Page 20 - xpress_Ausgabe 20.2
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Thema












        PATIENTENDATENSCHUTZGESETZ
        Spahn, die Nächste






        Ein Gesetz nach dem anderen kommt aus der Paragrafenmanufaktur des Bundesgesundheitsministeriums.
        Das Patientendatenschutzgesetz (PDSG) ist mehr als ein Gesetz zur elektronischen Patientenakte (ePA). Es bringt
        für die ambulante Medizin neue Fristen, neue Pflichten, neue digitale Formulare – und neue Einnahmequellen.



             as im Dezember 2019 in Kraft getretene  vier große Themenkomplexe mit unmittelba-  Hierfür wollen die Bundesländer seit Längerem
             Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) soll-  rer Relevanz. Da ist zum einen die Erweiterung  ein elektronisches Gesundheitsberuferegister
       D te ursprünglich Jens Spahns großer Ge-  der TI um neue Nutzergruppen, neue Anwen-  in die Spur bringen, das sich aber ähnlich stark
        setzeswurf in Sachen Aufbau eines digitalen  dungen und neue Fristen. Das zweite große  verzögert wie der Berliner Flughafen. Manche
        deutschen Gesundheitswesens werden. Es war  Thema ist besagte ePA mit Patientenrechten,  interpretieren die PDSG-Frist so, dass dem
        auch ein großer Wurf. Trotzdem fiel das DVG  Zugriffsrechten und Vergütungsmodalitäten.  Bundesgesundheitsminister in diesem Punkt
        letztlich kleiner aus, als Spahn und sein Abtei-  Das eRezept nimmt breiten Raum ein (siehe  der Geduldsfaden gerissen ist.
        lungsleiter für Digitalisierung, Gottfried Lude-  Kasten auf Seite 22). Und schließlich gibt es
                                                                               Mehr Geld für die Notfalldaten
        wig, beide CDU, sich das vorgestellt hatten. So  das Thema der datenschutzrechtlichen Ver-
        fanden sich im ersten Entwurf des DVG lange  antwortlichkeit, das nicht zuletzt auf Drängen  Bei den neuen Anwendungen ist vor allem der
        Passagen zur elektronischen Patientenakte  der Ärzteschaft den Weg ins PDSG gefunden  digitale Überweisungsschein für Ärzte rele-
        (ePA). Dafür freilich gab es so viel Sperrfeuer  haben dürfte.         vant. Hier sollen KBV und GKV-Spitzenver-
        vom Bundesjustizministerium, dass Spahn und                            band innerhalb von sieben Monaten nach In-
        Ludewig einen Rückzieher machen mussten.                               krafttreten des Gesetzes die notwendigen
                                                 Beim PDSG handelt
        Der Minister gliederte die ePA aus dem DVG                             Regelungen in den Bundesmantelverträgen
        aus, und ein „DVG 2“ mit Fokus Datenschutz                             treffen. Dabei müssen Anwendungen und
        und ePA wurde bereits im Sommer 2019 ange-  es sich um einen           Komponenten der TI genutzt werden, sobald
        kündigt.                                 Komplett-Relaunch             diese zur Verfügung stehen. Die TI ist also
          Mit dem jetzt vorgelegten Entwurf des Pa-                            auch bei diesem Thema politisch gesetzt. Al-
                                                   ganzer Passagen
        tientendatenschutzgesetzes (PDSG) hat der                              ternative Netzwerke soll es auf Dauer nicht
        Minister seine Ankündigung wahrgemacht.        des SGB V.              mehr geben.
        Anders als der Name PDSG suggeriert, handelt                             Interessant aus ärztlicher Sicht sind auch
        es sich aber nicht um ein schlankes, monothe-                          die Änderungen bei den elektronischen Not-
        matisch auf Datenschutz und ePA fokussiertes                           falldaten. Die Notfalldaten können Ärzte mit-
        Gesetz. Es ist vielmehr ein weiterer digitalisie-  Was die Erweiterung der TI um neue Nut-  hilfe ihrer Praxis-IT auf der elektronischen
        rungspolitischer Rundumschlag. Auch formal  zergruppen angeht, so sticht vor allem ins  Gesundheitskarte ihrer Patienten ablegen, so-
        ist das PDSG bemerkenswert. Während in nor-  Auge, dass die gematik bis zum 30. Juni 2020  bald die derzeitigen TI-Konnektoren ein
        malen Gesetzentwürfen existierende Paragra-  die Voraussetzungen dafür schaffen muss, dass   E-Health-Konnektor-Update erhalten haben
        fen typischerweise weitergeschrieben werden,  Pflegeeinrichtungen sowie weitere nichtärzt-  und die Ärzte mit elektronischen Arztauswei-
        handelt es sich beim PDSG um einen Kom-  liche Leistungserbringer die TI nutzen können.  sen ausgestattet sind. Für die Erstellung der
        plett-Relaunch ganzer Passagen des SGB V.  Konkret genannt werden Hebammen, Physio-  Notfalldaten haben sich GKV und KBV bereits
        Unter anderem wird der vielzitierte § 291, in  therapeuten und – Stichwort Infektions-  auf eine Honorierung in Höhe von 8 Euro pro
        dem die elektronische Gesundheitskarte und  Surveillance – Mitarbeiter öffentlicher Gesund-  Datensatz verständigt. Per PDSG verdoppelt
        die Anwendungen der Telematikinfrastruktur  heitsdienste. Die Frist klingt auf Anhieb relativ  die Bundesregierung diesen Betrag jetzt für
        (TI) niedergelegt sind, vollständig neu gefasst.  sportlich. Allerdings ist „Voraussetzungen  alle Notfalldatensätze, die innerhalb von einem    Abb.: iStock.com © Best Content Production Group
                                           schaffen“ nicht gleichbedeutend mit „alle an-  Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes erstellt
        Neue Nutzer sollen angebunden werden  binden“. Eine offene Frage ist die nach dem  werden. Das soll einen zusätzlichen Anreiz

        Wer den PDSG-Entwurf durch die Brille der  Legitimierungsnachweis, die sich vor allem bei  schaffen, diesen wichtigen Datensatz auch
        ambulanten Medizin studiert, der kommt auf  den Angehörigen therapeutischer Berufe stellt.  wirklich anzulegen.

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