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Kolumne
Die Sache mit dem Rotwein Impressum
In der Süddeutschen Zeitung hat kürzlich eine meinungsstarke Wissenschaftsjourna-
listin eine Laudatio geschrieben. Ein Jahr Karl Lauterbach in der Friedrichstraße. Party!! x.press
Karl Lauterbach? Sie wissen schon, der, der von sich sagt, er sei zur Hälfte Wissenschaft- IT in der ärztlichen Praxis.
ler und nur zur anderen Hälfte Politiker, und für den Politik primär angewandte Wis-
Herausgeber:
senschaft ist.
medatixx GmbH & Co. KG
Und es kann da ja auch erst mal niemand etwas gegen haben: Wer will schon einer Kronacher Straße 43 | 96052 Bamberg
Politik das Wort reden, die Fake News folgt? Wie Lauterbach sich evidenzbasierte Poli- Im Kappelhof 1 | 65343 Eltville/Rhein
medatixx.de
tik vorstellt, zeigte sich Anfang Oktober, als er die Krankenkassen dazu aufrief, keine
x.press@medatixx.de
Homöopathie mehr zu erstatten. Richtig so! Dass die Kügelchen nur ein paar Cent kosten,
Verlag:
sagte er nicht. Und was er gedenkt, gegen – sagen wir – Antikörpertherapien zu unter-
HEALTH-CARE-COM GmbH
nehmen, die auch mal mit zweifelhafter Indikation verordnet werden und dann gleich
Kaiserleistraße 8Ä | 63067 Offenbach am Main
30 000 Euro im Jahr verschlingen, das sagte er auch nicht. Telefon. 069 840006 3001
Überhaupt ist das ja gar nicht so einfach mit der evidenzbasierten Gesundheitspoli- Telefax. 069 840006 8001
health-care-com.de
tik. Erinnern Sie sich an Cytotec? Da war die Pandemie noch Zukunft. Sommer 2019.
Damals wurde aus einzelnen Berichten zu Nebenwirkungen einer Geburtseinleitung Redaktion medatixx:
mit dem dafür nicht zugelassenen Misoprostol ein riesiger Twitter-Sturm. Mitentfacht Alexandra John, Jens Naumann (V.i.S.d.P.), Marc
Tussetschläger
von einer jungen Schriftstellerin, die Erfahrungsberichte auf ihrem Twitter-Account
amplifizierte, garniert mit Schock-Emojis. Äuftritt Karl. Er verkündete, via Twitter, Redaktion HEALTH-CARE-COM:
sinngemäß, dass das Medikament vom Markt genommen werden sollte. Großer Applaus Hans-Peter Bröckerhoff, Beate Gehm (Objektlei-
tung), Philipp Grätzel von Grätz, Dr. Michael Lang,
seiner Fans. Was er nicht wusste: Off-label oder nicht, Misoprostol zur Geburtseinleitung
Silke Weidner (Korrektorat)
war damals schon gut untersucht, es gab einen soliden Cochrane-Review. Egal. Cytotec
Weitere Autoren dieser Ausgabe:
wurde geächtet, ein anderes Unternehmen sprang in die Bresche, erwirkte eine Zulas-
Prof. Dr. Dr. Christian Dierks, Miriam Mirza
sung, und exakt derselbe Wirkstoff kostet heute mit kaum neuen Daten dreißig Mal
mehr. Aber Karl kümmert sich jetzt ja um die GKV-Finanzen. Satz und Layout:
Wir Niedergelassenen erleben wissenschaftsbasierte Gesundheitspolitik bald übri- Katharina Doering
gens am eigenen Leib. Gehen Sie schon mal in Deckung. Man nehme eine Handvoll Erscheinungsweise:
Wissenschaft, sperre sie als „Krankenhauskommission“ ins Kämmerchen und lasse sie Quartalsweise, 4 Ausgaben pro Jahr
über Ambulantisierung nachdenken. Wissenschaftsbasierte
Preis:
Politik, keine Frage. Bei der dann rauskommt, dass Klini-
Einzelheft 4,80 Euro, Jahresabonnement
ken zu Konditionen, von denen wir nur träumen kön- (4 Äusgaben) 18,80 Euro, inklusive Versand
nen, vermehrt ambulante Leistungen anbieten sollen. WIR NIEDERGELASSENEN (innerhalb Deutschlands)
Nicht, dass man mal Leute gefragt hätte, die was von ERLEBEN WISSENSCHAFTS- Aboservice:
ambulanter Medizin verstehen. Oder dass man ge- BASIERTE GESUNDHEITS- x.press-abo@medatixx.de
schaut hätte, was schon mal funktioniert hat. Kata- Telefon. 069 840006 3001
POLITIK BALD AM
rakt-OPs zum Beispiel. Die werden heute nicht des- Abo Service x.press | HEALTH-CARE-COM GmbH
EIGENEN LEIB. Kaiserleistraße 8Ä | 63067 Offenbach am Main
wegen zu über 80 Prozent ambulant durchgeführt, weil
Anzeigen:
man es Krankenhäusern erlaubt hätte, ihre DRG auch am-
Beate Gehm
bulant einzustreichen. Der Erfolg kam daher, dass die Therapie
Telefon. 069 840006 3030
für Niedergelassene attraktiv gemacht wurde, anfangs gegen den Telefax. 069 840006 8030
Willen der Kliniken. Es gibt Berechnungen, wonach allein die am- b.gehm@health-care-com.de
bulante Katarakt-OP dem Gesundheitswesen jährlich einen Auflage:
dreistelligen Millionenbetrag einspart. 25 000
Karl Lauterbach hat übrigens kürzlich per Interview ver-
ISSN:
raten, wo er die Grenzen evidenzbasierten Handelns sieht und
2192-0397
zieht. Beim Rotwein. Gefragt, warum er Salz ablehne, aber sich
gerne mit Wein betüddele, antwortete er, dass er erstens nur Aufgrund der besseren Lesbarkeit verzichten wir
teilweise auf die geschlechtsspezifische Differen-
guten Wein trinke. Und zweitens falle die persönliche Nutzen-
zierung. Sämtliche Rollenbezeichnungen gelten
Risiko-Bilanz – wie viel Spaß habe ich bei wie viel gesundheit- im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für
lichem Risiko – beim Salz für ihn negativ aus, beim Rotwein alle Geschlechter. Eine Haftung für die Richtig-
dagegen positiv. Darauf ein Löffelchen Salz.< keit der Veröffentlichungen kann trotz sorgfälti-
ger Prüfung durch die Redaktion nicht übernom-
men werden.
Abb.: OX.11
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