Page 23 - xpress_Ausgabe 20.1
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Thema




        Entscheidung einbeziehen. Ada, einer der füh-  einem Mediziner des TK-Ärztezentrums in  onen austauschen und gemeinsam und gleich-
        renden Symptom-Checker, arbeitet deshalb   Berlin verbinden.           berechtigt über das richtige Vorgehen bei der
        zurzeit an einer speziellen Variante für Ärzte.   Für die Ärzteversion von Ada sind noch  Behandlung entscheiden.
        Diese Ärzteversion von Ada greift auf die glei-  keine Geschäftsmodelle bekannt. Bislang tra-
                                                                               Zertifizierung als Medizinprodukt
        che Wissensbasis und KI zu wie die Patienten-  gen die Kosten für die klinischen Entschei-
        version. Dennoch gibt es große Unterschiede.  dungsunterstützungssysteme die jeweiligen  Eine weitere Hürde, die die KI-basierten Di-
        So bekommen die Ärzte weitere Informationen  Betreiber. Die Krankenhäuser zum Beispiel  agnosetools noch überwinden müssen, ist die
        zur Verfügung gestellt, die in der App nicht  haben die Möglichkeit, diese Software aus ih-  Zertifizierung als Medizinprodukt. Während
        integriert sind. Auch verwendet das System  rem Budget für Infrastrukturmaßnahmen  der Symptom-Checker Ada als Medizinpro-
        eine Expertensprache. „Die Darstellung und  oder über Forschungsmittel zu finanzieren.  dukt der Klasse I registriert ist, ist davon
        Interaktionsmöglichkeiten sind in der Version  Ob es eine finanzielle Unterstützung im am-  auszugehen, dass die Ärzteversion in eine
        für Ärzte wesentlich komplexer“, sagt Vincent  bulanten Bereich geben und wie diese ausse-  höhere Risikoklasse eingeteilt wird und ein
        Jörres, Communications and  Public Affairs  hen wird, ist zurzeit noch völlig offen. „Ich  Zertifizierungsverfahren durchlaufen muss
        Manager bei Ada Health. „So wird Nutzern die                           – zumal nach der EU-Medizinproduktever-
        Möglichkeit geboten, bestimmte Informatio-                             ordnung (MDR) strengere Regeln gelten und
        nen über mehrere Besuche hinweg hinzuzu-     Diagnosetools             viele bisherige Klasse-I-Produkte in eine hö-
        fügen oder herauszunehmen und zu verän-                                here Risikoklasse (IIa oder III) eingeteilt
        dern.“                                       sollten Shared            werden. Da gerade Diagnosetools auf selbst-
        Vom Symptom-Checker zum Diagnosetool       Decision Making             lernenden Systemen basieren, die andauernd
                                                                               mit neuem Wissen und der Rückmeldung von
                                                     ermöglichen.
        Die Version „Ada für Ärzte“ richtet sich nicht                         Benutzern trainiert werden, kann es bei der
        an eine spezielle Fachgruppe, sondern deckt                            Zulassung zu Problemen kommen (siehe In-
        ein breites Spektrum von Krankheiten ab, da-                           terview Seite 22).
        runter auch seltene Erkrankungen. „Gerade in  halte es für sinnvoll, dass solche Anwendungen
                                                                               Fazit
        diesem Bereich sehen wir ein großes Potenzi-  auch finanziell gefördert werden, wenn es
        al für Ada“, sagt Jörres unter Verweis auf eine  nachweislich Vorteile für die Patientensicher-  Entscheidungsunterstützungssysteme für Ärz-
        retrospektive Studie der Medizinischen Hoch-  heit bringt“, sagt Marcel  Weigand, Generalse-  te werden bereits vereinzelt in verschiedenen
        schule Hannover, in der der Prototyp von Ada  kretär des Aktionsbündnisses Patientensi-  Bereichen wie der Radiologie oder der Dermato-
        für Ärzte mit guten Ergebnissen überzeugte.   cherheit und Berater im Gesundheitswesen.  logie verwendet. Generell zur Diagnose von
           Es ist gut möglich, dass die anderen Anbie-  Weigand begrüßt den Einsatz von Diagnose-  Krankheiten einsetzbare Systeme werden wohl
        ter von Symptom-Checkern nachziehen. „Wir  tools in den Arztpraxen, „allerdings nicht als  erst in den kommenden Jahren in die deutschen
        werden Werkzeuge entwickeln, die unsere  Einzellösung, sondern eingebunden in die  Arztpraxen einziehen. Diese Systeme unter-
        Ärzte bei ihrer Entscheidung unterstützen und  elektronische Patientenakte“. Seiner Ansicht  scheiden sich von den Symptom-Checkern auch
        ihre Akten und ihre Informationen verbessern  nach sollten die Diagnosetools so aufgebaut  dadurch, dass sie in ihre Entscheidung Unter-
        und schlussendlich die Effizienz verbessern,  sein, dass sie Shared Decision Making fördern.  suchungsergebnisse wie Laborwerte, Röntgen-
        damit sie mehr nach den Patienten schauen  Hierbei handelt sich um ein Kommunikations-  oder Ultraschallbilder einbeziehen. Noch aber
        können“, so eine Sprecherin von Babylon  konzept, bei dem Arzt und Patient Informati-  sind viele Details nicht geklärt.<   $ DR. MICHAEL LANG
          Health, einem Unternehmen, das wie Ada im
        Vereinigten Königreich mit seinem Symp-
        tom-Checker aktiv ist.
            Wenn die KI-basierten Diagnosetools auf
        den Markt kommen sollen, stellt sich unwei-   SO MACHT ES MEDATIXX          Q

        gerlich die Frage nach der Bezahlung. Bei den
        Symptom-Checkern für Patienten verhält sich   ENTSCHEIDUNGSUNTERSTÜTZUNG. medatixx beschäftigt sich mit klinischen Ent-
        die Sache relativ einfach: Die Apps werden den   scheidungsunterstützungssystemen und kooperiert in diesem Bereich mit der
        Patienten kostenlos angeboten. Entweder be-  Universität Bayreuth. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit werden die Akzeptanz
        zieht  der Patient die App aus einem App-Store   und die Potenziale ärztlicher Diagnosetools untersucht. Zu diesem Thema starten
        und „bezahlt“ mit der Weitergabe seiner Daten.    medatixx und die Universität Bayreuth gegen Ende des ersten Quartals 2020 eine
        Oder Organisationen wie etwa Versicherungen   wissenschaftliche Umfrage bei den medatixx-Anwendern. Alle Ärzte sind eingela-
        stellen die App ihren Kunden zur Verfügung.   den, sich zu beteiligen und ihre professionelle Einschätzung zu diesem Thema ab-
        In diesem Fall schließt die Organisation einen   zugeben. Entscheidungsunterstützungssysteme beziehungsweise Assistenzsyste-
        Vertrag mit dem App-Anbieter ab. Die TK zum   me stehen darüber hinaus im Zentrum der dritten Folge des medatixx-Podcasts.
        Beispiel stellt den Symptom-Checker Ada ihren   Die medatixx-akademie erläutert außerdem mit einem E-Learning-Clip, was es
                                                 mit den Entscheidungsunterstützungs- oder Assistenzsystemen für Ärzte auf
        Mitgliedern zur Verfügung. Damit bietet sie
                                                 sich hat.<
        ihren Mitgliedern nicht nur einen Service an,                                           C MEDATIXX-AKADEMIE.DE
        sondern kann diese am Ende des Chats mit
                                                                                                             x.press 20.1   23
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