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KOMPAK T
HERZFEHLER BEI NEUGEBORENEN
Algorithmus wertet Videos aus KOLUMNE
B ei schwer kranken Neugebore- wurde mit Hunderten von Videoauf- Dierks’ Antwort
Ist das Gesundheitsdaten-
nahmen von Herz-Ultraschallunter-
nen oder Frühchen kann es
nach der Geburt zu einer Verengung suchungen von 192 Neugeborenen nutzungsgesetz der Quanten-
der Lungenarterien kommen. Dann trainiert. Der Datensatz enthält sprung für die medizinische
ist der Sauerstofftransport im sowohl Videos des schlagenden Her- Forschung?
Blut zu den Lungen beeinträchtigt zens als auch die von erfahrenen
und die Sauerstoffsättigung im Kinderkardiologen gestellte Diag- Ein Quantensprung ist die kleinstmögliche Bewe-
Blut reduziert. In solchen nose (pulmonale Hyperto- gung innerhalb eines Atoms. Aber einen Schritt
Fällen ist eine rasche Ab- Hohe nie) sowie eine Einschät- weiter sind wir schon, denn nach dem Gesetz dürfen ge-
klärung der pulmonalen zung der Schwere der Er- sundheitsdatenverarbeitende Einrichtungen nun mit
Hypertonie durch einen Trefferquote krankung (mild, moderat „ihren“ (kein Eigentum!) Daten forschen. Diese Selbst-
Kinderkardiologen oder bis schwer). Die Überprü- verständlichkeit regeln wir in 2024 nun gesetzlich.
eine Kinderkardiologin fung des Algorithmus er- Für die Weitergabe an Dritte braucht es aber nach wie
erforderlich. Diese Prozedur ist folgte mit dem ursprünglichen Da- vor eine Einwilligung oder gesetzli-
aufwendig und erfordert viel Er- tensatz und einem zweiten, unbe- che Grundlage (mit der Weiter-
fahrung. Forscherinnen und For- kannten Datensatz, der die Ultra- gabe an Dritte ist nicht die
scher der ETH Zürich haben deshalb schallbilder von 78 Neugeborenen Auftragsverarbeitung ge- Die Weitergabe
zusammen mit der KUNO Klinik St. enthält. In 80 bis 90 Prozent der meint, denn der Auf- pseudonymisierter
Hedwig in Regensburg einen Algo- Fälle stellte der Algorithmus eine tragsverarbeiter ist kein Daten bedarf einer
rithmus entwickelt, mit dem sie korrekte Diagnose, in 65 bis 85 „Dritter“). Ausgenom- Rechtsgrundlage.
diesen Herzfehler bei Neugebore- Prozent konnte er den Schweregrad men vom Weitergabever-
nen automatisch und zuverlässig einer Krankheit richtig bestim- bot sind immerhin öffent-
erkennen können. Der Algorithmus men.< ETHZ.CH lich geförderte Verbundfor-
schungsprojekte mit Geneh-
migung der Datenschutzbehörde. Von dem
„Quantensprung“ ebenfalls nicht er-
ZAHL DES QUARTALS fasst ist die Weitergabe pseudony-
eREZEPT misierter Daten, die in Deutsch-
Die Einführung aus Sicht der Ärzte land als personenbezogen gel-
D ie Stiftung Gesundheit hat im te (77,6 Prozent) 355 385 731 ten. Sie bedarf einer Rechts-
grundlage, wie in einigen Kran-
kenhausgesetzen. Es gibt eine
stellt Rezepte aus-
ersten Quartal 2024 rund
1 000 niedergelassene Ärztinnen schließlich oder zu- weitere, sehr erfreuliche Rege-
und Ärzte sowie Apothekerinnen meist digital aus. Der KIM-Nachrichten wurden lung: Die Anonymisierung be-
und Apotheker zur Einführung des Ausdruck des QR- bislang versendet. darf keiner gesonderten Einwil-
(Stand: 08.06.2024)
eRezepts befragt. Die überwiegen- Codes bildet die Aus- ligung. Das wussten wir zwar
de Mehrheit der Ärztinnen und Ärz- nahme. Nur 2,7 Prozent schon, aber manche Datenschutzbe-
nutzen meistens oder aus- Quelle: gematik hörde wusste es noch nicht. Nun steht
schließlich den QR-Code-Aus- es im Gesetz. Freilich hilft dies nur begrenzt
druck. 3,5 Prozent der Befragten weiter, denn anonymisierte Daten erlauben weder eine
verordnen digitale Rezepte genauso periodenübergreifende Forschung noch eine Kontakt-
häufig wie QR-Codes, 16 Prozent aufnahme mit dem Patienten, wenn wichtige Ergebnis-
stellen keine Rezepte aus. Fast die se vorliegen („Recht auf Gefundenwerden“). So gesehen
Hälfte der Ärzte und Ärztinnen gab besteht noch Potenzial für das Medizinforschungsge-
an, dass das elektronische Rezept setz, denn wir brauchen dringend eine bundesgesetzli-
bei ihnen läuft. Viele monierten je- che Grundlage für Verbundforschung mit pseudonymi-
doch, dass es einen höheren Auf- sierten Daten!<
wand verursacht. Aufseiten der Pa-
tientinnen und Patienten hatten ein PROF. DR. DR. CHRISTIAN DIERKS
Drittel technische Probleme und ist Rechtsanwalt und Facharzt für Allgemeinmedizin.
ein Fünftel Schwierigkeiten mit der Vorwiegend berät er mit seiner Kanzlei Leistungserbringer im
Einlösung in der Apotheke.< Gesundheitswesen. Ein Schwerpunkt sind die Rechtsfragen
von Teleme dizin und E-Health.
BILANZ: Das eRezept funktioniert. STIFTUNG-GESUNDHEIT.DE
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