Page 5 - xpress_Ausgabe 21.3
P. 5

TELEMATIKINFRASTRUKTUR                                             KOLUMNE        DIERKS’ ANTWORT
        Eine Anwendung namens WANDA
                                                                             Patienten erhalten eine vom
        Neben den Anwendungen KIM, ePA und  oder auch zur Prozesssteuerung beim   Arzt verordnete DiGA erst
                                                                             nach einer Genehmigung
        eRezept gibt es jetzt mit Wanda eine wei-  schnellen Auffinden von Experten für eine
                                                                             ihrer Krankenkasse.
        tere Möglichkeit, die Telematikinfrastruk-  Zweitbeurteilung im Notfall verwendet
        tur (TI) aktiv zu nutzen. WANDA steht für  werden. Auch der Zugriff auf medizinische
        „Weitere Anwendungen für                 Register soll über WANDA
        den Datenaustausch“. Es han-  Bestätigungs-  erfolgen. WANDA bietet für   Î ÎFür die Nutzung der DiGA
        delt  sich  um  ein  Bestäti-            Anwendungen die Optionen    bedarf es gegenwärtig noch   PROF. DR. DR.
                                 verfahren für                               einer Kassengenehmigung   CHRISTIAN DIERKS
        gungsverfahren, das Drittan-             „Smart“ und „Basic“. Smart                         ist Rechtsanwalt und
        bietern, beispielsweise aus   Drittanbieter  bedeutet, dass die Nutzer auf   und einer Freischaltung. Wie   Facharzt für Allge-   Abb.: Prof. Dr. Dr. Christian Dierks
        der Industrie oder der Ge-               zentrale Dienste der TI zu-  bewerten Sie das rechtlich?  meinmedizin. Vorwie-
                                                                                                    gend berät er mit sei-
        sundheitsforschung, die Nut-             greifen oder kryptografische                       ner Kanzlei Leistungs-
        zung der TI als Plattform für eine sichere  Identitäten der TI für eigene Anwendungs-  Die aktuelle Ausgestaltung   erbringer im Gesund-
        Vernetzung ermöglicht. WANDA soll der  zwecke mitnutzen können. In der Anbin-  des DiGA-Versorgungspro-  heitswesen. Ein
                                                                                                    Schwerpunkt sind die
        gematik zufolge für Anwendungen wie die  dungsoption Basic ist der Anschluss an   zesses ist wegen der Anfor-  Rechtsfragen von
        elektronische Fallakte, die Abrechnungs-  die TI ohne die Nutzung dieser Dienste   derung des Codes für die   Teleme dizin und
                                                                                                    E-Health.
        unterstützung für Leistungserbringer  möglich.<       C GEMATIK.DE   Freischaltung der DiGA nicht
                                                                             mit dem SGB V zu vereinbaren. Das SGB V bietet
                                                                             keine Grundlage dafür, zwischen die ärztliche
        GEBURTSHILFE                                                         Verordnung und Nutzung der DiGA durch den
        Kommunikationstraining per App                                       Versicherten einen Freischaltcode und eine Ge-
                                                                             nehmigung der Krankenkasse zu stellen.
                                                                             Die Richtlinie über Form und Inhalt des Abrech-
                                                                      Abb.: Olena Yakobchuk / Shutterstock   nungsverfahrens sollte geändert oder um einen
                                                                             direkten volldigitalen Verordnungsprozess er-
                                                                             gänzt werden. Wollen wir im Ernst digitale Ge-
                                                                             sundheitsanwendungen auf Muster-16-Papier-
                                                                                 vordrucken verordnen? Dies wird dem Ziel
                                                                                          vom Dezember 2019, die Ver-
                                                                       ZAHL DES        des Digitale-Versorgung-Gesetzes

                                                                                            sorgung der Versicherten
                                                                       QUARTALS              durch digitale Lösungen
                                                                        70                     kaum gerecht.
                                                                                              zu verbessern, wohl

        PANDEMIEBEDINGT: Gebärende und Hebammen haben wenig persönlichen Konatkt.              Die alternative Nut-
                                                                                               zung bereits existie-
        Im vergangenen Jahr haben Hebammen  training an. Die werdenden                         render volldigitaler
        in Deutschland über 750 000 Geburten  Mütter und alle an der Ge-  DiGA-Anträge wurden bislang    Verordnungsmöglich-
                                                                      beim BfArM eingereicht.
        betreut. Damit die Entbindungen sowohl  burtsvorbereitung beteiligten   (Stand: 05.05.2021)   keiten sollte jetzt zuge-
        für die werdenden Mütter als auch für die  medizinischen Fachkräfte sollen   Quelle: BfArM  lassen werden. Hierfür be-
        Neugeborenen sicher verlaufen, müssen  mit kurzen und interaktiven Übun-          darf es der Rechtssicherheit,
        die Hebammen und die Gebärenden in  gen ihre vorhandenen Kommunikations-       dass die Einbindung der Ärzte in
        engem Austausch miteinander stehen.  kompetenzen verbessern und neue ver-  den digitalen Verordnungs- und Versor-
        Abstandsregeln und Kontakteinschrän-  mittelt bekommen. Die TeamBaby-App   gungsprozess und die Nutzbarmachung der digi-
        kungen in der Pandemie haben jedoch  ist Teil eines Forschungsprojekts der   tal vorhandenen Informationen für die Verord-
        dazu geführt, dass derzeit nur eine von  Universitätskliniken Ulm und Frankfurt,   nung möglich ist, auch ohne dass es einer lang-
        sechs Schwangeren eine Eins-zu-eins-Be-  der Jacobs University Bremen sowie der   wierigen Zertifizierung durch die KBV bedarf.
        treuung durch eine Hebamme erhält. Techniker Krankenkasse und des Akti-  Die geplanten Neuregelungen des DVPMG soll-
        Diese eingeschränkte Betreuung kann zu  onsbündnisses Patientensicherheit. Die   ten der Nutzung volldigitaler Verordnungsmög-
        Verunsicherungen und Ängsten führen.  Studie möchte herausfinden, wie sich mit   lichkeiten nicht entgegenstehen und die Rechts-
        Deshalb haben Forscher der Jacobs  einer besseren Kommunikation zwischen   unsicherheiten durch Anpassung des Gesetzes-
          University Bremen eine spezielle Web-  allen an der Geburt Beteiligten Fehler und   entwurfs vermieden werden.<
        App entwickelt. Die „TeamBaby-App“  Missverständnisse verringern lassen.<
        bietet ein kostenfreies Kommunikations-     C JACOBS-UNIVERSITY.DE/TEAMBABY/APP

                                                                                                             x.press 21.3   05
   1   2   3   4   5   6   7   8   9   10