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Kompakt
INTERVIEW „WIR WÜRDEN DAS JEDERZEIT WIEDER SO MACHEN.“
Die Krankenkassen bauen ihre Aktenprojekte um. Elektronische Patientenakten nach § 291 SGB V und Gesundheitsakten
werden parallel entwickelt, um gesetzliche Anforderungen zu erfüllen und gleichzeitig flexibel zu bleiben.
Î ÎHerr Strausfeld, Sie haben Mitte 2018 zusammen mit Partnern die Weg geben: Bis 2022 müssen wir den ANDREAS STRAUSFELD Abb.: BITMARCK
Gesundheitsakte (eGA) Vivy gelauncht. Wie ist Ihre Zwischenbilanz? Transfer von eGA-Dokumenten in die ePA Vorsitzender der Geschäftsführung von
Es war wichtig und richtig, dass wir das gemacht haben. Die Digitalisierung realisieren. Auf Versichertenseite soll es BITMARCK, einem großen IT-Dienstleister
der gesetzlichen Krankenversicherungen
der GKV wurde dadurch maßgeblich vorangetrieben. Wie immer bei einem nur einen Zugang geben, quasi eine Rah-
neuen Weg gibt es Herausforderungen, mit denen wir umgehen müssen, men-App oder Dach-App, über die dann
etwa bei der Sicherheit und bei bestimmten Funktionalitäten. Trotzdem: Wir die Angebote der jeweiligen Krankenkasse zugänglich sind. Das können bei
würden das jederzeit und mit denselben Partnern wieder so machen. der einen Krankenkasse eine Service-App und die ePA sein, bei der anderen
eGA und ePA ohne Service-App und bei wieder anderen alles drei zusammen.
Î ÎDennoch haben Sie zusätzlich eine elektronische Patientenakte (ePA) nach Idealerweise werden auf diese Weise alle Akteure im Gesundheitswesen mit-
§ 291 an die Firma RISE vergeben. Hätten Sie Vivy nicht anpassen können? einander vernetzt.
Wir haben uns entschieden, zweigleisig zu fahren. Wir wollen einerseits ein
hoch flexibles Frontend, wo Gesundheitsservices und Dienste für die Versor- Î ÎWie ist der Zeitplan? Sind alle Partner wieder an Bord?
gungssteuerung angesiedelt sind. Parallel dazu entwickeln wir die hoch spezi- Da die ePA die gematik-Spezifikationen abbildet, ist sie ein reines GKV-
alisierte ePA im Rahmen der gesetzlichen Fristen. Dass die gematik-Vorgaben Projekt. Am 30. September 2019 wurde bereits die mit dem Betreiber abge-
so umfangreich werden, konnten wir damals nicht ahnen. Gleichzeitig wollen stimmte Architekturbeschreibung übergeben. Die Fertigstellung des ePA-
wir aber auch die Flexibilität, die ein eGA-Frontend gibt, nicht aufgeben. Des- Aktensystems und des Versichertenfrontends ist für Mitte März 2020 vorge-
wegen entwickeln wir beides, aber natürlich müssen beide Angebote integ- sehen. Im Dezember 2020 sollen die von der gematik zugelassenen Soft-
rierbar sein. warekomponenten zur Verfügung gestellt werden, um den Versicherten
unserer Krankenkassen fristgerecht eine ePA anbieten zu können. Auch bei
Î ÎWie soll die Integration aussehen? Inhalte spiegeln? der ePA fokussieren wir uns übrigens auf den mobilen Zugang – aus unse-
So stellen wir uns das im Prinzip vor, ja, wobei da natürlich auf gematik-Seite rer Sicht ein entscheidendes Kriterium für eine erfolgreiche Marktdurch-
noch Diskussionen zu führen sind. Es muss übrigens auch den umgekehrten dringung.<
ARBEITSMEDIZIN
Intelligente Sensoren sollen die körperliche Belastung bei der Arbeit reduzieren
Abb.: DFKI Auf der Baustelle einen Sack Zement schleppen, schen Modellen entwickeln die Forscher Algo-
im Lager eine schwere Kiste hochheben oder rithmen zur ergonomischen Risikobewertung
stundenlang am Schreibtisch sitzen: Viele Be- der körperlichen Belastung. Als Parameter für
schäftigte achten nicht auf eine ergonomische die individuellen Berechnungen verwenden sie
Haltung und haben früher oder später schmerz- Körperhaltung, Kräfte sowie physiologische
hafte Beschwerden. Forscher der Technischen Parameter wie Herzfrequenz oder Körpertem-
Universität Kaiserslautern und des Deutschen peratur. Weiterhin kommen Deep-Lear-
Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz ning-Methoden zum Einsatz. Die Forscher
(DFKI) wollen Abhilfe schaffen, indem sie ein planen unter anderem, die Sensoren in Arbeits-
System entwickeln, das die Beschäftigten dabei kleidung und -schuhe einzubauen. Bis die Tech-
unterstützt, eine falsche Körperhaltung am nik zur Korrektur der Körperhaltung den Be-
Arbeitsplatz zu korrigieren. Das System besteht schäftigten zur Verfügung gestellt werden
aus vernetzten Sensoren, die an verschiedenen kann, wird noch einige Zeit vergehen. Denn das
Körperstellen wie Armen, Wirbelsäule und Projekt BIONIC („Personalized Body Sensor
Beinen aufgebracht werden und die Beschleu- Networks with Built-In Intelligence for
nigungen und Winkelgeschwindigkeiten der Real-Time Risk Assessment and Coaching of
Bewegungen messen. Die Beschleunigungssen- Ageing workers, in all types of working and
soren haben die Forscher bereits in einem vo- living environments“), an dem Forschungsein-
rangegangenen Projekt erprobt. Eine Verarbei- richtungen aus Deutschland, Spanien, Grie-
tung der Messwerte erfolgt auf einem Chip chenland und den Niederlanden beteiligt sind,
SENSOREN: Kontrolle von Bewegungsabläufen direkt am Körper. Mithilfe von biomechani- läuft noch bis zum Jahr 2022.< C BIONIC-H2020.EU
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