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Kompakt
NOTFALLMEDIZIN I GEBÄRDENSPRACHE
Telemedizin hilft Halligen Kommunikation per App
Bewohner und Besucher der Halligen Gehörlose sollen in Zukunft besser mit hörenden
sollen mithilfe der Telemedizin eine bes- Menschen ins Gespräch kommen. Meist scheitert
sere notfallmedizinische Versorgung die Kommunikation im Alltag daran, dass die Hö-
erhalten. Auf den Halligen gibt es weder renden keine Gebärdensprache beherrschen und
Notärzte noch Rettungsfahrzeuge, son- auch kein geeigneter Dolmetscher zugegen ist. Eine
dern nur rettungsdienstlich ausgebilde- Forschergruppe hat jetzt begonnen, die Gebärden-
te Krankenpfleger. Weil es in der Ver- sprache zu digitalisieren. Ziel des von der Europä-
ischen Kommission geförderten Projekts („Interna-
tionales Projekt für unterstützende Kommunikati-
Abb.: iStockphoto.com © sezgen Smartphone-App, die zwischen dem Gehörlosen und
on in der Bildung“) ist die Entwicklung einer
dem Hörenden in Echtzeit übersetzt. Eine Diskus-
sion der Forscher mit Gehörlosen ergab, dass sich
diese mehr Unterstützung im Alltag wünschen, bei-
spielsweise bei ärztlichen Untersuchungen. Gehör-
lose können zum Beispiel die akustischen Ansagen
bei Computertomographien nicht hören.
Abb.: Universität Siegen
gangenheit immer wieder vorkam, dass des Instituts das vor Ort eingesetzte
Patienten aufwendig mit einem Ret- medizinische Personal und bieten rund
tungshubschrauber oder Seenotret- um die Uhr eine telemedizinische Unter-
tungskreuzer aufs Festland gebracht stützung durch die Fachärzte des Uni-
wurden, obwohl keine längerfristige versitätsklinikums. Fehleinschätzungen
stationäre Behandlung erforderlich war, und Verzögerungen im Behandlungsab-
wurde das Projekt HALLIGeMED ins lauf sollen dadurch minimiert werden.
Leben gerufen. In dem vom Institut für Sollte das auf drei Jahre ausgelegte Pro-
Rettungs- und Notfallmedizin des Uni- jekt erfolgreich sein, könnte es Vorbild
versitätsklinikums Schleswig-Holstein für ähnliche Projekte im ländlichen
koordinierten Projekt schulen Experten Raum werden.< C UKSH.DE/NOTFALLMEDIZIN
NOTFALLMEDIZIN II
Rechenmodelle verteilen Notärzte in der Pfalz
Mathematiker wollen mit komplexen Re- ckeln Mathematiker der Technischen AUFWENDIG: Digitalisierung der Gebärdenzeichen mittels Handschuh
chenverfahren die Notarztversorgung Universität Kaiserslautern und des
auf dem Land sicherstellen. Bedingt Fraunhofer Instituts für Techno- und Für die Digitalisierung filmen die Forscher die
durch den demografischen Wandel steigt Wirtschaftsmathematik ein mathemati- Gebärden. Die Ausgabe auf dem Smartphone-Bild-
in den kommenden Jahren die Zahl älte- sches Modell, welches die Notarztversor- schirm erfolgt über einen sogenannten Avatar. Er
rer Menschen, wodurch auch die Zahl der gung auch im demografischen Wandel kann zurzeit 500 digitalisierte Gebärdenzeichen
Notfälle ansteigen wird. Die sicherstellen soll. In Compu- darstellen. Die Kommunikation bei einem Arztbe-
Rettungsdienste haben es tersimulationen spielen die such zum Beispiel könnte so ablaufen, dass das
dann zunehmend schwerer, Mangel an Mathematiker durch, wie sie Smartphone eine Frage des Arztes an den gehörlosen
Ärzten
die gesetzlich vorgeschriebe- Notärzte auf schwach besetz- Patienten aufzeichnet und der Avatar diese Frage in
nen Zeiten bis zum Eintreffen te Gebiete am besten umver- der Gebärdensprache darstellt.
am Einsatzort einzuhalten. teilen oder wie die Verteilung Im Oktober soll in einer U-Bahn-Station der Stadt
Diese Zeiten variieren von Bundesland der Einsätze in der Zukunft aussehen Porto (Portugal) ein Terminal aufgestellt werden,
zu Bundesland und betragen in Rhein- könnte. Das Projekt berücksichtigt auch in das Gehörlose Fragen eingeben können, beispiels-
land-Pfalz 15 Minuten. Im vom Bundes- den Ärztemangel in vielen Regionen: Soll- weise zum Fahrplan oder den Fahrpreisen. Ein
ministerium für Bildung und Forschung ten sich die Einsatzzahlen in den kom- Avatar beantwortet dann jede Frage in Gebärden-
geförderten Projekt „HealthFaCT: Opti- menden zehn Jahren verdoppeln, würde sprache. Findet er benötigte Wörter nicht unter den
mierung der ambulanten medizinischen nicht die doppelte Anzahl an Medizinern 500 Gebärdenzeichen, buchstabiert er in der Fin-
Versorgung im ländlichen Raum“ entwi- gebraucht.< C UNI-KL.DE gersprache.< C UNI-SIEGEN.DE
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