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Thema
NOTFALLDATENMANAGEMENT UND ELEKTRONISCHER MEDIKATIONSPLAN
Mobile Helfer
In den nächsten Monaten starten mit dem Notfalldatenmanagement und dem elektronischen Medikationsplan
die ersten Telematikinfrastruktur-Anwendungen, die die Patientensicherheit erhöhen sollen. Informationstechnik
unterstützt die Ärzte bei ihren neuen Aufgaben.
Daten auch für reguläre Behandlungen
ine ältere Dame betritt an einem Nach- komponenten. Ein neuer Konnektor ist jedoch
mittag eine Arztpraxis. Kreidebleich legt nicht erforderlich. Über ein Softwareupdate des Anders als der Name vielleicht vermuten lässt,
E sie ihre Gesundheitskarte vor. Es gehe ihr Herstellers wird aus dem heutigen Konnektor sind die Notfalldaten nicht primär für den Ret-
nicht gut, sagt sie, und ihr Hausarzt sei in Ur- ein E-Health-Konnektor, in Fachkreisen auch tungsdienst oder den Notarzt bestimmt, son-
laub. Danach bricht sie ohnmächtig zusammen. PTV3-Konnektor genannt. Dieser enthält unter dern in erster Linie für eine Behandlungssitu-
Der Arzt entnimmt dem Notfalldatensatz anderem die drei Fachmodule für QES (qualifi- ation, in der dem niedergelassenen Arzt not-
(NFD) auf ihrer Gesundheitskarte, dass sie zierte elektronische Signatur), NFDM und eMP. fallrelevante Informationen fehlen: Der Arzt
bereits wegen Herzinsuffizienz in Behandlung Die qualifizierte elektronische Signatur versetzt hat diesen Patienten zuvor noch nie behandelt
ist und eine Reihe weiterer Vorerkrankungen den Arzt in die Lage, Dokumente rechtsverbind- oder der Patient kann sich nicht äußern, weil
hat. Einige Stunden später, die Praxis hat be- lich digital zu unterschreiben – die Vorausset- er bewusstlos ist, kaum Deutsch spricht oder
reits geschlossen, begibt sich ein älterer Herr zung zur Abrechnung von elektronischen Leis- sehr starke Schmerzen hat.
in eine Bereitschaftspraxis. Kurz zuvor hat er tungen (zum Beispiel Notfalldatenmanagement Ein Notfalldatensatz kann Informationen
sich bei Gartenarbeiten verletzt. Nachdem die enthalten über
MFA Splitter eines Feuerdorns aus seiner Hand chronische Erkrankungen des Versicherten,
Für das NFDM und den
entfernt und die Wunde desinfiziert hat, möch- wie zum Beispiel Diabetes oder Koronare
te der Arzt Amoxicilin verordnen. Er sei Dia- eMP benötigt der Arzt Herzkrankheit
betiker, meint der Patient, aber an eine Anti- frühere Operationen, zum Beispiel eine
einen elektronischen
biotika-Allergie könne er sich nicht erinnern. Organtransplantation
Der Arzt sieht den elektronischen Medikati- Heilberufsausweis. Allergien und Unverträglichkeiten, wie zum
onsplan (eMP) auf der Gesundheitskarte ein Beispiel Arzneimittelallergien mit bekann-
und entdeckt, dass dort eine Penicillin-Allergie ter schwerer allergischer Reaktion
vermerkt ist. wichtige medizinische Hinweise, zum
Beide Fiktionen könnten schon bald Wirk- oder elektronischer Arztbrief). Für die elektro- Beispiel auf eine Schwangerschaft oder auf
lichkeit werden. Im nächsten Jahr dürfen Pa- nische Signatur benötigt der Arzt einen elekt- Implantate
tienten, die bestimmte Kriterien erfüllen, von ronischen Heilberufsausweis (eHBA). Kontaktdaten der Angehörigen oder des
ihrem Arzt die Erstellung und laufende Pflege Die Fachmodule NFDM und eMP ermögli- Hausarztes
eines Notfalldatensatzes und elektronischen chen es dem Arzt, Notfall- und Medikations- Außer dem Notfalldatensatz umfasst das
Medikationsplans verlangen. Der Arzt spei- daten auf der Gesundheitskarte zu speichern. NFDM noch den Datensatz Persönliche Erklä-
chert diese Information direkt auf der Gesund- Die eigentliche Erstellung und Bearbeitung rungen (DPE).
heitskarte. Dadurch können auch seine Kolle- der Notfall- und Medikationsdaten findet in Wenn ein Patient seinen Arzt um die Erstel-
gen bei Bedarf Notfall- und Verordnungsdaten der Praxissoftware statt. Deshalb benötigt der lung eines Notfalldatensatzes bittet, muss der
einsehen und einfach aktualisieren. Die Vor- Arzt zusätzlich zur Konnektoranpassung ein Arzt, ähnlich wie beim bundeseinheitlichen
Abb.: AdobeStock.com © Sergey Nivens
bereitungen dazu laufen auf Hochtouren. Update für seine Praxissoftware. Dieses Up- Medikationsplan (BMP), zunächst prüfen, ob
Notfalldatenmanagement (NFDM) und eMP date stellt auch den Datenaustausch mit der der Patient die notwendigen Voraussetzungen
sind die ersten Anwendungen für die Telematik- Gesundheitskarte über den Konnektor sicher. erfüllt – ob er zum Beispiel zu einer Patienten-
infrastruktur (TI) mit tatsächlichem medizini- Schließlich braucht der Arzt noch ein Karten- gruppe mit bestimmten Risikofaktoren gehört.
schem Bezug. Damit die Ärzte das NFDM vor- terminal in seinem Sprechzimmer. Sobald Diese Voraussetzungen sowie alle weiteren
nehmen und auch abrechnen können, benötigen diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann der Details des NFDM sind in Anhang 2 der Anlage
sie außer der TI-Anbindung weitere Technik- Arzt die beiden TI-Anwendungen nutzen. 4a zum Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä)
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