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Titelgeschichte




                                                                               QR-Code übermittelt, den er in einer App nut-
                                                                               zen kann, um die Verordnung einzulösen – ent-
                                                                               weder in der Apotheke vor Ort oder in einer
                                                                               Online-Apotheke. Patienten, die kein Smart-
                                                                               phone besitzen, erhalten weiterhin einen Pa-
                                                                               pierausdruck; nur jetzt statt dem Muster 16
                                                                               einen Ausdruck mit dem QR-Code zur Vorlage
                                                                               in der Apotheke. Auch hier ist zu erwarten, dass
                                                                               zumindest in der Anfangsphase der Aufklä-
                                                                               rungsbedarf der Patienten groß ist, technische,
                                                                               prozessuale und Akzeptanzprobleme bei der
                                                                               Einführung dieses neuen Prozesses entstehen
                                                                               und damit die Praxisabläufe beeinträchtigt
                                                                              Abb.: iStock.com © AaronAmat       initialen und laufenden Mehraufwendungen
                                                                               werden. Auch hier gilt es, die Praxen für die
                                                                               angemessen zu entschädigen – wenn erwartet
                                                                               wird, dass die Ärzte und ihre Mitarbeiter aktiv
                                                                               und mit Überzeugung an der Etablierung mit-
                                                                               arbeiten.
                                                                                 Die hier betrachteten TI-Anwendungen stel-
                                               Die ePA ist erklärungs-
        Er ist an die ärztliche Gebührenordnung und                            len nur einen Teil der Digitalisierung in den
        die zwischen KVen und Kassen dazu ausver-                              Praxen dar. Diesen verpflichtenden Anwendun-
        handelten Punktwerte gebunden. Mit jeder   bedürftig und wird zu       gen stehen freiwillig nutzbare Funktionen, wie
                                                   einem erhöhten
        weiteren Anwendung steigt für ihn somit die                            zum Beispiel die Online-Terminvergabe und
        Wahrscheinlichkeit, die Investitionen und den                          die Videosprechstunde, gegenüber. Viele dieser
                                               Beratungsaufwand der
        laufenden finanziellen und zeitlichen Aufwand                          Lösungen vom freien Markt haben sich bereits
        zum Betrieb dieser Anwendungen aus seinem    Ärzte führen.             breit in den Praxen etabliert und bieten einen
          Praxisgewinn und damit seinem eigenen „kal-                          deutlich erkennbaren prozessualen, medizini-
        kulatorischen Arztlohn“ finanzieren zu müssen.                         schen oder wirtschaftlichen Nutzen für den
          Besonders kann dieser  Effekt – so dem                               Arzt, sodass er auch ohne gesetzliche Verpflich-
        nicht mit der noch ausstehenden Finanzie-  diesem „feingranularen“ Rechtemanagement  tung bereit sein wird, in deren Anschaffung
        rungsvereinbarung wirksam gegengesteuert  überfordert sind, werden sich an ihren Arzt  und Nutzung zu investieren.
        wird – bei der elektronischen Patientenakte  wenden. Deshalb ist ein hoher Beratungsauf-
                                                                               Fazit
        (ePA) wirksam werden, zu deren Nutzung der  wand zu erwarten, der – Stand heute – an kei-
        Arzt ab 01.07.2021 auf Wunsch des Patienten  ner Stelle in den ärztlichen Gebührenordnun-  Die niedergelassenen Ärzte und Psychothera-
          gesetzlich verpflichtet ist. Hier ist es nach dem  gen abgebildet ist.    peuten und ihre Mitarbeiter sind bereit und in
        Willen des Gesetzgebers die Aufgabe des Arz-  Unbestritten auch seitens der Ärzteschaft  der Lage, die Digitalisierung des Gesundheits-
        tes, die Akte mit Patientendaten aus der Pra-  verschafft die ePA dem Arzt einen unmittelba-  wesens aktiv mitzutragen und zu gestalten.
        xissoftware zu befüllen und die Daten in der  ren medizinischen Nutzen, wenn es gelingt,  Dies zeigen nicht nur Umfrageergebnisse, son-
        ePA bei seinen Entscheidungen zu berücksich-  dass er seine Diagnostik und Therapie durch  dern der hohe Durchdringungsgrad der Praxen
        tigen. Viele Ärzte befürchten, dass auch dieser  den schnellen, stets verfügbaren Zugriff auf  mit digitalen Anwendungen, die nicht aufgrund
        Aufwand von der durch die Kassen bereitge-  Behandlungsinformationen anderer Kollegen  gesetzlicher Verpflichtungen, sondern auf-
        stellten Vergütung nicht abgedeckt wird.  verbessern kann. Gelingen kann die flächen-  grund eigener Entscheidungen von den Praxen
        Denn: Mit der einfachen Befüllung der ePA ist  deckende Nutzung der ePA jedoch nur, wenn  etabliert wurden.
        es nicht getan – der Arzt soll seinen Patienten  die Praxen sie ihren Patienten erklären, sie zur   Wenn wir als Gesellschaft möchten, dass
        bei der Nutzung der elektronischen Akte aktiv  Nutzung motivieren und der damit verbunde-  sich Prozesse, deren alternativlose Digitalisie-
        aufklären und unterstützen. Die Patienten  ne Aufwand ehrlich bewertet und angemessen  rung eine weiterhin gute Versorgung der Pati-
        werden Fragen zu den Funktionen, zum Da-  vergütet wird.               enten auch zukünftig sicherstellt, schnell digi-
        tenschutz, zur Speicherung der Daten und zur                           talisieren, muss sichergestellt sein, dass die
                                           Investition in freiwillige Anwendungen
        Nutzung formulieren. Die Ärzte sollen die ePA                          niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeu-
        stets aktuell halten, indem sie jeden relevan-  Weiter geht es: Anfang 2022 wird das eRezept  ten nicht bei jeder neuen IT-Anwendung be-
        ten Patientenkontakt in der Akte übertragen.  verpflichtend eingeführt. Für den Arzt ändert  fürchten müssen, dass deren Einsatz ihre Pro-
        In der nächsten Ausbaustufe der ePA ab 2022  sich dadurch – vordergründig – zunächst nicht  zesse verlangsamt, ihnen Mehraufwand ver-
        sollen Patienten selbstständig einstellen kön-  viel am Verordnungsprozess: Er sendet aus  ursacht, damit die Zeit für ihre Patienten re-
        nen, welcher Behandler welches Dokument in  seiner Praxis-EDV ein eRezept, statt ein Papier-  duziert und sich ihr eigenes zu versteuerndes
        ihrer Akte einsehen darf. Patienten, die mit  rezept zu drucken. Dem Patienten wird ein  Einkommen reduziert.<     $ DR. MICHAEL LANG

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