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kleineK_oRmupbarkikt

Pilotbetrieb angelaufen                                                                                       Kolumne Dierks antwortet

Schlaganfall- und Herzinsuffizienzpatienten gehören zu den ersten,                                                  Prof.. DDrr..DDr.r.CChhrirsitsitainanDiDeirekrsks
die von der neuen Telemedizinplattform für Ostsachsen profitieren.

Eines der größten Tele-                                                          Abb.: © Deutsche Telekom AG        Prof. Dr. Dr. Christian Dierksist Rechts-
     medizin-Angebo-                                                                                                anwalt und Facharzt für Allgemein-
te in Deutschland,                                                                                                  medizin. Vorwiegend berät er mit sei-
das „CCS Telehealth                                                                                                 ner Kanzlei Leistungserbringer im
Ostsachsen“, ist am 1.                                                                                              G­ esundheitswesen. Ein Schwerpunkt
Juli in den Pilotbetrieb                                                                                            liegt dabei in den Rechtsfragen von
übergegangen. Damit alle                                                                                            Teleme­dizin und E-Health.
an einer Behandlung Be- Betreuung aus der Ferne: Telemedizinische Arbeitsplätze

teiligten – zum Beispiel niedergelassene Ärzte, Krankenhäuser                                                       ?FWraiegep?assen die Smartphone-Apps in den
und Patienten – direkt miteinander kommunizieren können, muss-                                                           regulatorischen Rahmen? Gibt es hier
te zunächst eine einheitliche IT-Infrastruktur – die Telematik-                                                          Dnieeurkes:EAnntwtwiockrtl.ungen?
plattform – entwickelt werden. Die Kommunikation erfolgt dabei
über eigene gesicherte Datennetze der beteiligten Ärzte, Pflege-

kräfte und Krankenhäuser. Jetzt können Schlaganfallpatienten

nach der klinischen Akutversorgung nahtlos zu Hause betreut                                                         DIERKS: Es sieht ganz so aus! Die FDA (Anm. d. Red.:

werden. Herzpatienten ermöglicht die neue Telemedizinplattform,                                                     Food and Drug Administration, US-Zulassungsbehör-

täglich per Tablet-Computer ihre Gesundheitswerte zur Kon-                                                          de) hat die Apps entdeckt und eine neue Guideline

trolle ans Dresdner Herzzentrum zu schicken. Sogenannte                                                             zur Kategorisierung für zulassungspflichtige Appli-

Telenurses überwachen täglich diese Vitaldaten und schalten                                                         kationen erstellt. Auch beim Bundesinstitut für

im Zweifelsfall umgehend den Arzt ein. Pathologen kön-                                                        Zahl  Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
nen die neue Telemedizinplattform nutzen, um digital                                                                   erkennt man die Aufgabe, Nützliches und

erfasste Gewebeproben zu analysieren und sich im            2 Mrd. €des Quartals                                    Lustiges vom Medizinischen zu trennen.
Konsil mit anderen Spezialisten zu beraten.                                                                          Applikationen, die dazu geeignet sind,
                                                                                                                      Diagnosen zu stellen oder Therapien zu
      www.telehealth-ostsachsen.de                                                                                    begleiten, werden am Ende des Tages

                                                            gibt der Bund 2015 für Gesundheits-                     Medizinprodukte sein, was in vielen
                                                               forschung aus, so viel wie für
Musik ist Trumpf                                                  keinen anderen Bereich.                            Fällen zugleich deren Ende bedeuten
                                                                                                                    dürfte, da die kleinen Unternehmen kaum

Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs muss ein Zahnarzt                       Quelle: BMBF                           in der Lage sein werden, die vielfältigen
                                                                                                                    rechtlichen Verpflichtungen des Medizinproduk-

für Hintergrundmusik in seiner Praxis keine GEMA-Gebühr bezahlen.                                                   terechts, die sich aus dieser Qualifikation ergeben,
                                                                                                                    zu erfüllen. Eine Grauzone wird es freilich immer
Der Fall erhitzte die Gemüter: Ein Zahnarzt hatte 2003 mit                                                          geben, etwa wenn der Herzkranke eine Fitness-App
      der GEMA einen Lizenzvertrag abgeschlossen, da er ein                                                         benutzt. Und der Datenschutz tut sich schwer mit

Hörfunkprogramm in sein Wartezimmer übertragen hatte. Ende                                                          den Applikationen auf den Smartphones: Die im

2012 kündigte der Arzt den Vertrag fristlos, nachdem der Euro-                                                      Datenschutzrecht anerkannten Schutzziele, etwa die

päische Gerichtshof (EuGH) am 15. März 2012 (C-135/15) entschie-                                                    Integrität, Intervenierbarkeit und Vertraulichkeit,

den hatte, dass das Abspielen von Hintergrundmusik in einer                                                         werden wohl gegenwärtig weder von Android, iOS

Zahnarztpraxis keine öffentliche Wiedergabe darstelle und                                                           noch WP8 gewährleistet. „Wann bin ich wirklich off-

daher auch nicht gebührenpflichtig sei. Die GEMA hatte den                                                          line?“ ist eine offene Frage. Drei große Firmen spei-

Zahnarzt trotz des europäischen Richterspruchs verklagt. Der                                                        chern Bewegungsprofile, Vorlieben und Interessen

Prozess ging durch alle Instanzen und landete schließlich beim                                                      von Hunderten Millionen Nutzern, ohne dass diese

Bundesgerichtshof. Dieser folgte in seinem Urteil vom 18. Juni                                                      wissen, welche Daten wo sind und wohin gehen.

2015 (Az. I ZR 14/14) der Entscheidung des EuGH. Nach Auffas-                                                       Noch scheint für den Bürger der Nutzen zu überwie-

sung der Richter findet in der Zahnarztpraxis keine öffentliche                                                     gen, sonst würde er sich darauf nicht einlassen.

Wiedergabe von Musik statt, weil die Patienten unfreiwillig in                                                      Schauen wir mal, ob das so bleibt oder ob Daten-

den Genuss der abgespielten Musik kommen. Laut KBV müssen                                                           schutz auch als Wettbewerbsargument eingesetzt

auch Ärzte und Psychotherapeuten keine GEMA-Gebühr ent-                                                             wird. Das wird dann aber teurer als 2,99 Euro.

richten, wenn im Wartezimmer Hintergrundmusik aus dem

Radio abgespielt wird.  www.miur.de/2718

                                                                                                                                                                           x.press 15.4 05
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