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Titelgeschichte
Das neue Gesetz
enn es um Gesundheitsdaten geht,
dann zitiert Bundesgesundheitsmi- Das alles ist ziemlich unbefriedigend, finden
Wnister Karl Lauterbach gerne Israel. nicht nur Wissenschaft und Unternehmen,
In den dortigen Gesundheitseinrichtungen sondern auch die Gesundheitspolitik sowie
wurden dank geeigneter digitaler Infrastruk- viele Arztinnen und Arzte. Darunter ist auch
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turen nicht nur die für eine zügige Einführung der Präsident der Bundesärztekammer, Dr.
der Covid-Impfstoffe nötigen Daten in Rekord- Klaus Reinhardt, der sich vehement für eine
zeit generiert. Die digitalen Dateninfrastruk- umfangreichere Nutzung von Gesundheitsda-
turen des israelischen Gesundheitswesens ten ausspricht (siehe Seite 12). Schon gegen
wurden neben der Impfkampagne auch dafür Ende der Großen Koalition hatte der damalige
genutzt, effektive Medikamente an den Mann Gesundheitsminister Jens Spahn deswegen
oder die Frau zu bringen. mit einem „Datengesetz“ geliebäugelt. Die Am-
pelkoalition hat ein Gesundheitsdatennut-
Warum Gesundheitsdaten besser nutzen? zungsgesetz (GDNG) dann in den Koalitions-
Die Pandemie liefert einige der eindrucks- vertrag von 2021 aufgenommen. Im Sommer
vollsten Beispiele dafür, was eine digitale – 2023 wurde der Entwurf des GDNG vorgelegt.
und zugängliche – Dateninfrastruktur im Bei Redaktionsschluss fanden gerade die Le-
Gesundheitswesen leisten kann. Die poten- sungen im Deutschen Bundestag statt.
GESUNDHEITSDATENNUTZUNGSGESETZ
Sicherer Datenzugang
Ein eigenes Gesetz, ziell gesundheitsbringende Nutzung medizi- Das neue Forschungsdatenzentrum
das sich nur mit nischer Daten geht aber weit über Pandemie- Was steht drin im GDNG? Was die Forschung
Gesundheitsdaten situationen hinaus. Deutschland hat bei- mit Versorgungsdaten angeht, wird eine in
beschäftigt, ist ein spielsweise über Jahrzehnte hinweg Erfah- Teilen schon existierende Infrastruktur für
Novum für Deutsch- rungen mit den Mühen einer systematischen die Versorgungsforschung durch das GDNG
land. Die Nutzung Qualitätssicherung in der ambulanten und deutlich erweitert. Am Bundesinstitut für
stationären Versorgung gesammelt. Aufar-
Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
medizinischer Daten beitung, Visualisierung, Benchmarking – all existiert bereits ein Forschungsdatenzent-
soll dadurch ein- das kann unstrittig zu besserer Versorgungs- rum (FDZ), das unter anderem stationäre und
facher werden, für qualität beitragen. Aber die Qualitätssiche- ambulante Abrechnungsdaten für Wissen-
alle, die ein legiti- rung im deutschen Gesundheitswesen umzu- schaftlerinnen und Wissenschaftler zugäng-
mes Interesse daran setzen, ist extrem mühsam. Der Datenzugang lich macht. Durch das GDNG soll jetzt, eben-
haben. Das Gesetz stellt eine Haupthürde dar. Nicht wenige Pro- falls am BfArM, eine zentrale Datenzugangs-
ist nicht zuletzt eine jekte scheitern irgendwann mittelbar oder und Koordinierungsstelle für Gesundheitsda-
Lektion aus der Co- unmittelbar daran. ten (DZKS) hinzukommen. Dafür werden
Noch ein Beispiel: künstliche Intelligenz jährlich eine Million Euro an Personalkosten
rona-Pandemie. Die (KI). Es gibt unterschiedliche Arten von KI- veranschlagt, zuzüglich 150 000 Euro zusätz-
Datenschutzfragen Algorithmen, die in der medizinischen Ver- lich beim FDZ.
lassen sich lösen. sorgung nützlich sein können. Sie müssen DZKS und FDZ werden bewusst getrennt.
Die Gefahr ist eher trainiert werden, und dazu benötigen sie Da- Während das FDZ die Abrechnungsdaten sam-
… die deutsche Büro- ten. Teils reichen anonymisierte Daten, teils melt, ist die DKZS für die praktische Umset-
kratie. braucht es – je nach Fragestellung – auch zung des konkreten Datenzugriffs und für die
pseudonymisierte, longitudinale (zu mehre- Zusammenführung der FDZ-Daten mit den
ren Zeitpunkten erhobene) Datensätze. Un- Daten anderer Datenquellen zuständig. Ein
ternehmen, die in diesem Bereich aktiv sind, wichtiges Stichwort sind hier Registerdaten,
kooperieren in Deutschland teilweise mit die bisher nicht oder nur sehr mühsam mit
Universitätskliniken. Doch auch deren Daten- beispielsweise den Krankenkassendaten zu-
sätze sind begrenzt. Viele kaufen sich deswe- sammengeführt werden können. Die Grund-
gen Zugang zu Trainingsdaten in den USA oder idee ist, dass Forscherinnen und Forscher nur
anderswo ein. noch eine Anlaufstelle benötigen, wenn sie
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