Page 6 - xpress_Ausgabe 16.1
P. 6

Kompakt                                                                                               „Ja“ zu Notfalldaten                                          Abb.: Shutterstock.com © trialhuni [M]

   Interview TeleArzt-Projekt                                                                          Der Feldtest zum Einsatz des Notfalldatensatzes
                                                                                                       auf der Gesundheitskarte verlief erfolgreich.
       Dr. Thomas Aßmann
                                                                                                       Ab 2018 sollen auf der elektronischen
                                           Dr. Thomas Aßmann ist Hausarzt                                    Gesundheitskarte auch Notfalldaten
                                           und aktiver Notarzt in Lindlar.                             gespeichert werden, falls der Patient dies
                                                                                                       wünscht. So sieht es das ­E-Health-Gesetz
                 Sie haben einen Nerv getroffen. Überall stolpert man derzeit über Ihr                 vor. Die Bundesärztekammer und das Uni-
                 TeleArzt-Projekt. Woher kam die Idee?                                                 versitätsklinikum Münster haben den ge-
             Die Idee hatte ich vor einem Jahr. Genau genommen habe ich eine ziemlich pfiffige         planten Notfalldatensatz jetzt in einem
             Mitarbeiterin, der ich ein Bachelorstudium Gesundheitsmanagement gesponsert               Feldversuch erprobt. Für diesen Praxistest
             habe. Sie sollte ein Konzept für ihre Bachelorarbeit entwickeln, deren Inhalt das         erstellten 13 Hausärzte insgesamt 64 Not-
             ­TeleArzt-Projekt sein sollte. Das hat sie getan. Ich habe das PDF dann an Bekannte       falldatensätze. Davon wurden 63 Notfallda-
             bei dem Unternehmen vitaphone geschickt. Plötzlich standen drei Leute vor der Tür         tensätze den Ärzten in den Rettungsstellen
             und wollten unbedingt mitmachen. Als nächstes habe ich Krankenkassen ange-                des Universitätsklinikums sowie Rettungs-
             schrieben und den Haus­ärzteverband. Im Sommer haben wir uns im Rahmen der                assistenten vorgelegt mit der Bitte, diese zu
             Gesundheitsregion Rheinland getroffen und alle waren ganz positiv. Seither ruft re-       bewerten. Ein Datensatz diente zur Erläu-
             gelmäßig das Bundesgesundheitsministerium an, und morgen treffe ich die bayeri-           terung des Vorgehens für die Studienärzte.
             sche Gesundheitsministerin.
                                                                                                       Bringt Sicherheit: Der Notfalldatensatz auf der eGK
                 Wie kommt es plötzlich zu dieser Begeisterung?
                  Ich denke, die Zeit ist einfach reif. Die Technik auch. Und all die Themen, über     Das Ergebnis fiel durchweg positiv aus: 72
             die schon länger diskutiert wird, der Ärztemangel auf dem Land, der demografische         Prozent der Hausärzte bewerteten den
             Wandel, das wird jetzt langsam sehr aktuell. Was auch geholfen hat, ist der Innova-       möglichen Nutzen der angelegten Notfall-
             tionsfonds. Unser Projekt deckt fünf von sechs Anforderungen des Innovations-             datensätze als (sehr) groß. Über 70 Prozent
             fonds ab, da sind die Krankenkassen dann schon interessiert.                              der Klinikärzte und Rettungsassistenten
                                                                                                       teilten diese Auffassung. Vor allem die Da-
                 Sie haben das Projekt im vergangenen September offiziell angekündigt.                 tenfelder „Medikamente“ und „Diagnosen“
                 Was haben Sie vor?                                                                    wurden gelobt. Rettungsassistenten emp-
             Wichtig ist, dass das keine Lindlarer Insellösung werden soll. Wir wollen das flä-        fanden die Informationen über Implantate
             chendeckend in Nordrhein-Westfalen und Bayern ausrollen, sodass alle Ärzte mit            als weniger nützlich. 82 Prozent der Kli-
             VERAH® (Anm. d. Red.: Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis), die Interesse        nikärzte wiederum sprachen sich bei den
             daran haben, teilnehmen können. Das Ganze soll über einen Vertrag zur Integrier-          Implantaten für eine detaillierte Typenbe-
             ten Versorgung laufen. Zwei große Krankenkassen haben wir bisher fest im Boot.            zeichnung aus.
             Für den Arzt ist das attraktiv, weil er wirtschaftlich nicht in Vorleistung treten muss.
             Die Finanzierung läuft über ein Leasing-Modell im Rahmen des IV-Vertrags.                     Was die Erstellung der Notfalldatensätze
                                                                                                       angeht, bewerteten zwei von drei Hausärz-
                 Wie könnte der TeleArzt in Zukunft noch ausgebaut werden?                             ten den damit verbundenen Aufwand als zu
                  Ich halte es für ganz wichtig, dass das kein Closed Shop wird. Da kann jeder         hoch. Jeder dritte Hausarzt wünschte sich
             mitmachen. Die nächste Ausbaustufe ist der TeleArzt Pro. Da kann die VERAH®               zudem mehr IT-Unterstützung beim Anle-
             dann nach Rücksprache mit dem Hausarzt direkt einen fachärztlichen Kollegen per           gen der Datensätze.
             iPad zuschalten, zum Beispiel einen Hautarzt oder einen Kardiologen. Aufseiten der
             V­ ERAH® könnte ich mir sehr gut vorstellen, dass künftig auch zum Beispiel Alten-               www.bundesaerztekammer.de/aerzte/telematiktelemedizin
             pflegerinnen in Alten- und Pflegeheimen zu Tele-VERAHs weitergebildet werden,
             denn die kennen ihre Pappenheimer schließlich gut. Da sind noch viele Ausbaustu-
             fen denkbar.

06 x.press 16.1
   1   2   3   4   5   6   7   8   9   10   11