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Interview                                                  nachprüf bar protokolliert wer- Telematikparagrafen gesorgt. So muss

       Dr. Franz-Joseph Bartmann                              den.                                   die gematik schon bis Ende 2016 prüfen,

                                     Dr. Franz-Joseph         Anders als bei den Notfalldaten wird inwieweit mobile und stationäre Endge-
                                     ­Bartmann, Präsident
                                     der Landesärztekammer    beim Medikationsplan zunächst eine räte der Versicherten geeignet sind, die
                                     Schleswig-Holstein und
                                     für Telematik und Tele-  Papierversion eingeführt: B­ ereits ab dem Zugriffsrechte auf die persönlichen Da-
                                     medizin zuständiges
                                     Vorstandsmitglied der    1. Oktober 2016 haben Versicherte, die ten wahrzunehmen. Dass der Patient und
                                     Bundesärztekammer
                                                              mindestens drei verordnete Arzneimit- seine Rechte auf Zugriff beziehungswei-
               Nicht nur das E-Health-Gesetz ist in
               Kraft getreten, auch die Bundesärzte-          tel einnehmen, einen Anspruch darauf. se Kontrolle der Zugriffe nicht ausrei-
          kammer hat das Fernbehandlungsverbot
          präzisiert. Das Wichtigste in Kürze?                Die im ersten Gesetzentwurf noch vor- chend Berücksichtigung findet, war einer
          Die Präzisierungen machen klar, dass die
          Mehrheit der telemedizinischen Anwendun-            gesehene Beschränkung auf ältere Ver- der Hauptkritikpunkte an dem Gesetz
          gen mit den Berufsordnungen der Ärzte ver-
          einbar ist. Das gilt für Telekonsultationen         sicherte entfällt. Inhaltlich handelt es vonseiten der Patientenvertreter und
          zwischen Ärzten, aber auch für das Telemoni-
          toring und für die telemedizinische Betreu-         sich um den Medikationsplan des Akti- Verbraucherschützer. Dem wird jetzt
          ung der eigenen Patienten. Was nicht geht,
          ist eine telemedizinische Behandlung unbe-Abb.: privatonsbündnisses Patientensicherheit, der Rechnung getragen. Zu den denkbaren
          kannter Patienten.
                                                              unter Federführung der Arzneimittel- Optionen zählt eine drahtlose Kommu-
               Konkret: Eine telemedizinische
               Erstbetreuung von Patienten mit                kommission der deutschen Ärzteschaft nikation zwischen Gesundheitskarte und
          Bagatellerkrankungen durch ein
          Servicecenter, Beispiel Schweiz mit                 entwickelt wurde. Um                      einer Patienten-App, die es
          M­ edgate, ist ausgeschlossen?
          Ja. Was möglich wäre, ist eine allgemeine           die Datenübernahme zu     Elektronische   dem Patienten ermöglichen
          telemedizinische Beratung. Aber: Wenn Sie           erleichtern, soll dieser                  würde, Daten per Smart-
          in die Schweiz schauen, dann sehen Sie, dass
          Medgate dort eine Ausnahmestellung hat              Medikationsplan einen     Patientenakte   phone anzusehen.
          und streng evaluiert wird. So etwas kann ich        2D-Barcode enthalten,     bis Ende 2018       Fest steht hier allerdings
          mir für Deutschland im Rahmen von Modell-           der in Arztpraxen und
          projekten weiterhin vorstellen. Aber eben                                                     noch nichts, Szenarien wie
          nicht als reguläre Option für jeden, der es
          anbieten will.                                      Apotheken eingelesen                      das genannte sind spekula-

               Wo ist beim Telemonitoring die                 werden kann.                              tiv. Die Kopplung des Pati-
               Grenze des Erlaubten?
          Telemonitoring unter Einbeziehung von Ser-          Erstellt werden soll der Medikations- entenzugriffs an eine Signaturkarte mit
          vicezentren ist grundsätzlich erlaubt. Wichtig
          ist, dass im Hintergrund zu jedem Zeitpunkt         plan von jedem an der vertragsärztli- qualifizierter Signatur wurde allerdings
          ein behandelnder Arzt steht, der dann im Not-
          fall auch physisch eingreifen kann. Unser           chen Versorgung teilnehmenden Arzt, gestrichen. Relevant ist das vor allem für
          Modellszenario sieht deswegen eine Abstim-
          mung zwischen behandelndem Arzt und Ser-            also nicht nur, wie ursprünglich vorge- das sogenannte Patientenfach, für das
          vicezentrum ausdrücklich vor. Das ist letztlich
          berufsrechtlich der entscheidende Faktor.           sehen, vom Hausarzt. Aktualisierungen die ­g­ ematik bis Ende 2018 die Vorausset-

14 x.press 16.2                                               erfolgen zunächst auf ärztlicher Seite zungen schaffen muss. Der Patient soll

                                                              nur durch den ausstellenden Arzt oder hier eigene Daten und Dokumente ein-

                                                              aber durch den Apotheker, der ein Arz- spielen und seinen Ärzten zur Verfügung

                                                              neimittel abgibt. Ein Anspruch auf Ak- stellen können, von Vitaldaten über Or-

                                                              tualisierung gegenüber allen Ärzten, ganspendeausweis bis zur Patientenver-

                                                              die Medikamente vertragsärztlich ver- fügung. Überraschend kommt schließ-

                                                              ordnen, besteht erst ab 2019.          lich auch, dass der Begriff der elektroni-

                                                              Ab 2018 soll der Versicherte einen schen Patientenakte im E-Health-Gesetz

                                                              Anspruch darauf haben, dass der Medi- nun doch noch auftaucht: Ebenfalls bis

                                                              kationsplan mittels elektronischer Ge- Ende 2018 sollen dafür die Voraussetzun-

                                                              sundheitskarte gespeichert wird. Frei- gen geschaffen sein. In weiser Voraus-

                                                              willig können die Versicherten bei die- sicht wurde diese Frist allerdings nicht

                                                              ser Anwendung auf das Erfordernis ei- mit Sanktionen hinterlegt.

                                                              ner Zugriffsautorisierung verzichten.  Fazit: Der Entwurf des E-Health-Ge-

                                                              Das würde dann PIN-Eingaben erspa- setzes hat intensive Diskussionen losge-

                                                              ren. Nicht ganz unwesentlich aus ärzt- treten, die zu einigen auch für Ärzte

                                                              licher Sicht ist, dass es sowohl für die relevanten Änderungen im Gesetzestext

                                                              Erstellung beziehungsweise Änderung geführt haben. EBM-Ziffern für digital-

                                                              eines Notfalldatensatzes als auch für die medizinische Leistungen dürften jetzt

                                                              Nutzung des elektronischen Medikati- nicht mehr aufzuhalten sein. Die digita-

                                                              onsplans nutzungsbezogene Zuschläge le Umsetzung des Medikationsplans wird

                                                              geben wird, auf die sich die Selbstver- deutlich beschleunigt, und die Position

                                                              waltung bis zum 30. September 2017 des Patienten wird gestärkt. Dafür bleibt

                                                              verständigen muss.                     es bei scharfen Sanktionen für jene Ärz-

                                                              Für einige faustdicke Überraschun- te, die sich dem Online-Update der Ge-

                                                              gen hat das E-Health-Gesetz auf den sundheitskarte verweigern. 	

                                                              letzten Gesetzesmetern auch in den                               Philipp Grätzel
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