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Thema




           Medizinprodukte (BfArM) hat eine SNOMED-  EHDS sollen die Bürgerinnen und Bürger einen  beitung im Forschungslabor – heute dauert das
         CT-Lizenz erworben, die den Partnern der Me-  besseren Zugriff auf die eigenen Gesundheits-  wenige Tage in unserem ZusE-Labor.“ Daran
         dizininformatik-Initiative – das sind Universi-  daten bekommen. Gleichzeitig will die Kom-  könne man die großen Fortschritte der Medi-
         tätskliniken, Hochschulen, Forschungseinrich-  mission die Arbeit der in Heilberufen tätigen  zin ablesen. „Zum einen hat sich die Gendiag-
         tungen und forschende Industrieunternehmen  Menschen erleichtern, indem sie grenzüber-  nostik enorm weiterentwickelt. Zum anderen
         – zur Verfügung steht. SNOMED CT ist eine  schreitend Zugang zur Krankengeschichte von  haben wir durch das Internet den Zugang zu
         standardisierte Terminologie, mit der medizi-  Patientinnen und Patienten bekommen. Au-  vergleichbaren Daten und Befunden auf der
         nische Begriffe eindeutig und international  ßerdem soll der EHDS die klinische Forschung  ganzen Welt.“
         einheitlich dokumentiert werden können. Da-  und die Forschung zu Public-Health-bezogenen   Ein Europäischer Gesundheitsdatenraum
         neben hat die Kassenärztliche Bundesvereini-  Fragestellungen beflügeln – über innereuro-  würde nicht nur Menschen mit Seltenen Er-
         gung (KBV) die ersten medizinischen Informa-  päische Grenzen hinweg.   krankungen helfen. Wenn gesundheitsbezo-
         tionsobjekte (MIOs) auf den Weg gebracht: Das                          gene Daten über Ländergrenzen hinweg zu-
                                                   Die Daten werden
         sind digitale Patientendokumente, die in der                           sammengeführt werden, ergibt sich ein grö-
         elektronischen Patientenakte (ePA) gespei-                             ßeres und detailgetreueres Bild, für die behan-
                                                  automatisch in den
         chert und interoperabel von jedem System im                            delnden Ärztinnen und Ärzte ebenso wie für
         Gesundheitswesen les- und bearbeitbar sind.  EHDS übertragen.          Forscherinnen und Forscher. Das verbessert
           Diese Maßnahmen haben medizinischen                                  die Aussichten auf eine bessere Diagnose, The-
         Datenprojekten einen Schub verliehen. Aller-                           rapie und Versorgung – alle Europäerinnen
         dings bremst ein Flickenteppich an Regularien   Bereits 2019 hat die EU-Kommission eine  und Europäer würden davon profitieren.
         (vor allem im Datenschutz) sie gleich wieder  Online-Plattform ins Leben gerufen – die Eu-  Damit sich der EHDS voll entfalten kann,
         aus. Die Bundesländer samt Landesdaten-  ropean Platform on Rare Disease Registration  müssen die Menschen bereit sein, ihre Daten
         schutzbehörden interpretieren die Daten-  –, über die Daten zu Diagnose, Behandlungs-  dafür zur Verfügung zu stellen. Aktuell ist eine
         schutzvorgaben unterschiedlich. So passiert  verläufen und Versorgung von Patientinnen  Opt-out-Lösung geplant, sprich: Die Daten wer-
         es, dass ein Projekt, das in einem Bundesland  und Patienten mit Seltenen Erkrankungen  den automatisch in den EHDS übertragen, es
         als datenschutzkonform gilt, in einem anderen  ausgetauscht werden können. Da auf nationa-  sei denn, jemand widerspricht aktiv. Damit das
         nicht umgesetzt werden darf.       ler Ebene nur wenige Menschen davon betrof-  nicht passiert, ist eine vertrauenswürdige For-
                                            fen sind, sind Seltene Erkrankungen ein Para-  schungsdateninfrastruktur unabdingbar. Pa-
         Digitalisierungsstrategie lässt hoffen  debeispiel dafür, was die Zusammenführung  tientinnen und Patienten müssen außerdem
         Große Hoffnungen ruhen nun auf den aktuel-  und Auswertung großer Datenmengen auch  die Erfahrung machen, dass sie persönlich von
         len Gesetzesvorhaben im Rahmen der Digita-  über Ländergrenzen hinweg zu leisten vermag.  einer besseren Behandlung profitieren, wenn
         lisierungsstrategie des Bundesgesundheits-  „Ohne IT-Unterstützung wären wir bei kom-  sie in ein Forschungsprojekt einwilligen. „For-
         ministeriums. Das Digitalgesetz soll die Inter-  plizierten Patienten auf verlorenem Posten“,  schung hat immer noch den Anstrich, dass
         operabilität voranbringen. Und das Gesund-  sagt Prof. Dr. Jürgen Schäfer, Akademischer  Forscherinnen und Forscher in ihrem Elfen-
         heitsdatennutzungsgesetz sieht eine zentrale  Direktor der Philipps-Universität Marburg, wo  beinturm irgendetwas herausfinden wollen,
         Datenzugangs- und Koordinierungsstelle vor,  er das Zentrum für unerkannte und seltene  um sich persönliche Lorbeeren damit zu ver-
         die den Zugang zu Forschungsdaten aus ver-  Erkrankungen (ZusE, in Erinnerung an den  dienen“, sagt Leonor Heinz. „Von diesem Bild
         schiedenen Quellen ermöglicht. Das beim  Computerpionier Konrad Zuse) gegründet hat.  müssen wir uns befreien.“ Dafür müsse trans-
         BfArM angesiedelte Forschungsdatenzentrum  Schäfer erzählt von einem Kind mit einer ex-  parent werden, was mit den Daten geschieht
         (FDZ) soll ausgebaut werden, sodass auch die  trem seltenen Stoffwechselstörung, das er be-  und welche Ergebnisse damit erzielt werden.
         forschende Industrie dort Datenzugang bean-  handelt. „Vor 25 Jahren erforderte ein ähnli-  Und dass am Ende ein gesellschaftlicher Nut-
         tragen kann. Außerdem sollen pseudonymi-  cher Fall etwa ein halbes Jahr intensive Bear-  zen daraus erwächst.“<    $ JANA EHRHARDT-JOSWIG
         sierte Daten aus der ePA automatisch über das
         FDZ  abrufbar  sein.  Für  bundesweite  For-
         schungsprojekte wird eine federführende Da-  SO MACHT ES MEDATIXX         Q

         tenaufsicht eingeführt: Dann wird nur noch
         ein Landesdatenschutzbeauftragter ein die   VERSORGUNGSFORSCHUNG. Mit x.panel können Arztpraxen anonymisierte ambulante Versor-
         Ländergrenzen überschreitendes Vorhaben   gungsdaten datenschutzkonform für die Versorgungsforschung bereitstellen. Die Anonymisierung
         datenschutzrechtlich beaufsichtigen und nicht   der Patientendaten erfolgt lokal in der Praxissoftware. Die Daten werden in einer sicheren Umge-
         mehr die Landesdatenschutzbeauftragten al-  bung gesammelt und ausgewählten Datenempfängern für Forschungszwecke zur Verfügung ge-
         ler beteiligten Bundesländer.          stellt. Ein Rückschluss auf die einzelne Praxis, die behandelnde Ärztin und den behandelnden Arzt
           Die Bundesregierung will damit die Voraus-  oder die einzelne Patientin und den einzelnen Patienten ist nicht möglich. In einem Datentransfer-
         setzungen für den Eintritt Deutschlands in den   protokoll in x.panel ist jederzeit ersichtlich, welche Daten übertragen wurden. Das Anonymisie-
         Europäischen Datenraum für Gesundheitsda-  rungskonzept entspricht den rechtlichen Rahmenbedingungen der Datenschutz-Grundverordnung
         ten (European Health Data Space, EHDS) schaf-  und des deutschen Bundesdatenschutzgesetzes. Für die Sicherstellung der Anonymität wird zusätz-
         fen. Die EU-Kommission hat den Verordnungs-  lich die Bundesdruckerei als Vertrauensstelle eingesetzt.<   C X-PANEL.DE
         entwurf im Mai 2022 vorgelegt. Mithilfe des

                                                                                                             x.press 23.4   23
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