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Kompakt
KARDIOLOGIE STUDIE
Besser als ein 24-Stunden-EKG Akzeptanz für DiGA
Menschen mit Herzbeschwerden bekommen Die „App auf Rezept“ gewinnt an Akzep-
von ihrem Ärzt oder ihrer Ä� rztin häufig ein Abb.: Fraunhofer IGD tanz. Wie die Stiftung Gesundheit berich-
24-Stunden-EKG verordnet. Weil Arhyth- tet, hat bereits über ein Drittel der nieder-
mien des Herzens unregelmäßig auftreten gelassenen Ä� rztinnen und Ä� rzte digitale
können, besteht die Gefahr, dass diese im Gesundheitsanwendungen (DiGA) verord-
Messzeitraum nicht erfasst werden. Forsche- net, weitere 13,9 Prozent beabsichtigen in
rinnen und Forscher des Fraunhofer-Insti- nächster Zeit ebenfalls, erstattungsfähige
tuts für Graphische Datenverarbeitung IGD Gesundheits-Apps zu verschreiben. Paral-
in Rostock haben deshalb eine App entwi- lel zu diesem Aufwärtstrend sinkt die Zahl
ckelt, mit der die Aufzeichnung von Mehrka- die ablehnenden Medizinerinnen und Me-
nal-EKGs ohne Elektroden möglich ist. Herz- diziner, von 55 Prozent (2021) auf 34,7
stück des Verfahrens ist eine künstliche In- INNOVATIV: Die App Guardio des Fraunhofer IGD kann Herzbe- Prozent (2022). Dies geht aus der Studie
wegungen aufzeichnen und in ein Mehrkanal-EKG übersetzen.
telligenz, die Herzbewegungen – sogenannte „Ä� rztinnen und Ä� rzte im Zukunftsmarkt
Seismokardiogramme (SKG) – misst. Die KI einen längeren Zeitraum, sondern auch bei Gesundheit 2022“ hervor. Die zunehmende
lernt eigenständig die Zusammenhänge zwi- plötzlich auftretenden Symptomen wie zum
schen SKG und EKG. Sie wurde mit Millionen Beispiel Herzrasen ihre Herzgesundheit mes-
von Datenpunkten verschiedener Herzer- sen. Die App mit dem Namen Guardio erzeugt
krankungen trainiert. Für die Messungen aus den Messwerten ein Mehrkanal-EKG, das
nutzt die App die im Smartphone eingebauten der behandelnde Kardiologe auswerten
Beschleunigungssensoren. Weil eine einzel- kann. Guardio soll als digitale Gesundheits-
ne Messung nur 30 Sekunden dauert, können anwendung (DiGA) vermarktet werden.<
Patientinnen und Patienten nicht nur über C IGD.FRAUNHOFER.DE C GUARDIO.HEALTH Abb.: istockphoto © elenabs
LONG COVID
Digitales Interventionsprogramm Äkzeptanz unter den Ä� rztinnen und Ä� rz-
ten hat mehrere Gründe: Für zwei Drittel
Pilotstudie „MiLoCoDaS“ („mild to moderate der Befragten ist die klinische Evidenz
long covid digital intervention study“) gestar- ausschlaggebend. Die Hälfte gab außer-
tet. Sie soll untersuchen, wie Patientinnen und dem an, dass die Patientinnen und Patien-
Patienten mit einem Online-Programm ihr ten nach DiGA verlangen würden. Ein wei-
Ällgemeinbefinden und ihre Selbstkompetenz teres Ergebnis: DiGA werden vor allem im
steigern können, um besser mit den Folgen Zusammenhang mit psychischen Erkran-
ihrer Corona-Infektion umzugehen. An der kungen eingesetzt. Der Schwerpunkt im
Abb.: istockphoto © Rudzhan Nagiev teilnehmen; die Anmeldung erfolgt über die Tagebüchern und in der Aufzeichnung von
Studie sollen 600 Patientinnen und Patienten
somatischen Bereich liegt im Führen von
hausärztlichen Praxen. Die Teilnehmerinnen
Vitalparametern. Allerdings schätzen die
Ä� rztinnen und Ä� rzte DiGÄ weniger wirk-
und Teilnehmer erhalten Zugang zur digitalen
MiLoCoDaS-Lernplattform, um über einen
sam ein als noch im Vorjahr. Die Studien-
Zeitraum von zwölf Wochen an einem Online-
die DiGA nicht alle Erwartungen der Me-
Gesundheitstraining teilzunehmen. In zwölf autoren und -autorinnen vermuten, dass
In Deutschland leiden schätzungsweise drei aufeinander aufbauenden Modulen erlernen dizinerinnen und Mediziner erfüllt haben.
Millionen Menschen an den Folgen einer die Patientinnen und Patienten Schritt für 78 Prozent der befragten Ä� rztinnen und
Corona-Infektion. Aufgrund der starken Be- Schritt den optimalen Umgang mit der Erkran- � rzte sehen auch Hemmnisse beim Ein-
lastung der hausärztlichen Praxen ist eine kung und erhalten hilfreiche Tipps, die sie satz von DiGA. Die größte Hürde stellen
individuelle Betreuung aller Long-Covid-Pa- wieder fit für den Älltag machen sollen. Die datenschutzrechtliche Bedenken (61 Pro-
tientinnen und -Patienten nur schwer zu rea- Studie erfolgt im Rahmen des Projektes zent) dar, gefolgt von Zweifel an der Wirk-
lisieren. Um diese Versorgungslücke zu schlie- AMBIGOAL-ANCOR, einem Living Lab für samkeit (58,8 Prozent) und den zu hohen
ßen, haben die medizinische Fakultät Mann- Corona-Langzeitfolgen, das bestehende haus- Kosten für DiGA (50,9 Prozent). Auch be-
heim der Universität Heidelberg und die SRH ärztliche Prozesse nutzt, um eine kontinuier- steht die Befürchtung, dass die Patientin-
Hochschule Heidelberg ein digitales Gesund- liche Behandlung von Long-Covid-Patientin- nen und Patienten nicht motiviert sind
heitsförderungs- und Interventionspro- nen und -Patienten auf digitaler Basis zu eta- und die Codes für die Nutzung nicht ein-
gramm entwickelt. Im Januar ist dazu die blieren.< C WIEDER-FIT-NACH-COVID.DE lösen.< C STIFTUNG-GESUNDHEIT.DE
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