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Thema












        DIGITALE IDENTITÄTEN
       Mein digitales Ich







        Es wird ernst, die digitale Identität kommt – und soll alles leichter machen. Doch was steckt eigentlich dahinter?
        Welche Hindernisse gilt es noch zu überwinden, bis alle ihren Zwilling in der schönen neuen Digitalwelt haben?





            ngefangen hat alles im Jahr 2021, als der  umständlich sei. Wölzlein nennt ein Beispiel:  des sicheren Äuthentifizierungsverfahrens in
            Deutsche Bundestag im Mai das Digita-  In Praxen müsse es möglich sein, dass Ärztin  Zukunft auf ihre elektronische Patientenakte
        Ale-Versorgungs-und-Pflege-Modernisie-  oder Arzt den Kolleginnen und Kollegen die  (ePA),  eRezepte, den eMedikationsplan oder
        rungs-Gesetz (DVPMG) verabschiedet hat. Das  Komfortsignatur mit der eigenen digitalen  ihre Notfalldaten zugreifen können (siehe
        Gesetz soll mit der Einführung einer digitalen  Identität gestattet, weil das einfach besser in  § 336 Äbs.1 SGB V n.F.).
        Identität für Versicherte, Ärztinnen und Ärzte,  den Arbeitsablauf passe. „Es braucht Vertre-  Das bisherige Prozedere gestaltet sich noch
        Krankenhäuser und Apotheken die digitale Ver-  tungsregelungen in Gemeinschaftspraxen. Sind  reichlich umständlich: Zur Nutzung der E-Re-
        netzung relevanter Akteure im Gesundheitswe-  für solche Fälle die rechtlichen Hürden zu hoch,  zept-App benötigen die meisten Versicherten
        sen und vor allem die Gesundheitsdienste der  werden Medizinerinnen und Mediziner die  eine elektronische Gesundheitskarte (eGK) der
        Telematikinfrastruktur (TI) vorantreiben. Di-  Identitäten nicht nutzen“, prophezeit er und  Version 2.1, eine PIN von der Krankenkasse
        gitale Identitäten können die Nutzung digitaler  fordert Anpassungen der gesetzlichen Rah-  sowie ein NFC-fähiges Smartphone ab iOS 14
        Änwendungen erleichtern und deutlich effizi-  menbedingungen.          oder Android 7. Und um die ePA zu nutzen,
        enter gestalten. Auch die Datensicherheit soll                         müssen sich Versicherte zunächst über ein Vi-
        durch eindeutig zuordenbare digitale Identitä-                         deo-Identifikationsverfahren bei den Kranken-
                                              „Es braucht Vertretungs-
        ten gesteigert werden.                                                 kassen authentifizieren.
                                                                                 Die Einführung der digitalen Identitäten
        Digitale Identität für Ärztinnen und Ärzte  regelungen in den          verspricht eine deutliche Erleichterung dieses
        Das DVPMG sieht unter anderem vor, dass Leis-  Gemeinschaftspraxen.“   Verfahrens. Nutzerinnen und Nutzer können
        tungserbringer (Ä� rztinnen, Ä� rzte, Äpotheken                        damit ortsunabhängig und jederzeit über ihr
        und Krankenhäuser) mit Stichtag 1. Januar                              Smartphone digitale Gesundheitsanwendun-
        2024 eine digitale Identität erhalten, die als                         gen verwenden. Die Äuthentifizierung soll
                                           Digitale Identität für Versicherte
        Ergänzung zu ihrem elektronischen Heilbe-                              möglichst niedrigschwellig gestaltet werden,
        rufs- und Berufsausweis (eHBA/eBA) fungiert.  Auch für Versicherte wird es in absehbarer Zeit  indem sich Nutzerinnen und Nutzer lediglich
        Die Hoffnung: Ä� rztinnen und Ä� rzte bekommen  eine digitale Identität geben. Krankenkassen  ein Mal – mit dem sogenannten Single-Sign-on
        so schneller Zugang zu wichtigen Patientenin-  sind verpflichtet, ihren Versicherten ab 2023  – bei den Providern anmelden und ihnen in der
        formationen. Um die notwendige Datensicher-  eine solche anzubieten, sofern diese das wün-  Folge alle Anwendungen zur Verfügung stehen.
        heit zu gewährleisten, soll ein sicherer Authen-  schen. Äb 2024 sollen die digitalen Identitäten
                                                                               Verzögerungen und Hürden
        tifizierungsprozess implementiert werden,  als Authentisierungsalternative zur eGK für
        der garantiert, dass keine Unbefugten Zugriff  die Nutzung verschiedener digitaler Gesund-  So weit zur Theorie. In der Praxis kommt es wie
        auf sensible Daten erhalten.       heitsdienste sowie als Versichertennachweis  so oft in Sachen Digitalisierung anders als ge-
          Die Grundidee der digitalen Identitäten ist  dienen (vgl. § 291 Äbs. 8 SGB V n.F.). „Von der  plant. Die gematik hat die Spezifikationen, die
        sinnvoll und verspricht viele Vorteile, doch  gematik zugelassene Identitätsprovider wer-  IT-Anforderungen an die Identitätsprovider,
        schon vor ihrer Einführung gibt es bereits Kri- den die Äuthentifizierung übernehmen kön-  noch nicht veröffentlicht, obwohl dies bereits
        tik. Robert Wölzlein, Geschäftsführer der  nen“, sagt Isabel Skierka, Programmleiterin  für Äpril 2022 angekündigt war. Die digitalen
          I-Motion GmbH Gesellschaft für Kommunika-  für Technologiepolitik und Forscherin am  Identitäten müssen vom Bundesamt für Sicher-   Abb.: istockphoto © metamorworks
        tion und Service, moniert zum Beispiel, dass   Digital Society Institute (DSI) an der European  heit in der Informationstechnik (BSI), dem
        die Nutzung der elektronischen Identitäten für  School of Management and Technology (ESMT)  Bundesdatenschutzbeauftragten und der
        Ärztinnen und Ärzte in ihrem Arbeitsalltag zu  in Berlin. Die Versicherten sollen mit dieser Art   gematik noch finalisiert werden.

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