Page 6 - xpress_Ausgabe 22.4
P. 6
Kompakt
INTERVIEW DIE NUTZERINNEN UND NUTZER MITDENKEN
In Sachen Telematikinfrastruktur herrscht in Deutschland derzeit Dauerfrust. Dirk Aagaard, Geschäftsführer Gesundheitswesen
bei akquinet, glaubt dennoch an attraktive Telematikszenarien für die ambulante Medizin.
Î Das eRezept ist verschoben, KIM ist zumindest mühsam, der TI-Mes- Schritt wäre, auch die Praxissoftware aus dem Rechen- Abb.: © akquinet
senger TIM verzögert sich, und jetzt auch noch der Konnektortausch – zentrum anzubieten. Da sind wir noch nicht, aber wir DIRK AAGAARD
ist Geschäftsführer
verstehen Sie, dass manche Praxen lieber faxen wollen? werden diesen Schritt gehen. Gesundheitswesen
Wir verstehen das, aber es ist natürlich nicht die Lösung. Tatsache ist, dass bei akquinet.
große Hardware-Investments in den Einrichtungen nicht mehr zeitgemäß Î Warum tun wir uns trotz TI mit vernünftigen,
sind. Das wird zu Recht so empfunden. Sie sind aber auch nicht nötig. intersektoralen Kommunikationsszenarien so schwer?
Konnektorfunktionen können über Rechenzentren angeboten werden, und Wir müssen die Nutzerinnen und Nutzer mitdenken. Man kann nicht einen si-
dann hat die einzelne Einrichtung damit – auch mit eventuellen Tauschszena- cheren E-Mail-Dienst installieren und glauben, dass dann alles von selbst
rien – exakt nichts zu tun. Dass das wunderbar funktioniert, zeigen wir seit funktioniert. Wenn Sie digital mit Pflegeheimen kommunizieren wollen, fin-
2018. Die KfH-Dialysepraxen beziehen ihre TI-Funktionalitäten aus unseren den Sie keins, die sind überfordert. Wir haben das im Schleswig-Holsteiner
Rechenzentren, genauso etwa die Hälfte aller Universitätskliniken und allge- SekMa-Projekt adressiert, an dem das Krankenhaus Reinbek, drei Praxisnetze
meinen Großkrankenhäuser. Wir glauben fest daran, dass im Rahmen des an- und vier Pflegeeinrichtungen beteiligt sind und bei denen der Arztbrief TI-ba-
stehenden Konnektortauschs auch vermehrt Einzelpraxen erkennen, wie siert im Rahmen eines Entlassmanagement-Szenarios verschickt wird. Das funk-
komfortabel das ist. tioniert super, aber Sie müssen die Einrichtungen da abholen, wo sie stehen.
Î Dennoch ist der Konnektor ein Auslaufmodell, auch im Rechenzen- Î Wie genau schließen Sie denn Pflegeheime an die TI an?
trum. Was, wenn die TI 2.0 kommt? Wir stellen eine Box zur Verfügung, die nur in die Steckdose gesteckt werden
Wir sehen das realistisch erst 2027, aber unabhängig davon: Wenn Sie muss, sonst nichts. Die Box enthält ein WLAN, eine Firewall und die TI2Go, also
TI-Dienste wie den Konnektor schon aus einem Rechenzentrum beziehen, die Verbindung zum Netzwerk-Konnektor. Die SMC-B des Pflegeheims steckt bei
dann merken Sie den Wechsel auf die TI 2.0 kaum. Denn die Veränderungen uns im Rechenzentrum, wir bestellen die sogar gemeinsam. Wenn Sie das so ma-
finden bei uns im Rechenzentrum statt, nicht in der Einrichtung. Der nächste chen, läuft das, und Probleme mit Verzeichnisdiensten haben wir auch nicht.<
TELEMEDIZIN
Telenotarzt unterstützt Großveranstaltung Zivilverteidigungsanlagen). Zur Er-
Abb.: Uniklinik RWTH Aachen probung wurde die Unfallhilfsstelle
der Johanniter-Unfall-Hilfe auf dem
Festivalgelände mit der erforderli-
chen Technik ausgestattet; im be-
nachbarten Telemedizin-Raum be-
fand sich der Telenotarzt. Auf dem
Festival waren speziell geschulte
Rettungssanitäterinnen und -sani-
täter, sogenannte TeleSANS, unter-
wegs. Ausgestattet mit einem Tablet
und Geräten zur Messung von Vital-
parametern wie Blutdruck oder Puls
konnten sie bei einem Notfall Pati-
entendaten erfassen und – das Ein-
NOTFALL: Der Telenotarzt unterstützt den TeleSAN. verständnis der Patientinnen und
Patienten vorausgesetzt – per Tele-
Auf Großveranstaltungen übernehmen Sani- dienstes auf einem Musikfestival eingesetzt. konsultation an den Arzt übertragen. Die Er-
täterinnen und Sanitäter die Erstversorgung Der Einsatz war Teil des Forschungsprojekts probung in Köln fand mit elf TeleSANS und
von verletzten oder erkrankten Menschen. Im TeleSAN („Der Tele-Leitende-Notarzt als Zu- sechs Telenotärzten statt, wobei 15 Prozent
vergangenen Sommer wurde in Köln erstmals kunftsstrategie in der Katastrophenmedizin aller ärztlichen Maßnahmen telemedizinisch
Telemedizin zur Unterstützung des Sanitäts- – eine Machbarkeitsstudie zur Telemedizin in unterstützt wurden.< C UKAACHEN.DE
06 x.press 22.4