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Kompakt
INTERVIEW ANONYMISIERUNG VON EEG-DATEN
Im Projekt NEMO erforscht das Fraunhofer IDMT um Dr. Insa Wolf, Gruppenleiterin Mobile Neurotechnologien, und Patrick
Aichroth, Leiter der Gruppe Mediendistribution und Sicherheit, Anonymisierungsverfahren für medizinische Daten am Beispiel
von EEG-Daten aus Schlafmonitoring-Systemen.
DR. INSA WOLF
Î Wie sicher sind anonymisierte EEG-Daten und welche personenbezo- die Anwendung von anderen Verfahren geplant, die in be- Projektkoordinatorin
genen Informationen lassen sich aus einem Datensatz extrahieren? stimmten Anwendungskonstellationen wirksamer sind. am Fraunhofer IDMT.
Nach unserem Kenntnisstand gibt es bisher keine nachweislich wirksamen Abb.: Fraunhofer IDMT / Anika Bödecker
Verfahren zur Anonymisierung von EEG-Daten – was auch der Grund für Î Sie haben bereits Audiodaten anonymisiert. Lassen sich diese Ergebnis-
uns war, das Projekt zu initiieren. Der Bedarf nach Datenaustausch und se auch auf andere Biosignale übertragen?
Anonymisierung hat in den letzten Jahren zugenommen. Dabei ging man Im Projekt NEMO werden wir verschiedene Anonymisierungsverfahren evalu-
zunächst davon aus, dass die EEG-Daten selbst nicht personenbezogen sind, ieren, um eine möglichst hohe Vereinbarkeit von Datenschutz und Nutzbar-
und dass es für eine Anonymisierung daher ausreicht, die Verbindung zum keit der Daten zu gewährleisten. Inwieweit oder mit welchem Aufwand sich
Beispiel über Probandennamen in den Metadaten zu entfernen. Diese diese Verfahren auf andere Anwendungsfelder und Biosignale übertragen
Sichtweise hat sich aber inzwischen geändert, denn aktuelle Arbeiten zei- lassen, ist zum heutigen Zeitpunkt noch nicht abzusehen. Grundsätzlich se-
gen, dass es durchaus möglich ist, Personen anhand von EEG-Daten zu hen wir aber die Chance einer solchen Übertragbarkeit auch auf andere zeit-
re-identifizieren. reihenbasierte Biosignale.
Erfordert diese Re-Identifizierung Spezialkenntnisse? Î Wie kann ein Arzt oder eine Ärztin überprüfen, ob das von ihm oder
Dies hängt stark von der Art und Zusammensetzung der zugrundeliegenden ihr verwendete Anonymisierungsverfahren sicher ist?
Daten, der Möglichkeit des Datenzugriffs, den gewählten Anonymisierungsver- Die im Projekt zu entwickelnden Verfahren zur Re-Identifizierungsanalyse
fahren und auch davon ab, ob die Daten mit anderen Daten verknüpft werden oder Messung der Anonymisierungsqualität sollen genau diese Informatio-
können. Unser Ziel ist jedenfalls, Verfahren zu entwickeln, die hier eine mög- nen liefern. Die Herausforderung wird darin bestehen, dies in einer Form zu
lichst hohe Sicherheit bieten. Aus diesem Grund haben wir für das Projekt auch tun, die einerseits aussagekräftig und effektiv, andererseits aber auch ver-
nicht nur den Einsatz von klassischen Anonymisierungsverfahren, sondern auch ständlich ist.<
PSYCHISCHE BELASTUNG AM ARBEITSPLATZ
Der Avatar hilft
Stressbewältigung im beruflichen Alltag un-
terstützen soll. Im Projekt wurde der Avatar
mit einem interaktiven Assistenzsystem für
mobile Geräte gekoppelt, das über Mikrofon
und Kamera die Gesichtsmerkmale, Gestik
und Sprechweise des Nutzers erfasst und die
Sensordaten mit Methoden des maschinellen
Lernens in Echtzeit auswertet. Das System
kann dadurch den aktuellen Gemütszustand
des Nutzers erkennen, was den Avatar in die
Lage versetzt, konkrete Fragen zu stellen und
am Ende des Dialogs beispielsweise eine Ent-
Abb.: Michael Dietz troffenen können so außerhalb der Therapie-
spannungsmedi-tation anzubieten. Die Be-
sitzungen ein Tagebuch mit dem Avatar füh-
AVATAR: EmmA erkennt die Stimmung und hilft bei der Stressbewältigung. ren. Sämtliche Daten sollen aus Datenschutz-
gründen auf dem Smartphone verbleiben und
Die Zahl der Arbeitsausfälle aufgrund psychi- triebe nicht umgesetzt wird. Wissenschaftle- dort verarbeitet werden, was angesichts der
scher Belastungen steigt seit Jahren kontinu- rinnen und Wissenschaftler der Universität begrenzten Rechenressourcen auf dem
ierlich. Das Arbeitsschutzgesetz verlangt Augsburg haben im Projekt EmmA (Emotio- Smartphone eine Herausforderung für die
deshalb eine psychische Gefährdungsbeurtei- naler mobiler Avatar als Coaching-Assistent) Entwickler darstellte.<
lung, die jedoch von einem Großteil der Be- einen Avatar entwickelt, der als Coach bei der C UNI-AUGSBURG.DE
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