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Porträt
Betroffene trotzdem ein erfüllendes Leben füh-
ren können, treiben ihn um – so sehr, dass er
ein eigenes Programm dafür entwickelt hat.
Das ist so erfolgreich, dass er 2022 für sein En-
gagement den Deutschen Schmerzpreis erhält.
Der Preis wird von der Deutschen Gesellschaft
für Schmerzmedizin (DGS) und der Deutschen
Schmerzliga verliehen. Die Auszeichnung emp-
findet Franck auch als Wertschätzung seiner
Arbeit. „Ich habe mich besonders gefreut, weil
ich mich nicht aktiv darum beworben habe.“
Schmerztherapeut mit Schmerzen
Franck hat es geschafft, seine Erfahrungen mit
dem Schmerz in etwas Positives zu verwandeln.
„Es ist natürlich etwas anderes, wenn ich mit
Patienten arbeite, die das gleiche Schicksal tei-
len. Ich weiß, wovon ich spreche, und kann gut
Abb.: Alle Gideon Franck verstehen, was täglicher Schmerz bedeutet“,
erklärt er. Er geht offen mit seiner Geschichte
um und das macht ihn für seine Patientinnen
DIPL.-PSYCH. GIDEON FRANCK und Patienten besonders glaubwürdig. Außer-
dem ist er sich bewusst, wie schwierig es ist,
therapeutische Unterstützung zu erhalten. Der
Bedarf ist riesig: Laut Deutscher Schmerzliga
leiden 22,3 Prozent der 40- bis 60-Jährigen und
47,1 Prozent der Patienten ab dem 75. Lebens-
jahr an chronischen Schmerzverläufen. Für
Betroffene gibt es allerdings viel zu wenig Spe-
zialisten, die sie behandeln könnten – geschwei-
ge denn Therapieplätze. Nicht zuletzt deswegen
Der
ideon Franck ist in Sachen Schmerz bei- hat sich Franck entschlossen, sein Programm
auch als digitalen Kurs anzubieten, damit mög-
des: Patient und Behandler. Der Psycho- lichst viele Patientinnen und Patienten ortsun-
Gtherapeut und Schmerzspezialist hat das abhängig daran teilnehmen können.
Programm „Schritt ins Leben“ entwickelt, das
Menschen mit chronischen Schmerzen dabei Schmerzgeprüfte
helfen soll, trotz ihrer Beschwerden mehr Le-
bensqualität zu erreichen und ihre Krankheit
besser im Griff zu haben.
Als Schmerztherapeut hat Franck eine un-
Der Psychotherapeut Gideon
freiwillige Besonderheit, die ihm hilft, das In digitalen Angeboten sieht er grundsätz-
Franck wurde für sein Engage-
Vertrauen seiner Patientinnen und Patienten lich eine gute Möglichkeit, Menschen zumin-
zu gewinnen. Er ist nämlich selbst betroffen. ment für Schmerzpatientin- dest kurzfristig Hilfe zukommen zu lassen. „Die
nen und -patienten von der
Der Grund für seine ständigen Schmerzen liegt Erfahrung hat gezeigt, dass die meisten Pati-
Deutschen Gesellschaft für
in einem schweren Äutounfall im Jahr 1998. In entinnen und Patienten nach etwa drei Mona-
Schmerzmedizin (DGS) und der
den folgenden vier Jahren musste er zahlreiche ten über Online-Therapie nicht mehr erreich-
schmerzhafte Operationen über sich ergehen bar sind und abspringen, aber immerhin kann
Deutschen Schmerzliga aus-
lassen und verbrachte fast zwei Jahre stationär man damit eventuelle Wartezeiten überbrü-
gezeichnet.
in Krankenhäusern. „Seitdem ist der Schmerz cken“, findet er. Für ihn sei grundsätzlich al-
zu meinem ständigen Begleiter geworden“, sagt lerdings die Gemeinschaft besonders wichtig
der Psychotherapeut. und die könnte man am besten in Gruppen, die
Es ist sicher auch die eigene Betroffenheit, sich tatsächlich treffen, erreichen.
die ihn dazu bringt, sich mit dem Thema inten- Dass der Schmerz einmal zu so einem be-
siv auseinanderzusetzen. Vor allem der Umgang stimmenden Thema in seinem privaten und
mit der Beeinträchtigung und die Frage, wie beruflichen Leben werden würde, war eine
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