Page 18 - xpress_Ausgabe 20.2
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Porträt




                                                                               ihres FSJ in Vietnam. Dort erlebte sie eine Mas-
                                                                               senpanik, bei der Menschen verletzt wurden.
                                                                               Damals wünschte sich die junge Frau, richtig
                                                                               helfen zu können. In der Folge stand ihr Ent-
                                                                               schluss fest und sie bewarb sich noch in
                                                                                 Vietnam auf einen Medizin-Studienplatz in
                                                                               Deutschland.
                                                                                 Die Medizinerin hält sich selbst nicht für
                                                                               eine Überfliegerin, aber ohne ein hohes Maß
                                                                               an Disziplin und wohl auch Begabung lässt sich
                                                                               ihr Pensum schwerlich bewältigen. Ein Haupt-
                                                                               antrieb für ihre vielen Aktivitäten dürfte ihre
                                                                               Neugierde sein. „Mich hat das interessiert“,
                                                                               sagt sie oft, oder „das finde ich spannend“, oder
                                                                               „ich wollte herausfinden, ob …“. Das prägt auch
                                                                               ihren Blick über den Tellerrand in andere Wis-
                                                                               sensbereiche. So bekam sie über einen Freund
                                                                               Kontakt zu einer Fachorganisation, in der vie-
                                                                               le Betriebswirtschaftler waren. „Das war span-
                                                                             Abb.: Mike Henning   nend, weil die ganz anders zusammenarbeiten
                                                                               und Effizienz anders leben.“ Ihre Wissbegierde
         JANA AULENKAMP                                                        bezieht sich häufig auf die Strukturen und Me-
                                                                               chanismen des Gesundheitswesens und wie
                                                                               man Ideen aus anderen Fachgebieten darauf
                                                                               anwenden kann. „Den Betriebswissenschaft-
                                                                               lern geht es um die gute Zusammenarbeit zwi-
                                                                               schen Menschen und einer Organisation“, be-
                                                                               richtet sie. Ihr sei dabei aufgegangen, dass
                                                                               dieser Themenbereich in der Medizin nur sehr
                                                                               schlecht abgedeckt ist. Das bestärkte ihren
                                             Die                               die Strukturen, in denen sie als angehende Me-
                                                                               Wunsch, sich in dem Bereich zu betätigen und
          ana Aulenkamp hat im Moment etwas Zeit,                              dizinerin arbeiten würde, aktiv mitzugestalten
          denn sie hat gerade ihr medizinisches Exa-                           und zu verbessern.
        Jmen beendet und muss jetzt „nur noch die                                „Die aktuellen Entwicklungen im Gesund-
                                             Aktivistin
        Doktorarbeit fertig machen“, wie sie sagt. Für                                  heitswesen sind nichts Neues. Sie
        andere wäre das schon Anstrengung genug,                                        gab es bereits in der Wirtschaft,
        doch für Aulenkamp ist es tatsächlich eine eher                                 darum weiß man auch, was als
        ruhigere Phase. Geboren in Düsseldorf, hat sich                                 Nächstes kommt. Es gibt derzeit
        die 29-Jährige schon früh in vielen Bereichen                                   eine Wertorientierung in Rich-
        engagiert: in der Schülervertretung, als Ju-                           tung der Mitarbeiter. Dem folgt eine Selbstor-
                                              Die junge Ärztin Jana
        gendratsmitglied der Stadt Ratingen, in ihrem                          ganisation hin zu agilen Strukturen“, erklärt
                                              Aulenkamp hat sich bereits
        Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) in Vietnam.                           Aulenkamp. Krankenhäuser hinken diesen
        Und so viel Engagement gibt man nicht einfach   im Studium für moderne und     Entwicklungen hinterher, so die Ärztin, aber
                                              effiziente Arbeitsstrukturen
        auf, nur weil man Medizin studiert. So wundert                         deren Eintreten sei nicht aufzuhalten und sie
                                              in der Medizin eingesetzt.
        es nicht, dass sie während ihres Studiums von                          sehe das auch als eine Chance, sich in diesen
        2011 bis 2019 an der Ruhr-Universität Bochum                           Prozess einzubringen.
        auch noch in der Studentenvertretung oder als                            Wie man die medizinische Arbeitswelt von
        Bundeskoordinatorin für Gesundheitspolitik                             morgen gestalten kann, ist ein Thema, das
        in der Bundesvertretung der Medizinstudie-                             Aulenkamp gern mit ihrem Hobby, dem Reisen,
        renden in Deutschland (bvmd) aktiv war und                             verbindet. Während ihres Studiums war sie
        nebenbei eine Ausbildung zum Trainer für die                           für eine Famulatur in Japan und in Finnland.
        Leitung von Gruppen absolvierte.                                       Von ihren Aufenthalten bringt sie immer neue
          Aulenkamp reist gern. Auch die Initialzün-                           Ideen mit. „Wenn man sich in andere Länder
        dung für ihren Entschluss, Medizin zu studie-                          begibt, bekommt man ein Gefühl dafür, dass
        ren, passierte auf einer Reise, nämlich während                        der deutsche Weg nicht unbedingt der einzig

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