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TELEMEDIZIN KOLUMNE DIERKS’ ANTWORT
Hessen will den Telenotarzt
Die „Opt-out“-Änderung der elek-
tronischen Parientenakte erfordert
Abb.: Adobestockphoto.com © ihorvsn die Hessische Landesregierung Medien- Î Nach dem Koalitionsvertrag
den verschiedenen Pilotprojekten plant
organisatorische Maßnahmen.
berichten zufolge eine landesweite Aus-
dehnung des Telenotarztsystems. Dazu
sollen die Rettungswagen mit Bildschir-
soll die elektronische Patien-
men und Kameras ausgestattet werden.
Die Telenotärztinnen und -ärzte können
CHRISTIAN DIERKS
gerichtet werden. Warum ist
an beliebiger Stelle sein; bei vielen Tele- tenakte (ePA) als Opt-out ein- PROF. DR. DR.
ist Rechtsanwalt und
notarztprojekten befinden sie sich in der davon noch nichts zu sehen? Facharzt für Allge- Abb.: Prof. Dr. Dr. Christian Dierks
Leitstelle. Wie das Sozialministerium Es bedarf dazu einer Gesetzes- meinmedizin. Vorwie-
gend berät er mit sei-
gegenüber der Hessenschau mitteilte, änderung, und die ist nicht tri- ner Kanzlei Leistungs-
gebe es bezüglich des Telenotarzt-Roll- vial, denn es reicht nicht, das erbringer im Gesund-
outs seit Anfang 2022 Gespräche zu tech- Wort „in“ durch das Wort „out“ heitswesen. Ein
Schwerpunkt sind die
BEWÄHRT: Unterstützung aus der Ferne nischen und organisatorischen Rahmen- zu ersetzen. Nach der bisheri- Rechtsfragen von
bedingungen in mehreren Arbeitsgrup- gen Konzeption muss der Versi- Teleme dizin und
In Hessen laufen derzeit verschiedene pen. Beteiligt ist auch die Landesärzte- cherte eine elektronische Pati- E-Health.
Telenotarzt-Pilotprojekte. Bei diesen kammer, die die Ausdehnung der Pilot- entenakte beantragen und dann gestalten. Nun
Projekten werden Rettungswagen teils projekte für sinnvoll hält. Dabei sei es geht es andersherum: Der Gesetzgeber muss die
ohne notärztliche Besetzung an den Un- nicht erforderlich, dass jeder Landkreis Default-Position liefern und der Bürger entschei-
glücksort geschickt. Die Rettungskräfte eigene Telenotärzte beschäftigt: Eine den, was davon er nicht will. Gegenwärtig gehen
entscheiden vor Ort, ob sie eine tele- Telenotärztin oder ein Telenotarzt kann wir davon aus, dass er darüber informiert wird,
notärztliche Beratung für sinnvoll erach- mehrere Rettungsdienstbezirke abde- dass die ePA angelegt, mit seinen Daten befüllt und
ten. Aufgrund der guten Erfahrungen in cken.< C E-HEALTH-COM den Leistungserbringern zugänglich gemacht wird.
Bevor dieses Szenario in die Praxis umgesetzt wird,
bekommt der Bürger einen Zeitraum für seine
UMFRAGE (niedrigschwelligen) Opt-out-Entscheidungen in Be-
Der informierte Patient zug auf mindestens vier Fragen: welche In-
halte für welche Leistungserbringer
Der Digitalverband Bitkom hat Patientin- 30 Prozent selten. Nach der Sprech- ZAHL DES nicht zugänglich sein sollen, ob
nen und Patienten zu ihrem Informations- stunde googeln 63 Prozent im eine rückwirkende Befüllung
verhalten befragt. Danach ist der Anteil Internet oder mittels App nach QUARTALS ausgeschlossen werden
lich gestiegen – von 53 Prozent (2020) sen Befragten suchen 602 759 überhaupt nicht möchte.
soll oder ob er die ePA
der Befragten, die sich mittels Internet-
ihren Symptomen, der Diag-
nose oder den verschriebe-
recherche auf ihren Arztbesuch vorberei-
Anlage und Befüllung
nen Medikamenten. Von die-
ten, in den letzten drei Jahren kontinuier-
erfolgen also auf der
über 56 Prozent (2021) auf mittlerweile 74 Prozent nach Behand- elektronische Patientenakten wurden ersten Stufe einwilli-
bislang installiert. gungsunabhängig. Auf
62 Prozent. Davon informieren sich lungsmethoden und 68 Pro-
(Stand: 13.02.2023)
13 Prozent der Befragten regelmäßig vor zent nach zusätzlichen Infor- der zweiten Stufe entsteht
dem Gang in die Praxis über ihre Sympto- mationen zu ihrer Diagnose, Be- dann ein feingranulares Ma-
Quelle: gematik
me im Netz oder über eine Smart- handlung oder Erkrankung. 62 Pro- nagement der Daten und der
Zugriffe, das berufsgruppenspezi-
phone-App, 19 Prozent manchmal und zent wollen eine Zweitmeinung einholen Ebenfalls regelungsbedürftig sind die Einsichtnah-
fisch und zeitlich befristet zu gestalten ist.
Abb.: istockphoto © Laurence Dutton Alternativen zu Medikamenten. 15 Pro- men und Korrekturansprüche der Bürger (und an-
und 51 Prozent interessieren sich für
zent begeben sich auf die Recherche, weil
derer?) – keine leichte Aufgabe. Weil aber all dies
sie die Erklärungen ihres Arztes oder
so anspruchsvoll und so wichtig ist, sollte das BMG
ihrer � rztin nicht verstanden haben. Und
diese Aufgabe priorisieren und zeitnah einen Vor-
11 Prozent gaben an, mangels Vertrauen
in die Diagnose der Ä� rztin oder des Ärztes
tientenakte sollte durch Bürgerakte ersetzt werden,
im Netz zu recherchieren. Weitere Er- schlag liefern. Bei dieser Gelegenheit: Das Wort Pa-
kenntnis: 43 Prozent haben schon einmal damit auch den Gesunden klar wird, dass sie so et-
nach einer Internetrecherche auf einen was brauchen, um möglichst lange nicht Patient zu
Arztbesuch verzichtet und sich selbst be- sein.<
DR. GOOGLE: Patienten suchen im Netz. handelt.< C BITKOM.ORG
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