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Kompakt
INTERVIEW ERSTES RECHTSGÜLTIGES ONLINE-REZEPT
Ab April gibt es in Baden-Württemberg erstmals einen telemedizinischen Erstkontakt für GKV-Patienten.
Wie funktioniert das mit den Rezepten? Wer macht mit? Und warum ist die Zeit dafür reif?
Î ÎSie haben seit Ende 2017 zwei Genehmigungen für Modellprojekte mit kooperieren wir mit dem Portal Apotheken.de des Abb.: TeleClinic
Tele-Erstkontakt. Wie ist der Stand? Deutschen Apotheker Verlags, das eine sichere KATHARINA JÜNGER
ist CEO und eine von drei
PKV-Patienten von Debeka und Barmenia können seit Januar unsere teleme- Online-Verbindung in derzeit 7 000 Apotheken um- Gründern von TeleClinic.
dizinische Beratung inklusive Diagnose in Anspruch nehmen. Ab Februar kön- gesetzt hat. Wir nutzen also die Offizin-Apotheken,
nen Rezepte ausgestellt werden – die ersten rechtsgültigen Online-Rezepte keine Versandapotheken. Das hilft auch bei der
in Deutschland. Das Projekt der KVBW startet im April. Hier schulen wir der- Akzeptanz.
zeit die MTAs, die in dem Servicecenter der KV als erste Anlaufstelle fungie-
ren werden. Wir rekrutieren außerdem die Allgemeinärzte, an die die MTAs Î ÎWie umgehen Sie die Lex DrEd im §48 AMG?
die Patienten bei Bedarf weitervermitteln. Das läuft gut, es gibt schon annä- Grundsätzlich dürfen Apotheken in Deutschland weiterhin keine Rezepte von
hernd 100 Interessenten. Im GKV-Projekt wird es anfangs noch kein Rezept Online-Ärzten bedienen. Das Sozialministerium in Baden-Württemberg hat
geben; wir hoffen aber, dass wir das bis Mitte oder Ende des Jahres dann uns eine Ausnahmegenehmigung erteilt.
auch anbieten können.
Î ÎTelemedizinischer Erstkontakt war in Deutschland jahrzehntelang ein
Î ÎWie funktioniert das genau mit dem Rezept? „No-Go“. Welche Reaktionen bekommen Sie?
Der Arzt erstellt ein Online-Rezept mithilfe einer qualifizierten elektroni- Wir bieten ja die ärztliche Beratung ohne Diagnose und Rezept schon seit ein
schen Signatur und weist sich dabei gleichzeitig als Arzt aus. Dafür gibt es paar Jahren an, und in dieser Zeit hat sich viel verändert. Anfangs war der
zwei Möglichkeiten, entweder chipkartenbasiert mithilfe des elektronischen Tenor oft sehr negativ, das hat sich aber völlig gedreht, sodass ich mittlerwei-
Arztausweises der Ärztekammern oder über eine ebenfalls rechtsgültige le sogar glaube, dass der Deutsche Ärztetag im Mai die Musterberufsord-
Cloud-Variante ohne Chipkarte. Wurde das Rezept erstellt, kann der Patient, nung ändern könnte. Wir werden nie 100 Prozent Zustimmung bekommen,
der sich über Browser oder über eine App an TeleClinic wendet, eine Apo- aber im Moment sind eindeutig mehr als 50 Prozent für solche Projekte.
theke auswählen, die in seiner Nähe ist und die onlinefähig ist. Hierzu Leute, die „Weltuntergang“ rufen, wird es immer geben.<
ELEKTRONISCHE GESUNDHEITSAKTE
Wenn das Krankenhaus mit dem iPhone kommuniziert
Besitzer eines neueren iPhones erhalten mit Cerner, Epic und athenahealth. Deren Systeme
dem Betriebssystem-Update iOS 11.3 automa- sollen die Gesundheitsakten der amerikani-
tisch eine neue Version der „Health“-App, die schen iPhone-Besitzer mit Daten füllen: mit
um eine elektronische Gesundheitsakte er- Informationen über Allergien, Impfungen,
weitert wurde. Hinter „Health Records“ ver- Laboruntersuchungen, Verordnungen, Be-
birgt sich eine mobile elektronische Gesund- handlungen und Vitaldaten. Die iPhone-Nutzer
heitsakte, die technisch in der Lage ist, Daten erhalten jedesmal eine Information, wenn ihre
mit Krankenhausinformationssystemen aus- Daten auf dem Gerät aktualisiert werden. Die
zutauschen. Denn Apples Gesundheitsakte Gesundheitsakte ist auf dem iPhone verschlüs-
beherrscht die – internationalen – HL7-Stan- selt abgelegt und zusätzlich über das Geräte-
dards FHIR (Fast Healthcare Interoperable passwort gesichert. Ob deutsche iPhone-Be-
Ressources) und CDA (Clinical Document sitzer die Apple-Gesundheitsakte nutzen
Architecture). FHIR regelt den Datenaus- können, stand bis Redaktionsschluss noch
tausch zwischen Gesundheitseinrichtungen, nicht fest. Cerner ist in deutschen Kranken-
CDA ermöglicht strukturierte medizinische häusern vertreten. Ob die deutschen Nutzer
Dokumente. Der elektronische Arztbrief bei- ihre Gesundheitsdaten einem US-Unterneh-
spielsweise basiert auf CDA. Zunächst arbeitet men anvertrauen, steht auf einem anderen
Apples Gesundheitsakte mit einigen ausge- Blatt. Zumal die gematik in Deutschland mit
Abb.: Apple
wählten amerikanischen Krankenhäusern der Telematikinfrastruktur und der Gesund-
zusammen, darunter das Johns Hopkins Medi- heitskarte ebenfalls die Bündelung der Pati-
cine und – fast noch wichtiger – mit den Kran- entendaten ermöglicht, nur in einer wesentlich
kenhausinformationssystemen der US-Firmen sichereren Umgebung.< C APPLE.COM
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