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Titelgeschichte
Die Kassen schreiten voran auf die jetzt aktuelle Version 2.0 der ePA hat Vielleicht gibt es aber noch ein ganz anderes,
Einer, der es wissen könnte, ist Dr. Jens Baas, sich an der Zurückhaltung bei den Versicher- eher konzeptionelles Problem. Wer Beobachter
ehemals Chirurg und heute Vorstandsvorsitzen- ten nichts wesentlich geändert. Die neue Ver- des deutschen Gesundheitswesens nach einer
der der Techniker Krankenkasse (TK). An der sion erlaubt das individuelle Management der Vision für eine patientenzentrierte Digitalisie-
TK kommt in Sachen ePA niemand vorbei: Von Zugriffsrechte bis hinab auf die Ebene einzel- rung fragt, der hört sehr schnell von der ePA
den 400 000 aktivierten ePAs in Deutschland ner Dokumente. Die Attraktivität der ePA hat als digitaler Versorgungsplattform, als verbin-
(Stand: Anfang März) kamen alleine knapp das jedoch nicht messbar gesteigert, was Baas dendes Element und quasi One-Stop-Shop für
300 000 aus dem Hause TK, die bei dieser An- nicht überrascht hat: „Ich halte es für richtig alle digitalen Anwendungen, die Patientin oder
wendung, wie auch die Barmer, auf technischer und wichtig, dass das möglich ist. Aber dass Patient so brauchen.
Seite mit IBM kooperiert. Die beiden anderen das ein großes Thema wird, glaube ich nicht.
eRezept bleibt außen vor
großen „ePA-Blöcke“ sind Betriebskrankenkas- Das werden einige wenige Patienten nutzen.
sen und DAK, die auf den Dienstleister BITMARCK Die meisten werden ihren A� rzten aber Zugang Die Realität ist eine etwas andere, wie unter
setzen, sowie die AOK-Welt, die in Sachen ePA zu allen Dokumenten gestatten, und das ist in anderem das elektronische Rezept gezeigt hat.
mit dem Unternehmen ITSG kooperiert. der Regel auch sinnvoll.“ Die gematik hat dafür eine eigene Rezept-App
Bei der TK werden derzeit pro Tag etwa 400 Die noch geringe Akzeptanz der ePA liegt entwickelt, die komplett unabhängig ist von den
ePAs neu angelegt: „Die Gesamtzahl steigt kon- Baas zufolge im Wesentlichen daran, dass die ePA-Apps und keine Schnittstelle hat, die einen
tinuierlich – nicht schnell, aber sie steigt“, so Anbindung der medizinischen Einrichtungen problemlosen digitalen U� bertrag von eRezep-
Baas. Woran liegt es, dass die TK anderen Kran- – Krankenhäuser wie Arztpraxen – nur sehr ten in die ePA erlauben würde. TK-Vorstand
kenkassen deutlich voraus ist? Baas weist da- zögerlich vorangeht. Das sei auch der Haupt- Baas ist darüber immer noch erbost: „Das eRe-
rauf hin, dass die TK die ePAs ihrer Versicher- grund dafür, warum es aufseiten der Kranken- zept wird komplett abgekoppelt von anderen
ten mit all jenen Informationen vorab befüllt, digitalen Gesundheitsanwendungen – mit einer
die der Krankenkasse ohnehin zur Verfügung extra App, die auch noch einen aufwendigen
stehen: „Die Versicherten starten nicht mit ei- Anmeldeprozess mit sich bringt. Das Ergebnis
ner leeren Akte, das sehe ich schon als einen „Im Moment ist die ist, dass die sogenannten digitalen eRezepte
ePA für die Arztpraxis
großen Vorteil.“ Hilfreich sei auch gewesen, reihenweise ausgedruckt werden müssen.“
dass die TK sehr früh auf ein kundenfreundli- Baas und vielen anderen schwebt etwas
ches Online-Identifikationsverfahren für die in weiten Teilen mehr digitale Einheitlichkeit vor: Eine einma-
Aktivierung der ePA gesetzt habe. Mittlerwei- eher anstrengend.“ lige Anmeldung der Patientinnen und Patienten
le bieten das fast alle Krankenkassen an, aber könnte Zugriff auf alle relevanten digitalen
anfangs gab es viele Kassen, die ihre Versicher- Funktionen schaffen, von der ePA über das
ten extra in die Geschäftsstelle kommen ließen eRezept und die eAU bis zur digitalen Kommu-
– was für viele während der Pandemie keine kassen bisher keine großangelegten Informa- nikation mit der Arztpraxis. „Wenn nun nach
Option war. tionskampagnen zur ePA gebe: „Wenn wir eine und nach die Prozesse im Gesundheitswesen
Der dritte und vielleicht entscheidende Fernsehkampagne starten und beim Arzt funk- digitalisiert werden, dann sollten die Anwen-
Punkt ist der Nutzerkomfort. Die TK-Akte gilt tioniert es dann nicht, ist der Akzeptanz der dungen auch digital gedacht werden. Die ePA
als vergleichsweise nah an den Bedürfnissen ePA sicher nicht geholfen“, so Baas. muss der zentrale Absprungpunkt für alle
der Versicherten. Sie bekommt bessere Noten Leicht zu lösen sei dieses Problem nicht, so Tools sein. Es ist nicht sinnvoll, wenn Versi-
als die anderen ePAs, Funktionen wie die Stell- der TK-Chef: „Ich habe da schon Verständnis. cherte sich für jede Anwendung eine andere
vertreterregelung gelten als ausgereifter. Die Im Moment ist die ePA für die Arztpraxis in App herunterladen müssen.“
TK-ePA bietet zudem Zusatzfunktionen an, die weiten Teilen eher anstrengend. Und solange Die Frage ist natürlich: Wie kommt das
den Versicherten einen Mehrwert bringen, da- es nicht eine gewisse kritische Menge an Ein- deutsche Gesundheitswesen aus dieser eini-
runter ein Unterstützungs-Tool für Impfungen richtungen gibt, die mitmachen, haben wir ein germaßen verfahrenen Situation wieder her-
und ein weiteres für Vorsorgeuntersuchungen. Henne-Ei-Problem.“ Die konsequente Anbin- aus? Wenn es Ärzte wie den Allgemeinmedizi-
Dabei soll es nicht bleiben: „Warten ist keine dung der Krankenhäuser wäre hier ein wich- ner Nicolas Kahl in Nürnberg gibt, die einem
Option. Wir wollen und wir werden weitere tiger Schritt nach vorn. Dass er damit voran- funktionierenden digitalen Gesundheitswesen
Funktionen zur Verfügung stellen, bei denen kommen möchte, hat auch der neue Bundesge- (siehe Interview) geradezu entgegenfiebern:
es um die individuelle Unterstützung von Pa- sundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sig- Wie kann erreicht werden, dass es nicht noch
tientinnen und Patienten mit bestimmten nalisiert, der sich Anfang März im PraxisCheck mal zehn Jahre dauert, bis dieser Zustand er-
Krankheitsbildern gehen wird.“ der Kassenärztlichen Bundesvereinigung reicht wird?
(KBV) den Fragen der ärztlichen Basis stellte.
Zurückhaltung in Praxen und Kliniken Helfen würde auch eine bessere Abbildung der Politische Änderungen
Trotzdem: Auch die TK-ePA ist bisher kein ePA in den Praxis-IT-Systemen. Zwar hätten Gewisse Hoffnungen ruhen aktuell auf dem
Bestseller. Knapp 300 000 angelegte Akten die Praxis-IT-Hersteller ihre Verpflichtung, neuen Gesundheitsminister Karl Lauterbach,
sind nicht einmal 5 Prozent der TK-Versicher- eine ePA-Anbindung zur Verfügung zu stellen, der zum 1. April dieses Jahres die Leitung der
ten. Mit dem zum Jahreswechsel vollzogenen überwiegend erfüllt, so Baas. Die Integration Abteilung Digitalisierung neu vergeben hat.
Update von der bisher genutzten Version 1.0 sei aber nicht überall gleich gut gelungen. Wo früher Gottfried Ludewig (CDU) dafür
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