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UMFRAGE 2 KOLUMNE DIERKS‘ ANTWORT
E-Health-Nutzung im europaweiten Vergleich
Das „Gesetz zur Neu-
Eurobarometer-Umfragen sind europa- hätten. 65 Prozent der Befragten wären regelung des Schutzes
von Geheimnissen bei
weite Erhebungen, die die EU-Kommis- bereit, ihre persönlichen medizinischen
der Mitwirkung Dritter
sion regelmäßig zu unterschiedlichen Daten online ihren Ärzten zugänglich zu
an der Berufsausübung
Fragestellungen durchführt. Digital machen. Spannend ist bei Eurobarome-
schweigepflichtiger
Health ist dabei eines der tern natürlich immer der Län-
Personen“ soll zu mehr
Themen. Die bei der EU-Kon- dervergleich. Während in Est- Rechtssicherheit bei der
ferenz „eHealth Tallinn“ vor- Auf dem land und Finnland je 49 Pro- Auftragsdatenverarbei- PROF. DR. DR.
vorletzten tung führen. ist Rechtsanwalt und
gestellten Zahlen aus der zent der Bürger in den ver- CHRISTIAN DIERKS
Befragungsrunde im März gangenen zwölf Monaten vor Facharzt für Allge- Abb.: Prof. Dr. Dr. Christian Dierks
2017, an der 28 000 EU-Bür- Platz der Befragung digitale Ge- meinmedizin. Vorwie-
gend berät er mit sei-
ger aus 28 Ländern teilge- sundheitsdienste in Anspruch Î ÎWelche Auswirkungen ner Kanzlei Leistungs-
nommen hatten, zeigen, dass in der EU genommen hatten, waren es in Deutsch- hat das kürzlich verabschie- erbringer im Gesund-
zwischen 2016 und 2017 nicht einmal land nur acht Prozent. Das Land liegt dete Gesetz zur Reform der heitswesen. Ein
Schwerpunkt liegt da-
jeder fünfte Bürger Gesundheitsdienst- damit gemeinsam mit Ungarn auf dem strafrechtlich geschützten bei in den Rechtsfra-
leistungen gleich welcher Art online in vorletzten Platz der Rangliste. Recht weit Schweigepflicht? gen von Teleme dizin
und E-Health.
Anspruch genommen hat. Dagegen sag- vorne landen außer den skandinavischen
ten 52 Prozent, dass sie gerne online Ländern Spanien, Slowenien, Großbritan- Es bewirkt mehr Rechtssicherheit – endlich ist es da.
Zugriff auf gesundheitsbezogene Daten nien und die Niederlande.< C EC.EUROPA.EU Seit über zehn Jahren weisen wir darauf hin, dass
bei der Einschaltung von Auftragsdatenverarbeitung
(ADV) durch einen niedergelassenen Arzt eine ge-
THROMBOSE fährliche Lücke besteht: Es war nämlich bisher un-
Spielend vorbeugen klar, ob die ADV nach Bundesdatenschutzgesetz
eine geeignete Rechtsgrundlage für
Patienten können künftig mit einem Com- Spiel, das am Tabletcomputer und die Offenbarung von Geheimnis-
puterspiel das Entstehen einer Throm- am Smartphone gespielt wer- ZAHL DES sen im Sinne des Strafrechts
QUARTALS
bose verhindern. Eine Thrombose, nach den kann, die Motivation für ist. Wenn nicht, wäre sie
Herzinfarkt und Schlaganfall die die Anti-Thrombose-Übun- strafbar! Mit dem neuen
dritthäufigste Herz-Kreislauf-Erkran- gen erhöht. Im Spiel geht es Gesetz (genauer: „Gesetz
kung, entsteht zum Beispiel, wenn ein darum, einen Wasserball 70 % zur Neuregelung des
Gerinnsel die Blutgefäße in den Beinen über eine Reihe von Baum- Schutzes von Geheimnis-
verstopft. Mit gezielten Übungen können stämmen zu lenken, auf sen bei der Mitwirkung
der WHO-Mitgliedsstaaten haben
Risikopatienten, etwa ältere oder bett- denen sich auch Hindernisse Dritter an der Berufsaus-
eine nationale E-Health-Strategie.
lägerige Menschen, einer Thrombose wie Diamanten oder Monster übung schweigepflichtiger
Quelle: WHO
vorbeugen. Um die Motivation für diese befinden. Der Wasserball Personen“) wird diese Lücke
Übungen zu erhöhen, haben Forscher der springt von Stamm zu Stamm, die geschlossen, indem Ärzte nun
Arbeitsgruppe wearHEALTH an der Bewegung steuert der Spieler über zwei fremde Geheimnisse offenbaren dürfen,
Technischen Universität Kaiserslautern kontaktlose Sensoren, die auf den Füßen wenn dies erforderlich ist. Ergänzend wird die Straf-
(TUK) das Spiel „jumpBALL“ entwickelt. angebracht sind. Der Spieler streckt dazu barkeit auf die Mitwirkenden ausgedehnt, sodass
In einer ersten Studie mit 40 Probanden die Fußspitze weit nach vorne und zieht der Strafrechtsschutz der Patientengeheimnisse ge-
konnten die Forscher zeigen, dass das sie anschließend so weit wie möglich an währleistet bleibt. Damit sind die Patienten auf der
sicheren Seite. Die Ärzte aber nur fast, weil nach den
Abb.: Thomas Koziel/TUK der Ball einen Baumstamm weiter, mit Berufsordnungen in den 17 Kammerbezirken weiter-
den Körper. Mit dem linken Fuß springt
hin die Übermittlung von Patientendaten an unbe-
dem rechten zwei Stämme. Ohne dieses
kannte Dritte berufsrechtswidrig ist. Hier meint der
Spiel ist diese Übung, die sogenannte
Muskel-Venen-Pumpe, für Patienten
wohl er im alten und neuen Datenschutzrecht und
langweilig und ermüdend mit der Folge, Bundesgesetzgeber keine Kompetenz zu haben, ob-
dass in Studien 65 Prozent der Proban- im BGB ärztliche Umgänge mit Patientendaten
den die Übung nicht oder nur teilweise durchaus regelt. Die Anpassung der Berufsordnun-
ausführen. In Langzeitstudien wollen die gen wird noch ein wenig dauern, und bis dahin ha-
Forscher jetzt untersuchen, inwieweit ben wir wieder mal einen föderalen Flickenteppich
dieser spielerische Ansatz für weitere in Deutschland.<
Bewegungsübungen im Reha-Bereich
MOTIVIEREND: Das Anti-Thrombose-Spiel verwendet werden kann.< C CS.UNI-KL.DE
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