.
        in eine Bereitschaftspraxis. Kurz zuvor hat er  tungen (zum Beispiel Notfalldatenmanagement   Ein Notfalldatensatz kann Informationen
        sich bei Gartenarbeiten verletzt. Nachdem die                          enthalten über
        MFA Splitter eines Feuerdorns aus seiner Hand                            chronische Erkrankungen des Versicherten,
                                               Für das NFDM und den
        entfernt und die Wunde desinfiziert hat, möch-                          wie zum Beispiel Diabetes oder Koronare
        te der Arzt Amoxicilin verordnen. Er sei Dia-  eMP benötigt der Arzt    Herzkrankheit
        betiker, meint der Patient, aber an eine Anti-                           frühere Operationen, zum Beispiel eine
                                                einen elektronischen
        biotika-Allergie könne er sich nicht erinnern.                          Organtransplantation
        Der Arzt sieht den elektronischen Medikati-  Heilberufsausweis.          Allergien und Unverträglichkeiten, wie zum
        onsplan (eMP) auf der Gesundheitskarte ein                              Beispiel Arzneimittelallergien mit bekann-
        und entdeckt, dass dort eine Penicillin-Allergie                        ter schwerer allergischer Reaktion
        vermerkt ist.                                                            wichtige medizinische Hinweise, zum
          Beide Fiktionen könnten schon bald Wirk-  oder elektronischer Arztbrief). Für die elektro-  Beispiel auf eine Schwangerschaft oder auf
        lichkeit werden. Im nächsten Jahr dürfen Pa-  nische Signatur benötigt der Arzt einen elekt-  Implantate
        tienten, die bestimmte Kriterien erfüllen, von  ronischen Heilberufsausweis (eHBA).       Kontaktdaten der Angehörigen oder des
        ihrem Arzt die Erstellung und laufende Pflege   Die Fachmodule NFDM und eMP ermögli-  Hausarztes
        eines Notfalldatensatzes und elektronischen  chen es dem Arzt, Notfall- und Medikations-  Außer dem Notfalldatensatz umfasst das
        Medikationsplans verlangen. Der Arzt spei-  daten auf der Gesundheitskarte zu speichern.  NFDM noch den Datensatz Persönliche Erklä-
        chert diese Information direkt auf der Gesund- Die eigentliche Erstellung und Bearbeitung  rungen (DPE).
        heitskarte. Dadurch können auch seine Kolle-  der Notfall- und Medikationsdaten findet in   Wenn ein Patient seinen Arzt um die Erstel-
        gen bei Bedarf Notfall- und Verordnungsdaten  der Praxissoftware statt. Deshalb benötigt der  lung eines Notfalldatensatzes bittet, muss der
        einsehen und einfach aktualisieren. Die Vor-  Arzt zusätzlich zur Konnektoranpassung ein  Arzt, ähnlich wie beim bundeseinheitlichen
                                                                                                                        Abb.: AdobeStock.com © Sergey Nivens
        bereitungen dazu laufen auf Hochtouren.   Update für seine Praxissoftware. Dieses Up-  Medikationsplan (BMP), zunächst prüfen, ob
          Notfalldatenmanagement (NFDM) und eMP  date stellt auch den Datenaustausch mit der  der Patient die notwendigen Voraussetzungen
        sind die ersten Anwendungen für die Telematik-  Gesundheitskarte über den Konnektor sicher.  erfüllt – ob er zum Beispiel zu einer Patienten-
        infrastruktur (TI) mit tatsächlichem medizini-  Schließlich braucht der Arzt noch ein Karten-  gruppe mit bestimmten Risikofaktoren gehört.
        schem Bezug. Damit die Ärzte das NFDM vor-  terminal in seinem Sprechzimmer. Sobald  Diese Voraussetzungen sowie alle weiteren
        nehmen und auch abrechnen können, benötigen  diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann der  Details des NFDM sind in Anhang 2 der Anlage
        sie außer der TI-Anbindung weitere Technik-  Arzt die beiden TI-Anwendungen nutzen.   4a zum Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä)

    20   x.press 20.3
   15   16   17   18   19   20   21   22   23   24   25