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Kompakt „Ja“ zu Notfalldaten Abb.: Shutterstock.com © trialhuni [M]
Interview TeleArzt-Projekt Der Feldtest zum Einsatz des Notfalldatensatzes
auf der Gesundheitskarte verlief erfolgreich.
Dr. Thomas Aßmann
Ab 2018 sollen auf der elektronischen
Dr. Thomas Aßmann ist Hausarzt Gesundheitskarte auch Notfalldaten
und aktiver Notarzt in Lindlar. gespeichert werden, falls der Patient dies
wünscht. So sieht es das E-Health-Gesetz
Sie haben einen Nerv getroffen. Überall stolpert man derzeit über Ihr vor. Die Bundesärztekammer und das Uni-
TeleArzt-Projekt. Woher kam die Idee? versitätsklinikum Münster haben den ge-
Die Idee hatte ich vor einem Jahr. Genau genommen habe ich eine ziemlich pfiffige planten Notfalldatensatz jetzt in einem
Mitarbeiterin, der ich ein Bachelorstudium Gesundheitsmanagement gesponsert Feldversuch erprobt. Für diesen Praxistest
habe. Sie sollte ein Konzept für ihre Bachelorarbeit entwickeln, deren Inhalt das erstellten 13 Hausärzte insgesamt 64 Not-
TeleArzt-Projekt sein sollte. Das hat sie getan. Ich habe das PDF dann an Bekannte falldatensätze. Davon wurden 63 Notfallda-
bei dem Unternehmen vitaphone geschickt. Plötzlich standen drei Leute vor der Tür tensätze den Ärzten in den Rettungsstellen
und wollten unbedingt mitmachen. Als nächstes habe ich Krankenkassen ange- des Universitätsklinikums sowie Rettungs-
schrieben und den Hausärzteverband. Im Sommer haben wir uns im Rahmen der assistenten vorgelegt mit der Bitte, diese zu
Gesundheitsregion Rheinland getroffen und alle waren ganz positiv. Seither ruft re- bewerten. Ein Datensatz diente zur Erläu-
gelmäßig das Bundesgesundheitsministerium an, und morgen treffe ich die bayeri- terung des Vorgehens für die Studienärzte.
sche Gesundheitsministerin.
Bringt Sicherheit: Der Notfalldatensatz auf der eGK
Wie kommt es plötzlich zu dieser Begeisterung?
Ich denke, die Zeit ist einfach reif. Die Technik auch. Und all die Themen, über Das Ergebnis fiel durchweg positiv aus: 72
die schon länger diskutiert wird, der Ärztemangel auf dem Land, der demografische Prozent der Hausärzte bewerteten den
Wandel, das wird jetzt langsam sehr aktuell. Was auch geholfen hat, ist der Innova- möglichen Nutzen der angelegten Notfall-
tionsfonds. Unser Projekt deckt fünf von sechs Anforderungen des Innovations- datensätze als (sehr) groß. Über 70 Prozent
fonds ab, da sind die Krankenkassen dann schon interessiert. der Klinikärzte und Rettungsassistenten
teilten diese Auffassung. Vor allem die Da-
Sie haben das Projekt im vergangenen September offiziell angekündigt. tenfelder „Medikamente“ und „Diagnosen“
Was haben Sie vor? wurden gelobt. Rettungsassistenten emp-
Wichtig ist, dass das keine Lindlarer Insellösung werden soll. Wir wollen das flä- fanden die Informationen über Implantate
chendeckend in Nordrhein-Westfalen und Bayern ausrollen, sodass alle Ärzte mit als weniger nützlich. 82 Prozent der Kli-
VERAH® (Anm. d. Red.: Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis), die Interesse nikärzte wiederum sprachen sich bei den
daran haben, teilnehmen können. Das Ganze soll über einen Vertrag zur Integrier- Implantaten für eine detaillierte Typenbe-
ten Versorgung laufen. Zwei große Krankenkassen haben wir bisher fest im Boot. zeichnung aus.
Für den Arzt ist das attraktiv, weil er wirtschaftlich nicht in Vorleistung treten muss.
Die Finanzierung läuft über ein Leasing-Modell im Rahmen des IV-Vertrags. Was die Erstellung der Notfalldatensätze
angeht, bewerteten zwei von drei Hausärz-
Wie könnte der TeleArzt in Zukunft noch ausgebaut werden? ten den damit verbundenen Aufwand als zu
Ich halte es für ganz wichtig, dass das kein Closed Shop wird. Da kann jeder hoch. Jeder dritte Hausarzt wünschte sich
mitmachen. Die nächste Ausbaustufe ist der TeleArzt Pro. Da kann die VERAH® zudem mehr IT-Unterstützung beim Anle-
dann nach Rücksprache mit dem Hausarzt direkt einen fachärztlichen Kollegen per gen der Datensätze.
iPad zuschalten, zum Beispiel einen Hautarzt oder einen Kardiologen. Aufseiten der
V ERAH® könnte ich mir sehr gut vorstellen, dass künftig auch zum Beispiel Alten- www.bundesaerztekammer.de/aerzte/telematiktelemedizin
pflegerinnen in Alten- und Pflegeheimen zu Tele-VERAHs weitergebildet werden,
denn die kennen ihre Pappenheimer schließlich gut. Da sind noch viele Ausbaustu-
fen denkbar.
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