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Kompakt
INTERVIEW REINES TELEMONITORING GREIFT ZU KURZ
Das Telemonitoring bei Herzinsuffizienz ist GKV-Regelleistung. Doch um die Versorgungspotenziale der Telemedizin zu heben,
braucht es mehr als ein paar Abrechnungsziffern, meint Prof. Dr. med. Alexander Leber, Direktor des Isar Herz Zentrums
München. Sein Telemedizin-Start-up iATROS hat gemeinsam mit den Johannitern die DT Deutsche Telemedizin GmbH gegründet.
PROF. DR. MED.
Î Im Jahr 2022 soll die kardiologische Telemedizin endlich fliegen Î Wie geht ein Telemedizinanbieter, wie geht ALEXANDER LEBER
lernen. Sind wir schon so weit? iATROS, mit der Finanzierungsrealität um? ist Direktor des Isar Herz
Wir sind allenfalls auf der Startbahn. Dass es jetzt Abrechnungsziffern Wir gehen jetzt mit ersten Selektivverträgen an den Zentrums München und Abb.: © ISAR KLINIKUM | ISAR HERZZENTRUM
Gründer des Telemedi-
für das Telemonitoring bei Herzinsuffizienz gibt, ist besser als nichts. Start, bei denen sich die Telemedizin stärker ein- zin-Start-ups iATROS.
Aber es reicht nicht. Wenn wir Kosten reduzieren und Qualität verbes- bringen kann. Das kommt unserem Verständnis von
sern wollen, dann brauchen wir Hybrid-Care-Ansätze, die gegebenen- digital gestütztem Chronic Care Management näher. Gleichzeitig bemühen wir
falls mehrere Indikationen und auch das Therapiemanagement umfas- uns natürlich auch um die Zulassung als Telemedizinzentrum durch die KV, um
sen und bei denen das Telemedizinzentrum mehr ist als ein Dienstleis- die EBM-Ziffern nutzen zu können. Das wird nächstes Jahr so weit sein.
ter, der Veränderungen von Vitalwerten an die behandelnden Ärztinnen
und Ärzte weiterleitet. Î Wie könnte eine Vergütungslandschaft aussehen, die ein echtes
Krankheitsmanagement ermöglicht?
Î Wie genau ginge es besser? Wir glauben, dass es für eine qualitativ hochwertige Versorgung von Chroni-
Besser wäre eine umfassende Betreuung, bei der es keine Sektorengren- kern digital agierende Leistungserbringerinnen und Leistungserbringer
zen mehr gibt, inklusive Qualitätsmanagement und Messung der Versor- braucht, die für Versorgungskontinuität sorgen. Das können weder ambulante
gungsqualität. Die Stärke der Digitalisierung besteht darin, dass sie noch stationäre Ärztinnen und Ärzte im Alleingang leisten. Ideal wäre dafür
Grenzen aufbricht. Es braucht eine umfassende, ganzheitliche Betreu- ein Vergütungssystem, das zwischen ambulanten und stationären Versorgern
ung. Themen wie Verhaltensveränderungen oder Adhärenz-Manage- nicht mehr unterscheidet. Davon sind wir aber weit entfernt. Überbrückend
ment finden im deutschen Gesundheitswesen derzeit praktisch nicht könnte ich mir DRG-Aufschläge vorstellen, die es für Krankenhäuser attraktiv
statt. Das Management relevanter Begleiterkrankungen wird aus der machen, Patientinnen und Patienten in entsprechende Programme einzu-
Telemedizin bei Herzinsuffizienz komplett herausgehalten, obwohl diese schließen. Parallel dazu bräuchte es auf ambulanter Seite Abrechnungsziffern,
Erkrankungen wesentlich zur Prognose beitragen. Das ist alles noch die so attraktiv sind, dass selbst eine umfassende Mitbetreuung durch Teleme-
nicht zu Ende gedacht. dizin nicht mehr als Bedrohung, sondern als Chance begriffen wird.<
RHEUMATOLOGIE
Verbände nutzen gemeinsame IT-Plattform
für Studien, Register, Innovationsfonds-geför-
derte Projekte sowie Selektivverträge mit
Krankenkassen in einer Oberfläche erfassen
und übermitteln können. Mit dem 2020 vom
BDRh eingeführten RheMIT können Rheu-
matologen die Rheuma-spezifischen validier-
ten Scores zur Bestimmung der Krankheitsak-
tivität sowie die Medikation und mögliche
Begleiterkrankungen dokumentieren. Auch
Abb.: istockphoto © SiberianArt ten elektronischen Fragebögen, beispielsweise
die von Patientinnen und Patienten ausgefüll-
zu Lebensqualität oder Schmerz, können in der
Praxis gespeichert und mit Einwilligung der
Patientinnen und Patienten an ein Register
oder an andere Datenstellen übergeben wer-
den. Die vier Verbände versprechen sich von
Der Berufsverband Deutscher Rheumatologen haben sich darauf geeinigt, für die digitale der einheitlichen Plattform eine breitere Be-
(BDRh), die Deutsche Gesellschaft für Rheu- Erhebung von Versorgungsdaten in Zukunft teiligung an Registern und Studien und eine
matologie (DGRh), der Verband Rheumatolo- eine gemeinsame IT-Plattform zu nutzen. Zum Verbesserung der Datenqualität, was sich wie-
gischer Akutkliniken (VRA) sowie das Deut- Einsatz kommt die Software RheMIT, mit der derum auf die Versorgungsforschung in der
sche Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ) rheumatologische Praxen und Kliniken Daten Rheumatologie auswirken wird.< C BDRH.DE
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