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ELEKTRONISCHE PATIENTENAKTE KOLUMNE DIERKS‘ ANTWORT
Ärzte und Krankenkassen haben sich geeinigt
Die Datenschutz-Grund-
Ärzteschaft und gesetzliche Krankenkas- wortlich und legt die Standards und verordnung führt in
Krankenhäusern zu einem
sen haben sich mit der Politik auf eine Schnittstellen der ePA fest. Die Kranken-
Mehraufwand, wenn der
einheitliche elektronische Patientenakte kassen kümmern sich um die Aktenstruk-
Patient die Herausgabe
(ePA) verständigt. GKV-Versicherte sollen tur und die nicht medizinischen Inhalte
seiner Daten verlangt.
diese standardisierte ePA ihr der ePA. Und die KBV legt die
Leben lang nutzen und ihre technischen und semantischen
eigenen Gesundheitsdaten un- Drei feste Standards für die medizini- Î ÎMüssen Krankenhäuser PROF. DR. DR.
Bereiche ist Rechtsanwalt und
abhängig vom Arzt verwalten schen Daten fest. Diese Stan- nach der DSGVO auf Verlan- CHRISTIAN DIERKS
können. Der Versicherte behält dards sollen den Datenaus- gen dem Patienten alle ihn Facharzt für Allge- Abb.: Prof. Dr. Dr. Christian Dierks
die Hoheit über die Daten in tausch mit den Ärzten sicher- betreffende Daten in inter- meinmedizin. Vorwie-
gend berät er mit sei-
seiner Akte und entscheidet, wer darauf stellen. Die ePA wird in drei Bereiche operablem Format herausge- ner Kanzlei Leistungs-
zugreifen darf. Die von einigen Kranken- unterteilt: 1. ein Bereich für medizinische ben? erbringer im Gesund-
heitswesen. Ein
kassen angebotenen elektronischen Ge- Daten der Ärzte. 2. ein Bereich für Infor- Schwerpunkt liegt da-
sundheitsakten sollen übergangsweise mationen der Krankenkassen. 3. ein Be- Die Herausforderung besteht bei in den Rechtsfra-
fortgeführt werden. Vereinbart wurde reich, in dem Patienten ihre eigenen Da- in der Bereitstellung in einem gen von Teleme dizin
und E-Health.
auch die Aufgabenteilung. Die gematik ist ten, beispielsweise von Wearables, hin- „strukturierten, gängigen
für die technische Infrastruktur verant- terlegen können.< C KBV.DE und maschinenlesbaren For-
mat“, die damit über den BGB-Anspruch hinaus-
geht. Das ist bei unterschiedlichen Systemen in-
RAUCHERENTWÖHNUNG nerhalb eines Hauses eine zeitintensive Aufgabe.
VR-Brille statt Kippe Es lohnt sich genaues Hinschauen: Art. 20 gilt nur
für Daten, die von der betroffenen Person be-
Wissenschaftler der Universität Siegen auf den Patienten. Dieser taucht mit der reitgestellt wurden. Die Art.
entwickeln im Verbundprojekt ANTARES VR-Brille in eine virtuelle Welt ein, ZAHL DES 29-Gruppe hatte in einem Wor-
(„Breitenwirksame Substanzabhängig- die ihm verschiedene Gegenstän- king Paper einen weiten de-
QUARTALS finitorischen Ansatz ver-
keitstherapie in der digitalen Gesellschaft de anzeigt. Ein Teil der Objekte
mittels Virtual-Reality-basierten Syste- hat einen Bezug zum Rauchen treten, der sich meines
men“) eine Virtual-Reality-Anwendung, (zum Beispiel Feuerzeug, 34 Erachtens aber nicht auf
die Raucher dabei unterstützen soll, ihre Aschenbecher oder Zigaret- alle durch Untersu-
Nikotinsucht zu überwinden. Dazu ver- tenpackung), der andere Teil chung und Analysen
wenden sie den aus der psychotherapeu- (zum Beispiel Zahnbürste entstandenen Daten be-
tischen Forschung bekannten Ansatz oder Blume) hat nichts mit ziehen kann. Außerdem
Mrd. Euro ließen sich jährlich
„Approach-Avoidance-Task“, der bislang dem Rauchen zu tun. Die Aufga- durch den Einsatz digitaler ist die Vorschrift be-
nur als einfache Anwendung für Desk- be des Patienten besteht darin, Technologien einsparen. schränkt auf Daten, die zur
Quelle: McKinsey 2018
top-Computer verfügbar war. Von der mithilfe eines Joysticks die Rau- Erfüllung eines Vertrages oder
VR-Anwendung versprechen sich die Wis- cherobjekte von sich wegzuschieben und aufgrund einer Einwilligung erho-
ben wurden. Sie zielt damit insbesondere
senschaftler eine noch stärkere Wirkung zu verkleinern und die anderen Gegen- auf die sozialen Medien, die den Bürger nicht
Abb.: Uni Siegen hen und zu vergrößern. Mit durch Zurückbehaltung von Daten an sich binden
stände zu sich heranzuzie-
sollen. Daten, die zur Erfüllung eines Behand-
dem Verfahren wollen die
Forscher die Raucher auf der lungsvertrages verarbeitet werden, sind von der
emotionalen Ebene anspre- Vorschrift jedoch ausdrücklich nicht benannt.
chen. Sie sollen lernen, den Auch hier wird deutlich, dass der in Deutschland
Impuls, zur Zigarette zu grei- verfolgte Ansatz, die Einwilligung als „edelste“
fen, zu kontrollieren. Her- Grundlage einer Datenverarbeitung anzusehen, in
kömmliche Raucherentwöh- der Praxis Nachteile mit sich bringt. Für die Häu-
nungsprogramme versu- ser ist es daher vorteilhaft, die Datenverarbeitung
chen, den Nikotinsüchtigen auf die Erfüllung des Behandlungsvertrages und
auf rationaler Ebene zu errei- nicht auf eine Einwilligung des Patienten zu stüt-
chen und mit Argumenten zu zen. Darauf sollte beim Update der Patientenver-
überzeugen. Die VR-Technik träge geachtet werden.<
soll dies ergänzen.<
HILFSMITTEL ZUM ABGEWÖHNEN: VR-Brille und Joystick C ANTARES.FOKOS.DE
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