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Thema












        EU-DATENSCHUTZ-GRUNDVERORDNUNG
        Jetzt wird es ernst






        Seit dem 25. Mai gelten die neuen Regeln für den Datenschutz, die in der EU-Datenschutz-Grundverordnung
        (EU-DSGVO) und im neuen Bundesdatenschutzgesetz (DSAnpUG-EU) festgelegt sind. Bei Verstößen drohen harte
        Strafen. Hier die wichtigsten Änderungen im Überblick.


                                                                               Das Recht auf Löschen und Vergessen
           chon Angela Merkel wusste: „Daten sind  desärztekammer ist alles andere als begeistert:
           die Rohstoffe des 21. Jahrhunderts“. Wie  „Außer für ausgewiesene Datenschutzexperten  Das Recht auf Löschen ist jetzt weiter gefasst
       S groß die Verlockung ist, mit personenbe-  wird eine ‚Verständlichkeit und Übersichtlich-  als bisher und bezieht auch das Recht auf das
        zogenen Daten Kasse zu machen, hat der  keit’ für den Rechtsanwender, entgegen der  Löschen von Spuren im Internet ein. Dieses
          Facebook-Skandal in diesem Frühjahr ein-  Intention des Gesetzgebers, nicht erreicht“,  Recht auf Vergessen hat die EU-Kommission
        drucksvoll vor Augen geführt. Der Missbrauch  bemängeln die Ärztevertreter. Die ihrer Mei-  in die neue Verordnung aufgenommen, weil es
        von Gesundheitsdaten hätte noch einmal eine  nung nach unübersichtliche Rechtslage erzeu-  im Internet und den sozialen Medien vor-
        ganz andere Qualität. Einheitliche Standards  ge eine Rechtsunsicherheit, so die BÄK mit  kommt, dass Menschen mit gezielten Falsch-
        im Umgang mit personenbezogenen Daten wa-  Blick auf die „gravierenden Sanktionen“, die  meldungen diskreditiert werden. Für Arztpra-
        ren daher überfällig. Die Europäische Kommis-  auch Ärzten bei Verstößen gegen die neuen  xen bedeutet dies, dass sie auf Verlangen eines
        sion hat deshalb die EU-Datenschutz-Grund-  Datenschutzbestimmungen drohen.  Patienten dessen Daten nicht nur vor Ort in
        verordnung (EU-DSGVO) auf den Weg gebracht,                            der Praxis, sondern möglicherweise auch aus
        die am 25. Mai 2018 zeitgleich in allen Mit-                           einer Cloud oder bei Kooperationspartnern
                                                Bei Verstößen gegen
        gliedsstaaten in Kraft getreten ist.                                   wie Kollegen oder medizinischen Laboren lö-
          Für die deutschen Arztpraxen bedeutet das                            schen müssen. In der Praxis ist die Löschung
        neue Regelwerk, dass sie den Datenschutz nicht   den Datenschutz drohen   aller Spuren meist unmöglich. Oft ist es nach
        mehr auf die leichte Schulter nehmen dürfen.   drastische Sanktionen.    einem längeren Zeitraum nicht mehr nachvoll-
        Verstöße gegen den Datenschutz werden künf-                            ziehbar, wer welche Daten erhalten hat. Und
        tig nicht mehr als Ordnungswidrigkeit, son-                            selbst dann kann niemand mit Gewissheit sa-
        dern als Straftatbestand gewertet. Auch die                            gen, dass ein medizinisches Bild nicht doch
        Sanktionen haben die EU-Datenschützer dras-  Viele Datenschutzbestimmungen, die bisher  noch auf einem Computer schlummert. Der
        tisch verschärft.                  schon einzuhalten waren, gelten auch weiter-  Gesetzgeber hat bei diesem Recht deshalb Ein-
          Und es kommt noch dicker: Im Unterschied  hin. Zu den wichtigsten Neuerungen der EU-  schränkungen vorgenommen. So muss zum
        zu vielen EU-Verordnungen ist die EU-DSGVO  DSGVO zählt die Stärkung der Rechte von Per-  Beispiel der Aufwand für die Löschaktion ge-
        nicht die Vorlage für ein nationales Gesetz,  sonen, deren personenbezogene Daten verar-  rechtfertigt oder von größerem Interesse sein.
        sondern gilt automatisch in allen EU-Mitglieds-  beitet werden.        Vom Löschen ausgenommen sind Daten, die
        staaten. Über sogenannte Öffnungsklauseln                              ein Arzt aus Haftungsgründen oder als Nach-
                                           Einwilligung einholen
        erhalten die Länder die Möglichkeit, bestimm-                          weis einer Leistungserbringung aufbewahren
        te Passagen der EU-DSGVO an nationales Da-  Zu den Neuerungen zählt auch die Einwilli-  muss. Diese Daten dürfen dann aber nur zeit-
        tenschutzrecht anzupassen. Diese Änderungen  gung, die der Arzt vom betroffenen Patienten  lich begrenzt und unter bestimmten Umstän-
        stehen für Deutschland im Datenschutz-An-  einholen muss, bevor er dessen Daten an Drit-  den zugänglich sein.
                                                                                                                      Abb.: iStockphoto.com © Alexander Limbach
        passungs- und -Umsetzungsgesetz EU, kurz  te weitergibt. Dies kann zum Beispiel über den   Innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen
        DSAnpUG-EU, dem Nachfolger des bisherigen  Anamnesebogen erfolgen. Allerdings muss  Aufbewahrungsfrist darf der Arzt personen-
        Bundesdatenschutzgesetzes. Wer sich also  diese Einwilligung deutlich abgegrenzt werden  bezogene Gesundheitsdaten nicht löschen. Er
        über eine konkrete Rechtslage im deutschen  von anderen Einwilligungen. Die Zweckbin-  muss dann einen Sperrvermerk in die Akte
        Datenschutz informieren möchte, muss  dung, wonach personenbezogene Daten eines  eintragen und diesen allen anderen Ärzten mit-
          EU-DSGVO und DSAnpUG-EU nebeneinander-  Patienten nur im Zusammenhang mit Leis-  teilen, an die er Daten dieses Patienten, bei-
        legen. Vorrang hat die EU-Verordnung, das  tungserbringung und Abrechnung erhoben  spielsweise zu Studienzwecken, weitergegeben
        deutsche Recht gilt nachgeordnet. Die Bun-  werden dürfen, gab es bereits.   hat. Nach dem Ende der Aufbewahrungsfrist

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