Page 24 - xpress_Ausgabe 19.3
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bunt gemixxt




        MELDUNGEN           AUS ALLER WELT



          Künstliches Gehirn                        Test auf Ohrenentzündung


          DEUTSCHLAND/ENGLAND. Nanowissenschaftler der   USA. Forscher der University of Washington haben eine benutzerfreundliche Smartphone-
          Universitäten Münster, Oxford und Exeter haben einen   Plattform entwickelt, mit der sie schnell herausfinden können, ob sich im Mittelohr Flüs-
          Computerchip hergestellt, der ähnlich konstruiert ist wie   sigkeit befindet –  ein möglicher Hinweis auf eine Ohrenentzündung, wie sie bei Kindern
          ein menschliches Gehirn. In herkömmlichen Computern   häufig auftritt. Das System besteht aus einem Papiertrichter, dem Smartphone und einer
          sind die Recheneinheiten und Datenspeicher voneinander   App. Den Papiertrichter verwenden die For-
          getrennt. Dadurch müssen die Daten bei der Verarbeitung   scher, um über das Smartphone-Mikrofon
          ständig hin- und hergeschickt werden, was viel Zeit kostet.   hörbare Zwitschergeräusche in den Ohrkanal
          Im Gehirn hingegen gibt es diese Art der Trennung nicht.   zu senden und die reflektierten akustischen
          Es speichert und verarbeitet Informationen an einem Ort –   Signale über den Lautsprecher des Mobil-
          an den etwa 100 Billionen Synapsen, welche die Nervenzel-  telefons zu empfangen: Tiefe Töne deuten
          len miteinander verbinden. Der Chip des internationalen   auf eine Flüssigkeitsansammlung im Mittel-    Abb.: Dennis Wise/University of Washington buildup
                                                    ohr hin. Das neue System wurde in 98 Pati-
                                                    entenohren eines Operationszentrums für
                                                    Kinder überprüft. Die Patienten waren zwi-
                                                    schen 18 Monaten und 17 Jahren alt. Dabei   EINFACH: Ein Arzt überprüft das
                                                    stellte sich heraus, dass die Plattform die   Ohr seiner sechsjährigen Tochter.
                                                    Mittelohrflüssigkeit genauso gut oder sogar
                                                    besser als bewährte Techniken wie beispielsweise die Akustische Reflektometrie erkennt.
                                                    Die Forscher betrachten ihr System als eine kostengünstige und effektive Methode im Ver-
                                                    gleich zu herkömmlichen Methoden, um Kinder auch zu Hause auf AOM (akute Otitis me-
                                                 Abb.: Johannes Feldmannbuildup   Gefakte CT-Bilder
                                                    dia) untersuchen zu können.<
                                                                                                   C WASHINGTON.EDU


          INNOVATIV: Schematische Darstellung eines    ISRAEL. Im digitalen Zeitalter scheint nichts unmöglich. Forschern der Ben-Gurion-Univer-
          Mikrochips, der dem Gehirn nachempfunden ist.  sität des Negev ist es gelungen, CT-Aufnahmen von Lungenkrebspatienten in einem PACS
          Forscherteams enthält ein Netz aus Lichtwellenleitern, die   (Bildarchivierungs- und Kommunikationssystem) automatisiert zu manipulieren. Die For-
          quasi die Nervenzellen darstellen. Durch diesen Aufbau   scher konnten Krebsgewebe und andere Krankheitssymptome nach Belieben zu den
          kann der Chip das Verhalten von Nervenzellen im Gehirn   3D-Scans hinzufügen oder entfernen. Die Manipulationen an den CT-Bildern nahmen sie
          nachahmen. Die Datenübertragung erfolgt nicht mit Elek-   während einer IT-Sicherheitsüberprüfung des PACS vor. Bei dieser Überprüfung erfolgte ein
          tronen, sondern mittels Lichtteilchen. Deshalb kann der   Scheinangriff auf das Netzwerk, um Schwachstellen zu identifizieren. Nebenbei platzierten
          neue Chip um ein Vielfaches schneller rechnen. Die For-  sie einen einfachen Computer vom Typ Raspberry Pi im PACS-Raum, um eine Schadsoftware
          scher steuern den Informationsfluss, indem sie die Licht-  in das Bildarchiv einzuschleusen. Die Forscher betonen, dass viele PACS-Systeme auch über
          wellenleiter mit Nanomaterialien bestücken. Beim Auftref-  das Internet erreichbar und dadurch noch einfacher zu infizieren seien. Die Manipulationen
          fen eines Laserstrahls wechseln diese Materialien zwischen   erfolgten mit einer von den Forschern entwickelten KI-Software, die sie mittels neuronaler
          einem kristallinen (geordneten) und amorphen (ungeord-  Netze auf das Hinzufügen oder Entfernen von Lungenkrebsmerkmalen trainiert hatten. Die
                          neten) Zustand. Damit verbunden   drei Radiologen, deren CT-Aufnahmen manipuliert wurden, waren zunächst nicht in das
                WIE           ist eine Änderung der Mate-  Vorhaben eingeweiht. In 99 Prozent der Fälle, in denen der Algorithmus Lungenkrebsmerk-
                                                    male zu den Aufnahmen hinzugefügt hatte, diagnostizierten sie Lungenkrebs. Und in 94
                                rialeigenschaften. Die
        GEFÄLLT IHNEN            Forscher konnten zei-  Prozent der Fälle, in denen die Software einen tatsächlich vorhandenen Lungenkrebs aus
      X.PRESS?                    gen, dass dieses Netz   den Bildern entfernte, fielen die Mediziner auf den Schwindel herein. Die Forscher wollten
                                   Informationen „ler-
                                                    mit ihrer Arbeit zeigen, dass die
                                                    Manipulation von CT-Aufnahmen
                                   nen“ und auf Basis
                                   dessen rechnen und   generell möglich ist, beispielswei-
       Wir freuen uns über Ihre Meinung,
         Ihre Verbesserungsvorschläge    Muster erkennen   se um Wahlen zu beeinflussen, in-                      Abb.: iStockphoto.com © Chaliya
           und Ihre Anregungen:   kann – genauso wie   dem man einem Politiker eine
            x.press@medatixx.de  es im Gehirn funktio-  schwere Erkrankung andichtet.<
                               niert.<    C UNI-MUENSTER.DE        C BGU.AC.IL




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