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Kompakt
Intensivmediziner wollen Telemedizin
Angesichts der demografischen Entwicklung bereiten sich Anästhesisten und Wissenschaftsticker
Intensivmediziner auf den Einsatz der Telemedizin vor. +++ In dem MANAGED-CARE-PROGRAMM FÜR
TYP-2-DIABETIKER Progetto Diabete Calabria in
Die Deutsche Gesellschaft für An- Kalabrien wurde in einer insgesamt 312 Patien-
ästhesiologie und Intensivmedi- ten umfassenden Fall-Kontroll-Studie untersucht,
zin e. V. (DGAI) hat auf ihrem Jahres- ob der Einsatz einer webbasierten elektronischen
Akte anstelle einer auf Papier geführten zu bes-
kongress in Düsseldorf eine Kommis- Abb.: Fotolia.com © KZENON seren Ergebnissen führt. Große Unterschiede in
den medizinischen Parametern gab es nicht,
sion Telemedizin gegründet. Ziel sei aber immerhin mussten die Patienten nur halb
so häufig zum Spezialisten gehen (PLoS One
es, die Rahmenbedingungen für die 2015; 10(5):e0126858). + + + PFLEGENDE ANGE-
HÖRIGE VON DEMENZPATIENTEN gelten als Ri-
Verbreitung von Telemedizin in sikogruppe für diverse Erkrankungen. Geriater
aus Paris haben untersucht, ob ein webbasiertes,
Deutschland mitzugestalten, Stan- voll automatisiertes Psychoedukationsprogramm
basierend auf kognitiver Verhaltenstherapie die
dards zu definieren und die Vergü- Stressbelastung lindern kann. Das war in dieser
randomisierten Pilotstudie von Victoria Cristan-
tung sicherzustellen. „Die Menschen Intensivmedizin: Künftig telemedizinisch unterstützt cho-Lacroix nicht der Fall (J Med Internet Res
2015; 17(5):e117). Zwar wussten die Angehörigen
werden immer älter, und der Bedarf im Interventionsarm am Ende mehr über die Er-
krankung und empfanden das Programm auch als
an wohnortnaher und hochwertiger intensivmedizinischer Versorgung wird nützlich. Sie fühlten sich deswegen aber nicht we-
niger gestresst. + + + Nicht wirklich funktioniert
steigen“, sagte DGAI-Präsidentin Dr. Thea Koch. Der Sprecher der neuen hat ein ONLINE-ENTWÖHNUNGSPROGRAMM
FÜR RAUCHER im US-Bundesstaat Kansas, das
Kommission Telemedizin, Professor Gernot Marx vom Universitätsklinikum der Public-Health-Experte Kimber P. Richter konzi-
piert und getestet hat. Streng genommen hat das
Aachen, wies darauf hin, dass vor allem die schnelle Verfügbarkeit eines bei Hausärzten angesiedelte Programm sogar
funktioniert, aber es war in einer mit 566 Teilneh-
Intensivmediziners für den Behandlungserfolg auf Intensivstationen aus- mern recht großen, randomisierten Studie weder
besser noch kostengünstiger als in Kansas schon
schlaggebend sei. Die Telemedizin könne dazu beitragen, dies auch in existierende telefonische Beratungsprogramme,
die weitgehend unabhängig von Hausärzten ope-
kleineren und mittleren Krankenhäusern zu gewährleisten. In Aachen ist rieren (J Med Internet Res 2015; 17(5):e113). + + +
Kein gutes Zeugnis stellen Wissenschaftler um
kürzlich ein Modellprojekt zur telemedizinisch unterstützten Intensivthe- Christopher Huckvale vom Imperial College in
London dem Zweig der mHealth-Branche aus,
rapie zu Ende gegangen, das derzeit ausgewertet wird. www.dgai.de der sich mit SMART-PHONE-APPS ZUR BERECH-
NUNG DER INSULINDOSIS beschäftigt (BMC Med
Fernanpassung von Hörprothesen 2015; 13(1):106). Die Experten haben 46 Insu-
lindosiskalkulatoren analysiert – mit katastropha-
Cochlea-Patienten der Medizinischen Hochschule Hannover können die Anpassung lem Ergebnis. Nur bei drei von zehn war über-
haupt deutlich, nach welcher Formel gerechnet
ihres Implantats mithilfe der Telemedizin künftig zu Hause durchführen lassen. wurde. Insgesamt sahen die Experten bei zwei
von drei Apps das Risiko schwerer Fehler bei der
Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) versorgt jährlich rund 500 Insulinberechnung.+ + +
hochgradig schwerhörige oder ertaubte Menschen mit einem Cochlea-Im-
plantat (CI). Zur Nachsorge müssen die Patienten nicht extra nach Hannover
reisen. Die MHH bietet alternativ eine Fernanpassung in Echtzeit mit hoch-
auflösendem Videobild an. Der PC auf der Seite des Audiologen ist mit zwei
Monitoren ausgestattet, der Patient verfügt über einen Bildschirm, auf dem
für den Patienten der anpassende Audiologe im Videobild zu sehen ist. Die
Kommunikation erfolgt über Mikrofon/Lautsprecher oder Headsets. Auf der
Patientenseite steht technisch geschultes Personal bereit, das den Anschluss
des Sprachprozessors an das Fernanpassungs-System herstellt und die An-
passung begleitet. Die Anpassung erfolgt durch einen erfahrenen Audiologen,
in der Regel durch Mitarbeiter des Deut-
schen HörZentrums Hannover. Die Fern-
anpassung ist keine Regelleistung. Pati-
enten der Techniker Krankenkasse Nie-
Abb.: Cochlear Ltd. 2015 dersachsen, die an der Entwicklung des
Systems beteiligt war, erhalten die Kos-
ten derzeit erstattet. Auf dem 14.
eGovernment-Wettbewerb belegte die
Innovation den ersten Platz.
Hörimplantat: Künftig mit Fernanpassung www.hoerzentrum-hannover.de
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